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Literaturkreis "Die Eliteraten" 2017
"Blue Notes": In Sätzen leben, in Versen tanzen.
Das Kölner Literaturfestival "Poetica
II" widmet sich in diesem Jahr einer besonderen
Farbe: dem Blau. Viele Maler und Dichter inspirierte sie
- eine Farbe, die Sehnsucht und Unendlichkeit
widerspiegelt.
Der slowenische Lyriker Aleš Šteger hat diesen
Gedanken in ein paar Zeilen gefasst: "Der Mensch ist unter
dem blauen Himmel geboren. Und unter dem blauen Himmel vergeht
er. Dazwischen hofft er auf ein bisschen Heimatland, das
ihm unter den Sohlen wächst."
Das Pantun, auch Pantum, Pantoun, ist eine ursprünglich mündlich vorgetragene Gedichtform in malaiischer Sprache.
Eliteraten I, 3 (10.2.16)
Im anglo-amerikanischen Sprachraum heißen
Kürzestgeschichten häufig auch Flash fiction,
Sudden fiction oder Short-short story. Im Spanischen heißen
sie Microcuentos (auch microrrelato, relato breve,
microficción, cuentos brevísimos oder narrativa
mínima)
Das Internet hat das Entstehen dabei maßgeblich
gefördert und durch Formate wie SMS oder Twitter sogar
Rahmenbedingungen für die Länge dieser Kürzestgeschichten
geschaffen.
Flash Fiction sind ganze Geschichten, mit Protagonist, Anfang, Mitte, Höhepunkt und Ende, also wie eine Kurzgeschichte, nur kürzer. Maximal 250 Wörter. Sie kann lustig, sarkastisch, traurig sein, ganz egal
Beispiel:
Peter war in der
Wüste unterwegs. Dabei geriet er in einen schlimmen
Sandsturm. Er konnte sich in einer Höhle in Sicherheit
bringen. Wie schlimm dieser Sturm allerdings war, sollte
er erst noch herausfinden.
Als der Sturm wieder vorbei war,
verliess er die Höhle. Er wollte sich wieder auf den Weg
machen, als er im Sand einen verstaubten Hut liegen sah.
Peter ging zu dem Hut hinüber und hob ihn auf. Er war
völlig erstaunt darunter soetwas wie Haare zu finden.
Schnell
schaufelte er mit den Händen den Sand bei Seite. Bald hatte er
ein Paar Augenbrauen freigelegt und dann auch die Augen. Hastig
buddelte Peter weiter, als sich die Augen plötzlich
öffneten.
Jetzt grub Peter fieberhaft, um den Mann
aus dem Sand zu befreien. Als er den Mund freigelegt hatte,
war Peter schon ein wenig erleichtert, der Mann würde
überleben.
Plötzlich sagte der verschüttete Mann:
"Grab weiter mein Junge, ich sitze auf einem Pferd..."
Eine komplette Geschichte in nur 6 Wörtern zu verfassen. Hemingway soll diese Six Word Story als sein bestes Werk bezeichnet haben. For sale: baby shoes, never worn.
Sieben-Wort-Story von Augusto Monterroso:
El dinosaurio, Cuando despertó, el dinosaurio todavía
estaba allí.
Der Dinosaurier, Als
er aufwachte, war der Dinosaurier noch dort.
- Panik in den Stra
ßen Lon dons. Panik in den Stra ßen Bir
ming hams.
Und ich hocke hier in einer Pinte.
Ich hätte nie mals Polizist werden dürfen.
- Sein Zwinkern stärkte die Ironie des Tages. Sie musste lachen. Es war spät, drum küssten sie sich zum Abschied und schalteten Facebook aus.
- Die bunten Blätter wehten im Wind. Es war Herbst geworden. Noch immer saß der alte Mann allein auf seiner Parkbank. Er war schon lange müd.
- Der Wolf erstarrte. Mühsam zog sie das Messer aus seinem Bauch und hievte ihn von sich herunter. Ihr Käppchen war vom Blut ganz rot. (http://www.bierdeckel-geschichten.de)
Du gehörst zur Generation ohne
Bindung und ohne Tiefe. Deine Tiefe ist der Abgrund.
Du
gehörst zur Generation ohne Glück, ohne Heimat und ohne
Abschied.
Deine Sonne ist schmal, Deine Liebe grausam
und Deine Jugend ist ohne Jugend.
Und Du gehörst zur
Generation ohne Grenze, ohne Hemmung und Behütung -
ausgestossen aus dem Laufgitter des Kindseins in eine Welt,
die dir bereitet, die dich darum verachtet.Sag nicht,
weil dein Herz schweigt, dein Herz hätte keine Stimme.
Du gehörst zur Generation ohne Abschied, die sich
davonstiehlt wie Diebe, weil sie Angst hat vor dem Schrei ihres
Herzens.
