7. Abseits der Hochkultur

Besuch einer Bananenplantage von Del Monte

Lange fahren wir zwischen Bananenstauden, bis wir endlich zur Verpackungsfabrik kommen. Hier darf ich nicht filmen. Vielleicht fürchten sie die Dokumentation des Arbeitsablaufs. Die für den Export bestimmten Bananen werden mit Konservierungsmitteln besprüht und in Del Monte Plastiktüten verpackt. Der Ausschuss wird auf Lastwagen für den einheimischen Markt verladen. Ein Arbeiter, der 8 Stunden arbeitet, verdient etwa 38 Quetzales (12 DM) . Jetzt will die Regierung den Lohn noch weiter herabsetzen. Das wollen sich die Arbeiter nicht gefallen lassen. Sie planen deshalb einen Streik.

Die US-amerikanische United Fruit Company besaß bis in die 60er Jahre 88 000 ha Plantagen, das vorhandene Eisenbahnnetz, den Kai des einzigen Hafens Puerto Barrios und eine große Flotte für den Transport ohne irgendwelche Steuern zu zahlen. 1952 versuchte der Präsident eine Agrarreform durchzusetzen. Darauf kam es mit Hilfe der USA zu einem Umsturz und die Company erhielt allen Besitz zurück. Die Gesellschaft, die auch als der "Grüne Polyp" bezeichnet wird, kontrolliert 85% des zum Bananenanbau geeigneten Landes des gesamten Kontinents.

Unser neues Hotel liegt abseits der Straße direkt am Rio Dulce, wo sich der Fluss zum Izabal-See verbreitert. Viele Villen reicher Leute aus der Hauptstadt und ehemaliger Präsidenten sind hier entstanden. Die Anzahl der Motorjachten sorgt für entsprechenden Lärm. Aber morgens werden wir nicht von Schiffsmotoren, sondern vom unheimlichen Gebrüll der Brüllaffen aus dem nahen Urwald und dem Pfeifen der tropischen Vögel geweckt.

Es beginnt einer der schönsten Reisetage mit unserer Bootsfahrt durch die Mangrovenwälder nach Livingston. Hautnah erleben wir die tropische Natur. Große und kleine Reiher, verschiedene Teichhühner, ein großer Leguan, hundert Pelikane, tausend Kormorane. Vorbei an den Strohhütten der Kekchi, die im Wasser zwischen den Stelzwurzeln stehen, vorbei an heißen Schwefelquellen legen wir hinter Livingston an, um einen Spaziergang durch den Urwald zu einem Wasserfall zu machen und um im Meer im lauwarmen Wasser zu baden.

Danach besuchen wir die kleine, von der übrigen Welt abgeschlossene Siedlung einiger Schwarzer, die sich 1800 hier niedergelassen haben und ihren Ort nach dem Urheber eines Gesetzes zur Abschaffung der Sklaverei benannten. Die Garifunas, Nachfahren von Sklaven, unterscheiden sich durch ihre Sprache, ihr Matriarchat und ihre karibische Musik völlig von den anderen Bevölkerungsschichten Guatemalas.

 

Heute hat Christa Geburtstag

Der Feiertag beginnt damit, dass um 6 Uhr die Brüllaffen eine Delegation entsenden, die in der Nähe unseres Bungalows ein röhrendes und brüllendes Konzert einleiten, dann kommen die Urwaldvögel hinzu, die pfeifend, rufend und lockend verkünden "Christa hat Geburtstag. Lange soll sie leben, glücklich soll sie sein", worauf die Brüllaffen im Chor antworten "ja, ja, ja". Dann hole ich meine Traumgeschichte hervor und lese sie Christa vor.

Im Traum oder bei der gestrigen Bootsfahrt durch die Mangroven, sah ich Tausende von Kormoranen, die sich um eine Stelle herum drängten. Plötzlich löste sich die schwarze Masse auf. Kr,kr,kr,krrrr. Einige tauchten unter und andere entfernten sich als eine schwarze Wolke über der Wasserfläche. Auf dem Wasser blieb ein Mann in einem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte zurück. Er stand da, paffte eine Zigarre und schaute mit glühenden Augen in die Ferne. Hinter ihm wuchsen währenddessen Palmen in die Höhe, auf denen viele weiße Vögel saßen, die ihre gelben Schnäbel hoch streckten, ihr seidiges Gefieder im Schein der aufgehenden Morgensonne schüttelten und ansetzten zum Flug in den blassblauen Himmel. Da wusste ich, nach der erdwärts gerichteten Zeit des Geldverdienens wird eine lichte Zeit der Reisen anbrechen. Im aufkommenden Wind verschwanden die Seidenreiher und ließen einen riesigen Felsblock zurück, der immer wieder seine Form zu verändern schien. Eine Schlange wand sich, ließ einen Arm frei, an anderer Stelle streckte sich eine Hand heraus, ein Bein...Tarzan? Allmählich erkannte ich eine braune Gestalt mit hoher Federkrone und prächtiger Kleidung. "Ich heiße "18-Kaninchen" und warte seit meiner Verbannung durch den "zweibeinigen Himmel" auf diesen Zeitpunkt, heute ist der Geburtstag von "seidigem Reiher", den du Christa nennst, deshalb bin ich...." Da hörte ich neben mir ein rauhes Husten. Der Zigarrenraucher stand mit rollenden Augen da und seine Lippen formten die Worte: "Gehe und melde Christa, die heute Geburtstag hat, aus Schwarz wird Weiß, aus Erde wird Himmel, aus Geld werden Reisen. Glücklich wird sie sein unter den wärmenden Strahlen der Sonne. Unter dem Schutze von "18-Kaninchen" wird sie stehen. Du sollst sie weiterhin auf ihrem Weg jenseits der 50 begleiten." Dann erstickte ein Hustenanfall seine Stimme. Ich nahm schnell eine Zigarre und steckte sie ihm zwischen die Zähne. Er paffte sofort und aus den dichten weißen Wolken stieg Christa heraus im strahlenden Kleid der Seidenreiher, im Glanz der aufgehenden Sonne.

Als wir darauf zum Frühstückstisch kommen, erklingt der Kanon "Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen, Gesundheit und Frohsinn (HW singt Wohlstand) sei`n auch mit dabei." Die Stimmlagen des vollzählig versammelten Chores, gesteuert von Beate, sind sehr unterschiedlich, aber die Wirkung ist überwältigend. Christa steht betroffen unter Girlanden vor ihrem mit Blumen geschmückten Sitzplatz. Vor ihr auf dem Tisch brennt ein Glücksmännlein, Luftballone wünschen "Feliz cumple anos", ein Aufkleber möchte sagen "Sigue a Christa" und ein Weihnachtssekt und eine Marimba-Kassette warten darauf, genutzt zu werden.