Lieber Wilhelm, ich bin in einem Zustande, in dem jene Unglücklichen gewesen sein müssen, von denen man glaubte, sie würden von einem bösen Geiste umhergetrieben. Manchmal ergreift mich’s; es ist nicht Angst, nicht Begier—es ist ein inneres, unbekanntes Toben, das meine Brust zu zerreißen droht, das mir die Gurgel zupreßt! Wehe! Wehe! (Goethe, Die Leiden des jungen Werthers, 12.Dez.) .. ich liebe Dich unaussprechlich...ich liebe Dich über alles...Wenn Du wiederkömmst, wenn noch schöne Tage sind, dass wir noch mannichmal im Garten am Hause schlampampfen können, da freue ich mich drauf...Leb recht wohl und behalt mich lieb, mein Einziger." Christiane Vulpius an ihren Goethe "Mein Süßtönender, mein Schoßkindchen, mein Schmeichelkätzchen, mein Herzensnärrchen, mein Hyazinthenbeet" schrieb Henriette Vogel 1811 an Heinrich Kleist. „Ich muß Dir schreiben Lieber! Mein Herz hält das Schweigen gegen Dich länger nicht aus, nur noch einmal laß meine Empfindung sprechen vor Dir, dann will ich, wenn Du es besser findest, gerne, gerne, still sein. Wie ist nun, seit Du fort bist, um und in mir alles so öde und leer, es ist als hätte mein Leben alle Bedeutung verloren, nur im Schmerz fühl ich es noch. - Wie lieb ich nun diesen Schmerz, wenn er mich verlassen und es wieder dumpf in mir wird, wie such ich ihn mit Sehnsucht wieder, nur meine Tränen über unser Schicksal können mich noch freun.“ -1798 - Aus den Briefen Diotimas (Susette Gontard) an Hölderlin (1798-1800) „Guten Morgen am 7ten Juli - schon im Bette drängen sich die Ideen zu mir dir meine Unsterbliche Geliebte, hier und da freudig, dann wieder traurig, vom Schicksale abwartend, ob es uns erhört - leben kann ich entweder ganz gar mit dir oder gar nicht, ja ich habe beschlossen in der Ferne so lange herum zu irren, bis ich in deine Arme fliegen kann... Welche Sehnsucht mit Thränen nach dir - dir - dir - mein Leben - mein alles - leb wohl - o liebe mich fort - verken nie das treuste Herz deines Geliebten L. ewig dein ewig mein ewig uns (7. Juli 1806, Ein Liebesbrief von Ludwig von Beethoven an eine unbekannte Frau. Man geht davon aus, dass dieser Liebesbrief an Antonie Brentano gerichtet war.)
Schreibe eine Gebrauchsanweisung für Jugendliche ab 18
„O ihr Musen, … lasst uns tanzen, singen, schmusen, bis es wie am Schnürchen läuft, … lasst uns eure Lerche sein und ab und zu euer Trüffelschwein.54z“
Ein Drama für 18-Jährige, Eliteraten und andere Kunstschaffende
Die ELI sind los, sind unterwegs auf Jagd nach 18-Jährigen. Dabei geraten sie in die Wortlos-Wüste. Ihr Hirn ist ausgebrannt. Wie sollen sie Botschaften bringen in die Welt der Bilder?
Vor ihnen plötzlich eine Lit-Oase, da spitzen sie schnell ihre ELI-Spieße, stochern tiefer imWortsand ihrer Hirne. Da blinkt es rot, da blinkt es grün. Die ELI stechen, schlagen, wühlen, bis ein Wasser quillt. Sie werfen ELI-Farben in den Grund. Farben ins Wasser, Wasserfarbenbilder: Kunst wird sichtbar.
Seht, seht, fantastisch skulpturale Bilder, Köpfe, sie schwimmen auf. Die ELI schöpfen, sagen, schreiben. Die Kunstform 18 muss sich zeigen. Steigt auf, ihr Nymphen, zeigt euch 18-jährig. Sande rieseln, Sandskulpturen türmen sich, breit, tief, hoch, 1.80 Meter.
Die ELI beben, rasen, rufen: O Laura Baby, wir lieben dich ganz doll. H.D.G.D.L., Baby H.D.G.D.L. Ein Echo aus historischer Tiefe ruft zurück: Welche Sehnsucht mit Thränen nach dir - dir - dir - unser Leben - unser alles – o Sophiemarie ewig dein und ewig uns, so klangen einst Beethovens Worte.
Weiter wühlen die ELI sich in das Kreativloch ein, waschen ihre Wörterpinsel und hoffen auf einen kreativen Schub. Da tönt es zart Kleist-historisch aus der Tiefe "Mein Süßtönender, mein Schoßkindchen, mein Schmeichelkätzchen, mein Herzensnärrchen, mein Hyazinthenbeet".
Spornstreichs wenden die ELI ihre Wörterpinsel und sehen im Dunst ihres Sprachwitzes eine 18 cm Kopf-Miniatur. Schreiend, jauchzend ringen sie nach Atem: Laura, wir machen dich frei. Laura, lass dich anschaun. Dabei nutzen sie ihre Verwandlungspinsel und färben die Haare Lauras rot. Laura, du bist so ausdrucksstark, so neu, so top.
Inzwischen haben die ELI einen weiteren Kopf freigelegt. Ich bin Sophie, so jung, so schön. Und schon werden ihre Haare grün gefärbt. Sophie, du bist so hübsch. Hast du die Größe ein Meter achtzig? Ein dritter, ein vierter Kopf werden wörtlich erarbeitet. Anna, Marie, sprecht zu uns. Die ELI hören ihre Stimmen, hören ihre Träume.
Hey. Ich bin die Anna und bin 1.80 groß. Wiege 70 Kilo, ich möcte gerne modeln, das ist echt mein Traum; ich träume seit längerem davon. Ich habe auch Anfragen bekommen. Habe grün-braune Augen und lange schwarze Haare. Wie könnte ich es schaffen, meinen Traumberuf zu verwirklichen?
Die ELI zittern vor Erregung, sie sind begeistert. Die Geschichtenquelle sprudelt.
Ich bin Laura. Ich möchte, seit ich klein bin, Model werden, allerdings befürchte ich, nicht ganz den Model - Vorstellungen zu entsprechen. Ich bin 1.68 m groß, habe keine hohen Wangenknochen, aber volle Lippen, bin dunkelhäutig. Ich weiß, dass es selten Ausnahmen gibt, was die Größe usw. angeht, aber ich würde sehr gerne Fotomodel werden, weil mir sowas Spaß macht.
Die ELI sind in Fahrt. Ich könnte mich kringeln. Da, die Schultern.
Ach, Marie, du bist so hübsch, so mollig. Zeige dich ganz.
Ja, ich habe eine gesunde Figur und liege etwas unter meinem Idealgewicht. Auf Absätzen zu laufen ist kein Problem. Mir wurde gesagt, dass ich nicht mehr kindlich genug bin, um im Kinderbereich erfolgreich zu sein. Meine Haut ist rein, aber ich habe Sommersprossen ... nicht soo viele und nur auf der Nase und auf den Wangen. Ich bin blond und habe hellblaue Augen. Marie, du bist ganz witzig, das ist wichtig.
Ich bin Anna. Ich denke schon etwas länger darüber nach und habe auch in meinen Kindheitsjahren immer gehört, dass ich mal modeln sollte. Ich bin 18, nur 165 cm gross und etwa 46 kg schwer. Ich hab blaue Augen, schulterlanges blondes Haar und hohe Wangenknochen. Ich hab mal ein Shooting gemacht und dieses Gefühl war genial - ich war einfach ich selbst und der Fotograf war auch begeistert. Es war auch anstrengend, aber viel zu schön, um sich darüber zu beschweren.
So sprechen sie, und ihre Worte werden zu Farben. Da beginnen die ELI einen Kreistanz und die Fantasien strudeln: GNTM – GGN – TM – TTM – MM. (Germany´s Next Top Model)
Du bists, du bists, unser next Topmodel mit smokey eyes und perfektem Schmollmund, sieh dich beglückt im Bilderteppich auf instagram, du darfst, komm heraus. Lasst uns tanzen mit 18 Farben, mit 18 songs, in 18 castings bei YOU-youtube oder in der finalen Frühjahrs-Show mit Dieter BB – BO. Singt: DDS – SSD – DDD – S („Deutschland sucht den Superstar“)
Plötzlich fällt ein Schatten auf die fröhliche Gruppe. Ein starker Engel erscheint am Rande der Wörtergrube und fragt mit lauter Stimme: Wer ist würdig, wer hat den perfekten Körper? Wer ist würdig anzutreten zur Wahl von Germany´s Next Topmodel.
Da erhebt sich ein Rumoren, von den Wolken herab stürzt der Modehexenengel öffnet ein Buch und verkündet das ultimative Leitbild: 1.80 Meter, 55 Kilo Körpergewicht, Konfektionsgröße 34, langer Hals, schmale Schultern, knabenhafte Hüften, apfelgroße Brüste, lange und dünne Beine, dass man zwischen den Oberschenkeln eine Pflaume durchschieben kann, ohne die Haut zu berühren. Aber wisset, das ist unerreichbar für euch.
Ein Chor von Engeln intoniert: BU – BUBUBU – BULI – LILI – BULIMIMIE – MIE - BULIMIE-NIE
Ich, euer Pinkstink-Engel, nicht der Modehexenengel, biete euch Jobs als Handmodel, Beinmodel, Armmodel, Fußmodel, Übergrößenmodel.
Und die Stimme fährt durchdringend hinab auf Sänger und Tänzer; alles Leben im Kunstpfuhl erstarrt: Gehet hin, das Modebüchlein werde ich hier versenken und merkt euch die Worte NICHT SO UND NICHT WIEDER. Bleibt so, wie ihr wart.
Eine schwarze Wolke verdunkelt die Szene und eine Stimme erreicht die ELI: Ihr Worthalter, ihr Wortkünstler haltet diese Geschichte haltbar gefirnisst durch eure Kunst.
Da stürzen die ELI, rutschen auf dem Saft ihrer Kreativität hinab in den ideen-versifften 18er - Brunnen und planschen in Wasserfarben, Acryl und Öl und ersticken im Wörtersud von dem, was sie erbrochen.
Zum Schluss, als die Schreiberhirne wieder getrocknet, erscheint ein Uralt-Engel mit leuchtendem, weißem Bart oberhalb der Katastrophengeschichte, stehend in den Glanzrändern der untergegangenen Sonne; und dieser ruft mit lauter Stimme und spricht zu allen Kunstarbeitern, die sich abgearbeitet haben, spricht zu allen hoch fliegenden Kunst-Vögeln, die inmitten der dunklen 18er-Wolke herumirren: Kommt und versammelt euch auch weiterhin zu dem Mahl der freien Künstler. Aber seid keine Toren, die auf Ideen herumbeißen und sie wiederkäuen, wieder wiederkäuen, denn Wiederkäuer gleichen dem Hund, der Erbrochenes wieder auffrisst.
Eliteraten I, 4 (3. 2016)
Ein Limerick ist ein kurzes, in aller Regel scherzhaftes Gedicht in fünf Zeilen mit dem Reimschema aabba, einem (relativ) festen anapästischen Versmaß in allen Zeilen und einem Längenkontrast zwischen den dreihebigen Zeilen 1, 2 und 5 einerseits und den zweihebigen Zeilen 3 und 4 andererseits. Dies erzeugt den charakteristischen Rhythmus der Gedichtform.
1. u. 2. Zeile: Hinweis auf die oft geographische
Existenz oder besondere Beschaffenheit einer Person) in einem ganz
bestimmten Zustand.
3. u. 4. Zeile: scheinbar logische
Fortsetzung, wobei ihr Inhalt jedoch ausschließlich durch die
willkürlich gewählten Reimwörter bestimmt ist.
5. Zeile
schließt das Gedicht ab mit einer Variation der 1. Zeile; das
Reimwort der 1. Zeile wird hier stets wiederholt. Oft enthält die 5.
Zeile ein pointiertes Urteil über die genannte Person.
Ein Limerick-Dichter aus
Leimen
War stolz auf sein treffliches Reimen
Doch macht’s
nicht allein
Der treffliche Reim
Man muss auch den Rhythmus gut
timen (B.B.)
Das Betonungsschema sieht so aus:
dadida dadida
dadida
dadida dadida dadida
dadi dadadi
dadi dadadi
dadida
dadida dadida
Die Zeilen eins, zwei und fünf weisen drei betonte Silben auf; die Zeilen drei und vier sind kürzer und haben nur zwei betonte Silben.Zwischen zwei Betonungen innerhalb einer Zeile liegen zwei unbetonte Silben. Jede Zeile beginnt meist mit einer unbetonten Silbe.
da waren in bocholt fünf
schreiber
ein einziger mann und vier weiber
sie konnten`s nicht
lassen
sich sprachlich zu fassen
versuchtens mit 18 words
leider
es gab da ein mädchen in
rhede
das kam mit der fiesen ausrede
es könne nicht singen
es
könne nicht springen
da gab es böses gerede (gn, febr.16)
Haikus
Haiku nimm mich mit
ins farbige Paradies
aller ab
achtzehn
Achtzehn Haikühe
will ich treiben ins kunstland
der
freien Künstler
Ganz easy - step by step - 18 Sätze abgehört
er: So'n Typ mit lauter Piercings und von oben bis unten eingelasert
sie: Dein Style flasht total!
er: Ey schaul mal, das is ja ne scharfe Lolle!
sie: Wow, einmal so schrill sein wie das Punk-Girlie Shirley .
er: Du bist ja vielleicht aufgemotzt, krasskonkret
sie: Geht mir echt auf den Wecker, wie der Typ prollt!
er: Ich gerate bei dem Perlhuhn schnell in Versuchung;
sie: 'Echt krass!' - He, nimm mal deinen Ast weg!
er: Ich hau dir gleich meinen Ast um die Horchbretter, du Tulpe!
sie: Haben wir uns wieder mal voll einen abgeblödelt?
er: Ich könnt echt austakten bei deinem hohlen Geblubber
sie: Ich bin heute ziemlich verspult
er: Hör auf mich zuzutexten, das nervt!
sie: Ich geh jetzt chillen.
er: Ey, du bist voll der Abknicker, wenn du jetzt nach Hause gehst!
sie: Glotz nicht so bedönnert.
er: Ich brems dir gleich eine.
sie: So'n Ultra-Daffel wie du dürfte überhaupt nicht herumlaufen.
…... (gn)
Sagga-Texte
Af
dar Höch, sagga,
Steht a Reh, sagga,
Schiaß i auffi, sagga,
Fallt's a he.
sagt er/sagt sie
(„anapästisch“: dadadi-dadadi)
Hier in Bokelt, sagt' er,
Mußt
du fein, sagt' sie,
Und gescheit, sagt' er,
Mußt du sein,
sagt' sie,
Denn hier habens, sagt' er,
viel Geschmack, sagt'
sie,
in der KUNST, sagt' er,
die eliteraten. (gn)
endlich 18, sagt
sie
das ist ja lol! sagt er
lol, hast du das ernst gemeint?
mit
18, sagt sie
hf, sagt er / have fun
rofl, sagt sie / rolling on
(the) floor laughing
sagt sie nach 18 omg / oh my God
ich war
voll lang im Internet, sag ich
Sie sind sexy, lieben schrille Outfits und klopfen die stärksten Sprüche
Eliteraten I, 5, (März - April 2016)
Projekt mit „Freie Künstler-Kommune“ Thema „ab 18“
Aufgaben:
1. Der Auszug von Achtzehnjährigen in die weite Welt entsprechend der Tiergeschichte vom Pippel-Poppel-See, dem Märchen von E.Lear: Edward Lear, The History of the Seven Families
2. Szenen umschreiben, andere Texte einsetzen und weiterschreiben zum Thema „Achtzehnjährige" nach dem Hörspiel "Fünf Mann Menschen“ von Jandl und Mayröcker. Es besteht aus Miniszenen (einem Vorspruch und einem Minidialog).
Szene 1; Ort: Gebärklinik; Sprecher: "Solange es Kinder gibt, wird es Kinder geben." Chor: „Ein Sohn, ein schöner Sohn!“ Fünf Stimmen sagen gelassen nacheinander „Aha“…… Dabei hört man das Geschrei der Säuglinge.
Szene 2; Ort: Im Elternhaus; Sprecher: "Der Vater prüft den langen Bart, die Kinder sind heut gut in Fahrt.“ Vater: „Du bekommst einen Janker.“ Die Kinder antworten, sie wollen auch einen Janker….
Szene 3; Ort Schule ….In die Schule sollst du gehn oder in der Ecke stehn.
Szenen im Kino, bei der Berufsberatung….usw.
Teilnahme und Vortrag von Katja Perricci und Günter Neuenhofer als Vertreter der "Deutschen Dichter"
Katja: Thema „Dämmerung“
Völlig belanglos,
ob alle Stricke reichen;
so oder so
fädelt das Leben
die kleinen Tode schon ein,
ob ich sie nun seiltanzend ergehe,
oder sie wie Stroh behandel,
das ich zu Gold spinne.
Da an der Nacht schon
das Morgentau baumelt,
will ich mich Deiner
Unfernbarkeit
anheim geben
und lauschen,
wann der Punkt
sich achtsam
hinter meine Sehnsucht setzt.
Aufgescheuchte Gedanken mit Eselsohren
flattern wild am Strand,
hektisch, wie ein leicht vergilbtes Huhn,
dessen Flügel unkontrolliert hin - und her wehen,
als blätterte der Wind in der Dämmerung um sein Leben.
Er fegt „Freiheit“ durch die Seiten,
die aber davon perlt wegen der Unbeschreiblichkeit der Blätter.
Ihr Zauber jedoch hinterlässt sehnsüchtige Spuren im geduldigen Papier,
Als rauschlose Wellen schlängeln sie sich daher.
Der Tag bricht an, kein neues Leben, denn
wie der Wind es auch dreht und wendet,
sie bleiben gebunden.
Dunkel
Dunkel ist es
Es ist das schwarze
Es ist das schwarze in einer enge
Es ist das schwarze in eines menschen enge
Es ist das schwarze in der enge verschiedener menschen
In der liebe
……
In der liebe
In der liebe wie ein feuer
Liebe, um sich zu verlier´ n
Liebe, um sich zu finden
Liebe aus gewohnheit
Liebe aus leidenschaft
Liebe aus hingabe
Liebe aus ver-sehen
erlischt überall
überall in einer enge
……
Es ist zu schwer
Es ist untragbar
Es ist das schwarze
Dunkel ist es
Dunkel
Das einzige was wir haben
Das einzige was wir zu tun haben
Das einzige was wir für einander zu tun haben
ist zu sagen wie es ist
ich fühle liebe
zu erhellen
weil es ist
liebe befrei´n…
Die Sonne geht auf
und ab,
zwischendurch versteht sie stramm.
Die Beine im Bauch stoßen ihr auf
wie dem Rasen die Würmer.
Soll sie die Wolken niederschlagen?
Dunkel wird`s,
der Mond scheint nicht gerade helle.
Weiß er, wieviel Sternlein
mittlerweile liegen?
Der Milchstraße wird schlecht.
Sie ist längst richtig sauer.
Er kennt ihren wunden Po,
auf dem sie Stunden absitzt.
Was tät er auf ihrer Stelle?
Schäfchenwolken quälen.
Verletztendlich vergeht das Gefühl.
Sie beugt sich seinen Erwartungen
aus tiefer Zuneigung,
die mithin zuneige geht.
Er beugt nicht vor,
sie gehen schief,
die Augen fallen ihnen in den Schoß.
Müde sind sie, geben Ruh´.
Die Sonne
denken,
von ihrem Strahlen
erzählen,
ihre Wärme
weitergeben
und Licht
sein.
Vielleicht drei Sonnenstrahlen,
an denen du dich abseilt,
zwängen sich durch den bevorstehenden,
grauvollen Wolkenbruch
lassen dich in meinen Gedanken landen.
Darin hocken wir nun zusammengebündelt,
umwickelt mit diesen
leuchtenden Fäden des Himmels,
die das Unmögliche warm machen
und meine Seele wieder auf rechts ziehen,
wodurch unser Verbundensein
in ein ganz neues Licht gerückt erscheint.
Wenn Blicke
flöten könnten,
pfiffen sie
auf´ s Äußere,
dann spränge
mein Schatten
über mich!
Aber nein,
er wirft lieber
kein gutes Licht
unter meine Augen.
Wir hängen
die hautwarme Nacht
zurück auf den Bügel
und schlüpfen gemeinsam
in den taufrischen Tag,
Ergreifen wir ihn!
Er ist der Rockzipfel
vom Rest unseres Lebens!
Routine knipst meinen Tag
ein
und
aus,
wie Omas alte Stehlampe.
Und weiß ich wieder einmal
weder ein,
noch aus,
so denke ich daran,
wie viel Licht und Geborgenheit
von ihr ausgingen.
Out of the dark into the Leid.
Günters Texte:
hüte deine worte
am
hut hat er nichts so nicht
seine worte, die worte
in seinem hut hat er nichts
im
hut hat er nichts so nicht
seine worte, die worte
am hut hat er nichts
nur worte
Jetzt nicht
Jetzt doch nicht
Jetzt fliege ich dir ins
Gehirn
Jetzt bin ich dein Sprachrohr
Jetzt bin ich dein
Auge
Jetzt sagst du nichts mehr
Jetzt nicht doch
Das ist es:
Niemand von uns ist im Alter derselbe,
der er in seiner Jugend war.
Niemand von uns ist am Morgen derselbe,
der er tags zuvor war.
Wir werden wie von einem Fluss mitgerissen.
Das ist es:
Alles, was du siehst,
strömt mit der Zeit dahin.
Nichts von dem, was du berührst, bleibt.
Wir, du und ich, wir haben uns,
während ich dies sage und du es hörst, verändert.
Wer wir auch waren, sind, sein werden:
wir sind nicht wir.
Das ist es:
alles fließt:
'Wir steigen zweimal in denselben Fluss hinein
und steigen doch wieder nicht hinein.'
Ich werde gestern sein,
bin morgen dagewesen.
So ist es.
Aber ich frag` dich:
kann ich nicht ich sein
heute?
Winterfluss
Worte gefrieren zu Farben,
siehst du rot,
siehst du grün, blau, gelb,
alles fließt,
zerfließt,
fließt zusammen, auseinander,
Wortwelten, wir mittendrin,
meine Bilder,
deine Bilder,
Wortbilder zwischen uns.
Wortunwetter
reißen mit,
Du wirst geflossen,
wir werden geflossen,
wir sind geflossen,
stürzen
den Wasserfall hinab,
kann sein,
könnte sein,
ist gewesen
in einem Krieg,
in den Tod.
Beobachte den Fluss,
registriere den Wasserstand,
finde dich
im Fluss.
Du fließest flüchtig.
fließend geflossen,
zerfließend verflossen.
Hier eine Pfütze,
dort das Meer.
Wo ist ein Weg?
(K: Ich springe in meine Sehnsucht hinein.)
Auf Vers-Wogen so hin schwimmen
wir
wir sind
wir sind das
wir sind das ganze
wir sind gemeinsam das ganze
wir sind gemeinsam das ganze leben
wir werden gemeinsam das ganze immer leben
das
das ist so
das
im hin-atmen
im hin-leben
im hin-fließen
hin zum du
das ist viel
das
schreibend
denkend
träumend
dass
das
so ist
ist einfach
so
(K: Dunkel – ist es)
Siehst
du?
Was?
Etwas - mich oder dich.
Vorbei,
du bist an mir vorbeigegangen.
Ich stehe hier –
eigentlich.
Du bist weg.
Also nicht mehr
da?
Ich seh uns nicht mehr.
In der Ferne. Weit
weg.
Weg, ganz weg.
Hörst du mich?
Wie?
Meine Schritte.
Ein Klappern irgendwie.
Aber mein Rufen.
In meinen Ohren.
Unverständlich - sinnlos.
Komm näher.
Sag mir, was du denkst.
Ja, lass uns sprechen.
Ein Wort nur.
Fühlst du?
Was?
Meinen Herzschlag, ein Licht.
Es schwindet.
Heute Abend.
Im Dunkeln.
Ganz kalt.
Zwischen uns?
Lichtlos - nur Nacht.
Atemlos?
Ein wenig nur.
VERSPÜLT
ob er doch auch kommen wolle
ob es nicht doch schön gewesen sei
man habe sich ja köstlich amüsiert
man habe sich wirklich hier gefunden
das andere werde man vergessen sofort
dass man sich finde
dass man glücklich lebe
wer denn hätte geahnt gedacht gewusst
wagte zu hören die Brandung
zu sehen die Gischt
die es heraugespült
erlöst
ich war nett - nie wieder
ich hörte zu - nie wieder
ich lächelte - nie wieder
ich ging - sofort
ging schnell – sofort
ich hatte gehört - ganz schrecklich
ich hatte gesehen - ganz schrecklich
ich hatte gelitten - ganz schrecklic
ich verwünschte
das und diese
ich wünschte - weg
das gehörte - weg
ganz schnell – weg
ich kam - nie wieder
Sprachfindung in Texten
José F.A. Oliver (Geb. 1961 als Sohn einer spanischen Gastarbeiterfamilie, die 1960 aus Malaga in die Bundesrepublik Deutschland gekommen war. Er wuchs mit Deutsch und Spanisch auf und ist daneben mit dem alemannischen Dialekt seiner Schwarzwälder Heimat vertraut.):
erstes Herz
ver
schleuderHERZ & billig-
HERZ. Das im durchaugen
der welt zugebrachte herz. Schwer
nur den rhythmus zu finden
ins ohr. Ausbildern. Zeit
ausbildern & widerhören
viertes herz
in dich rinnendes/geseeltes
HERZ. Wir sagen
sommer im her
künftig gelernten blau
2. Francesco Micieli (Geb. 1956. Francesco Micielis Familie gehört der albanischen Minderheit in Italien an, den Arbëresh. 1965 kam er mit seinen Eltern ins schweizerische Emmental. Francesco Micieli, der bereits seine Muttersprache, einen albanischen Dialekt und das Italienische beherrschte, lernte hier Deutsch und Schweizerdeutsch.)
Das Lachen der Schafe (1989)
Diese Sprache ist nicht meine Sprache.
Es ist des Schreibers Sprache.
Dieses Buch ist nicht mein Buch.
Es ist des Schreibers Buch.
Ich heiße Caterina. Ich habe keine Sprache, nur Sprachfetzen.
Ich kann nicht lesen. Ich kann nicht schreiben.
Bildung sei nichts für Weiber, schrie mein Vater, als ich zur Schule gehen wollte.
Sein Stock heulte auf meine Haut.
Ich heiße Caterina.
Ich kam auf die Welt in einem verlorenen Dorf zwischen den Kriegen am Fuße der kalabresischen Sila.
Mein Vater machte meiner kleinen Mutter noch viele Kinder.
Ich weiß nur, dass mein Vater große Hände hat (1986)
Mein Vater schreibt,
er wohnt an einem Ort,
an dem man nur wenig vom Himmel sieht.
Es ist ein Ort, umgeben von Bergen,
die Angst machen, wenn man allein ist.
…..
Mein Vater hat einen Bruder.
Er hat im Krieg einen Arm verloren.
Man hat ihm dafür einen Orden gegeben.
Mit diesem Orden kann ich dich nicht umarmen, sagt er.
…...
Meine Mutter will jetzt auch in das Land
hinter den grossen Bergen gehen. Mein Vater sucht sonst eine andere Frau,
weil die Männer nicht ohne Frau sein
können, wenn es kalt ist.
…...
Meine italienische Reise (1996)
Ich schaue in die italienischen Worte - in meine Stiefmuttersprache. Ich bin nicht der, der ich bin. Die Texte, die ich schreibe, sind schon lange da. Ich überschreibe Teile aus einem ewigen Text so gut ich kann, so gut ich höre.
3. Peter Weber (geb.1968 in Wattwil, Schweiz, Schriftsteller und Musiker)
Der Wettermacher (1993)
Der Tisch und ich
Briefe meine Liebe, sind Küsse. Meine Zunge will dir eine Gerschichte erzählen. Ich küsse lang, unendlich lang und kurz und heiß und tief. Ich schwatze, singe, schreie tausend Briedfe voll. Ich lasse mir durch die Finger gehen, wasmir in der Zunge steckt. Der Wind, der Wind, trägt meine Briefe in dein Zimmer.
"Sonntag für Sonntag
fuhr man ins Blaue. Jahr für Jahr...
Wer fuhr ins Blaue?
Alle
fuhren ins Blaue.
Stramme nettgeratene Väter plus Anhang
durchkämmten das Blaue in Stationswagen - Volvo, Ford - gleich
rudelweise.
Familienväter versamten sich flächendeckend, mit
der Versamung ging die Erweiterung des Kanalisationsnetzes einher.
Garagen sind Garanten für das Prinzip Hoffnung.
Angekommen,
wurden wir von Leuten, die sich als Verwandte ausgaben, begrüsst und
abgeküsst, an einen Tisch gehöckt und bekamen Sauersuppe,
Sauerbraten, Sauerkartoffeln vorgesetzt.
Torte unter Sauerrahm
...
Auf dem Heimweg dein Vater gesättigt am Steuer. Mutter
gedankenverloren neben ihm."
Wettermachen als Synonym von Schreiben.
Das Buch endet mit dem Satz: „Es war hier in der Stadt, wo ich zum ersten Male unter dem Wetterrand durch und ins Offene schauen konnte.“
4. Jan Snela (geb. 1980)
Milchgesicht („Ein Bestiarium der Liebe“, 10 Erzählungen, 1916)
Es war ein Mittwoch und Zeit für mein Milchbad. Aber die kantig verpackte, auf Höfen aus Eutern gesuckte, weiße, ich weiß: von Kühen für Kälber den dauerverdauten im Wind weh’nden Gräsern entschnaubte, geraubte, verrührte, maschinell Molkerei’n zugeführte, von Lastwäg’n in Supermärkte chauffierte Flüssigkeit reichte bei Weitem nicht aus, um damit meine Wanne vollzumachen. Ich holte noch Sahne und Schmand aus der Küche und schüttete sie auf die neunzehn Liter drauf, die Melchior, der Schrank, noch hergegeben hatte. Wie’s aussah, würde ich Milch noch kaufen geh’n müssen.…..
Er geht nun auf die Verkäuferin zu. Alles, was er von ihr will, ist ein Lächeln und einen Kuss vielleicht. Und sie, die Schwarzhaarige, Geschminkte, von Beginn an Abwinkende, malt ihm mit einem Kugelschreiber einen Strichcode auf die Stirn und zielt mit der Infrarotpistole darauf, drückt ab. Es piepst lakonisch. Hannes erfährt, dass er gerade mal 95 Cent wert ist…..
Es klirren Krallen struppiger Strolche, kalbsgroßer Greyhounds und camouflierter Rassecollies. Das Fell der Hunde trieft im Dahingetrotte vom Schweiß der Herrchen, die krumme Schatten werfen. Die langen Zungen, die aus den Mäulern hängen, lecken fast den Asphalt noch trockener, als er sich ohnehin schon darstellt. Auch Henri geht vornüberhängend. Er stöhnt, keucht, schwitzt, hechelt und flucht."
Der Autor als Komponist: "Ja, es geht wirklich ganz stark um den Klang. Und ich würde fast von einem Primat des Klangs in meinem Schreiben sprechen. Ich habe das für mich auch Klang-Zwang genannt, frei nach den Franzosen, die sich da experimentell zusammengetan haben, wo ja von Formzwang die Rede ist.“ - Jan Snela liebt Alliterationen und Wortneuschöpfungen.
Ein elaborierter, barock aufgeschmückter Stil, skurril, formverliebt und wortartistisch. Langweilig und inhaltslos?? Keine tröge Nabelbeschau, Pseudo-Betroffenheits-Literatur oder Mainstream. Ein Slam-Poetry-Stil.
Eliteraten I, (Juli 2016)
Künstlerische Darstellungen eines „Schreis“ (literarisch, malerisch, dramatisch)
1. Federico García Lorca
Gedicht aus Poema del cante jondo auf
Spanisch und in deutscher Nachdichtung
(s. Das
Spektrum der modernen Poesie: Interpretationen d)
El grito La elipse de un grito, Desde los olivos, ¡Ay! Como un arco de viola ¡Ay! (Las gentes de las cuevas ¡Ay!
|
klageruf der klageruf verhallt vom olivendunkel her ay! ein bratschenbogen sacht am laut ay! (die in den höhlen hausen ay!
(Übersetzer: Johannes Beilharz) Die Ellipse eines Schreis |
2. Samuel Beckett "Not I"
Können wir in fast unfassbarer Beckett-Manier und in einer Fetzen-Sprache über menschliche Grundsituationen schreiben? Beckett hat in seinem Text „Nicht Ich“, den unsere liebe, wagemutige Eliteratin Marie Luise mit ihrer Theatergruppe zur Aufführung bringen will, die Präsentation seines Textes auf eine Frauenstimme und einen großen sichtbaren Mund reduziert. Die Zunge, die Zähne und die Lippen bringen Worte hervor. Der menschliche Körper bleibt unsichtbar. Das ist eine exklusive, eliterarische Form des Theaters. (s. Becketts “Fließtext” 8.3.16)
MOUTH: . . . . out . . . into this world . . . this world . . . tiny little thing . . . before its time . . . in a godfor– . . . what? . . girl? . . yes . . . tiny little girl . . . into this . . . out into this . . . before her time . . . godforsaken hole called . . . called . . . no matter . . . parents unknown . . . unheard of . . . he having vanished . . . thin air . . . no sooner buttoned up his breeches . . . she similarly . . . eight months later . . . almost to the tick . . . so no love . . . spared that . . . no love such as normally vented on the . . . speechless infant . . . in the home . . . no . . . nor indeed for that matter any of any kind . . . no love of any kind . . . at any subsequent stage . . . so typical affair . . . nothing of any note till coming up to sixty when– . . . what? . . seventy?. . good God! . . coming up to seventy . . . wandering in a field . . . looking aimlessly for cowslips . . . to make a ball . . . a few steps then stop . . . stare into space . . . then on . . . a few more . . . stop and stare again . . . so on . . . drifting around . . . when suddenly . . . gradually . . . all went out . . . all that early April morning light . . . and she found herself in the--– . . . what? . . who? . . no! . . she! . . [Pause and movement 1.] . . .
Mund
.. raus ..in diese Welt .. diese Welt .. winzig kleines Ding .. vor der Zeit… in eine gottver- .. was?.. Mädchen ? … ja .. winzig kleines Mädchen .. in dies ..raus in dies .. vor der Zeit … gottverlassenes Loch namens … namens … egal .. Eltern unbekannt .. nie von gehört … er verschwunden … verduftet … kaum dass seine Hose wieder zu war .. sie genauso .. acht Monate später .. fast auf den Tag.. also keine Liebe .. davor verschont .. keine Liebe wie sie gewöhnlich ausgelassen wird am .. sprachlosen Kind .. im Heim .. nein .. auch was das angeht überhaupt keine .. überhaupt keine Liebe .. weder da noch später .. also das Übliche .. nichts Erwähnenswertes bis um die Sechzig als .. was? ..Siebzig? .. Großer Gott! … bis um die Siebzig .. beim Umherschweifen auf einem Feld .. ziellos nach Schlüsselblumen suchend .. um einen Ball daraus zu flechten .. ein paar Schritte dann halt .. ins Leere starren .. dann weiter .. noch ein paar .. halt und dann wieder starren .. so weiter .. herum schweifend .. als plötzlich .. allmählich .. alles erlosch .. all das frühe Aprilmorgenlicht .. und sie war auf einmal im … was? .. wer? .. nein! .. sie! Pause und Bewegung 1
3. “Der Schrei“ von E. Munch.
Dazu eine Kürzestgeschichte von malukö
(10.2.16):
Schon stand sie auf der Brücke, hinter ihr
die Männer, die sie wieder zurückbringen sollten, da
durchfuhr ihr siedend heiß der Gedanke „Oh Gott, ich
bin 18 Jahre alt … und Mutti wäscht für mich
nicht mehr die Wäsche!!“ Sie erstarrte. Wie
konnte und sollte sie so noch zurecht kommen? „Mist,
verdammt und ne App dafür gibt es auch noch nicht……“
an 1 Lieblingin
der Himmel schmilzt ich
rufe ihn an in seinem Schrebergarten
er meldet sich
freundlich aber ich höre nur den Gesang eines
Vogels schmelzende
Frühe, kann nicht mehr sprechen nur lau-
schen der Vogel singt
sein Lied nur für mich zärtlich und süsz
durchdringend mein
Herz ergreifend ich erkenne nicht ob Amsel
ob Nachtigall (störend
in der Ferne 1 menschliche Stimme die
mich nicht mehr erreicht)
ich werde die Stimme des Vogels um-
armen: sie ist meine Geliebte
5. Ernst Jandl: beschreibung
eines gedichtes
bei geschlossenen lippen
ohne bewegung in mund und
kehle
jedes einatmen und ausatmen
mit dem satz
begleiten
langsam und ohne stimme gedacht
ich liebe dich
so
daß jedes einziehen der luft durch die nase
sich deckt mit diesem
satz
jedes ausstoßen der luft durch die nase
und das ruhige
sich heben
und senken der brust
6. Friedrich Hölderlin
(1770-1843)
MELODIE An Lyda
…. (3 Str.)
Wo des Geiers Schrei
des Raubs sich freuet,
Wo der Aar dem Felsennest entbraust,
Wo
Gemäuer ächzend niederdräuet,
Wo der Wintersturm in Trümmern
saust,
Wo die Woge, vom Orkan bezwungen,
Wieder auf zum
schwarzen Himmel tost,
Trinkt das Riesenherz Begeisterungen,
Von
den Schmeicheltönen liebgekost.
…. (4 Str.)
Ha! und wann mir in des Sanges Tönen
Näher meiner
Liebe Seele schwebt,
Hingegossen in Entzückungstränen
Näher
ihr des Sängers Seele bebt,
Wähn ich nicht vom Körper
losgebunden
Hinzujauchzen in der Geister Land? -
Lyda! Lyda!
zauberisch umwunden
Hält das All der Liebe Schöpferhand.
Eliteraten I, (August 2016)
100 Jahre DADA
Die Dadaisten entdeckten den Zufall als schöpferisches Prinzip. Hans Arp hatte lange in seinem Atelier am Zeltweg an einer Zeichnung gearbeitet. Unbefriedigt zerriss er das Blatt und ließ die Fetzen auf den Boden flattern. Als sein Blick nach einiger Zeit zufällig wieder auf die Fetzen fiel, überraschte ihn die Anordnung. Sie besaß den Ausdruck, den er die ganze Zeit vorher gesucht hatte. Arp wandte das Prinzip auch auf seine Lyrik an: „Wörter, Schlagworte, Sätze, die ich aus Tageszeitungen und besonders aus Inseraten wählte, bildeten 1917 die Fundamente meiner Gedichte. Öfter bestimmte ich auch mit geschlossenen Augen Wörter und Sätze … Ich nannte diese Gedichte Arpaden.“
Das Prinzip Dada ist im Erbgut der modernen Kunst gespeichert, denn bis heute beeinflusst es Künstler und Kultur. Unter anderem Jean Tinguely, Niki de Saint-Phalle, Yoko Ono, David Bowie, Lady Gaga oder Pussy Riot.
Warum behält diese Kunstbewegung, die vor hundert Jahren entstand und nur knapp sieben Jahre (ab 1916) existierte, bis heute ihre inspirierende Kraft?
Lyrische Entdeckungen
Jan Skácel (*1922
in Vnorovy; †
1989 in Brünn)
war ein tschechischer
Dichter.
Laudatio
auf Jan Skácel: der tschechische L
Was vom Engel übrigblieb (1966)
Frühmorgens,
alle Bäume sind noch eingebunden
und
die Dinge unberührt,
erhwbt sich zwischen zwei Pappeln der
Engel,
schläft im Fluge aus.
In den Rissen des Schlafes singt er.
Wer als erster die Gasse betritt,
verwundet wird von
diesem Gesang,
vielecht ahnt er etwas,
aber sieht es nicht.
Es ist grün,
und das ist alles, was vom Engel
übrigblieb.
Raum II (Rose Ausländer)
Noch ist Raum
für ein Gedicht
Noch ist das Gedicht
ein Raum
wo man atmen kann
„Reißaus-Lyrik“
…. Ésmaticx – Reißaus Lyrics | Genius Lyrics
[Pre-Hook]
Wir beide können nicht Mal mehr
reden
Ohne dass es zwischen uns beiden knallt
Du sagtest: "Wir
sind jung und frei, wir könn' noch alles erleben"
Aber dafür
sind meine Wunden zu alt
[Hook]
Und ich nehm' reißaus, reißaus
Ich nehm'
reißaus, reißaus
…..