Togo 2009

Eine Reise zu den Göttern der Voodoo-Kulte und auf den Spuren des afrikanischen Christentums

Aus dem Inhalt: Das Nebeneinander von Voodoo und Christentum. Voodoo, Marienerscheinung und der Papst. Die Voodoo-Zeremonie des Francois: Zwei Frösche und ein schwarzer Hahn. Die Religion Voodoo und die Vodun/Götter. Der Feticheur und seine magische Schlangenhaut. Die Baobab-Lehmhäuser der Tamberma. Begrüßungsrituale. Bei den "Steinschmieden". Togo im 19. Jh.

Weitere Informationen mit Landkarte
Voodoo-Reise durch Benin

Unwirkliche Begegnungen

Stelle dir vor, du fährst in eines der kleinen westafrikanischen Länder Togo oder Benin. Du weißt, Togo war vor dem 1. Weltkrieg für kurze Zeit eine deutsche Kolonie, dann wurde es wie schon das Nachbarland Benin eine französische Kolonie. Es sind Länder mit schwarzafrikanischer Bevölkerung und einem sehr heißen Klima. Viele der amerikanischen Sklaven kamen aus diesen Ländern. Im übrigen hältst du die beiden Länder für moderne afrikanische Staaten.

Du sitzt in einem Auto japanischer, deutscher oder französischer Herkunft, das relativ schnell über die guten Straßen im Süden fährt. In den Dörfern mit den kleinen Lehmhäusern schaust du aus dem Fenster und siehst immer wieder kleine, schmutzige Abfallhaufen zwischen den Häusern. Sie erinnern an Reste von Kerzenstummeln, die immer wieder angezündet wurden und einen breiten Sockel von herunter gelaufenem Wachs gebildet haben. Auf diesen Haufen entdeckst du manchmal auch Knochen, Federn und zerrissene Stofffetzen, daneben Körbchen mit Essensresten und zerbrochene Keramik.


Vodun im Tempel des Francois (Kpalime/Togo)

Nachdem du ausgestiegen bist und dich neugierig den seltsamen Gebilden näherst, siehst du auch alte, halb zerfallene Hütten und denkst, da kann doch kein Tier drin leben. Das Dach ist eingefallen, eine Wandecke fehlt. Vor dem Eingang hängt ein schmutziges Bettlaken oder steht ein Stück Wellblech. Du schaust hinein: Im Innern liegen Scherben, auf einem Steinsockel ein Schädel von einer Ziege, einige verrostete Eisenstücke und zentimeterdick Staub. Hier wohnt jemand, der nicht die Maßstäbe Sauberkeit und Ordnung kennt.

Du siehst einen größeren Haufen, der durch ein offenes Strohdach geschützt ist. Rote, gelbe und blaue Farbschlieren laufen an den Seiten herunter. Am Fuß des Haufens ragen Stöcke einige Zentimeter aus dem Boden. Im oberen Teil des Haufens erkennst du Kaurischneckengehäuse. Da geht dir ein Licht auf: Du glaubst, zwei Augen und einen Mund zu erkennen. Als du näher herangehst und deine Kamera zückst, stürzt laut schreiend eine Frau auf dich zu und deutet mit wilden Gesten an, dass du nicht fotografieren darfst und dich schnell entfernen sollst. Dann wirft sie sich nieder vor diesem Haufen und berührt mit der Stirn den Boden.

Inzwischen wissen wir mehr über diese meist arm- und beinlosen Gebilde. Nur eine dicke, runde Kugel mit Augen, Nase und Mund zeigt, dass es sich hier um zwergähnliche Wesen aus einer anderen Welt handelt. Oft ragt ein überdimensionierter Phallus aus dem runden Körper, der die Stärke der Gestalt symbolisiert. Es sind Legbas, magische Wächter, die verhindern, dass sich Menschen und Geister in böser Absicht dem Haus und dem Dorf nähern. Wenn man ihnen von Zeit zu Zeit Blut und Speisen als Opfer bringt, entwickeln sie starke Energien und stellen Kontakte zu den Göttern her, so dass diese Unheil fern halten. Wir sind im Land der Fetische, im Land der Voodoo-Rituale angekommen. Genau das ist das Ziel unserer Reise durch die beiden Länder. Wir wollen möglichst viele Voodoo-Priester und ihre Voodoo-Götter, Fetische und Rituale kennen lernen.


Das Nebeneinander von Voodoo und Christentum
50% praktizieren Voodoo, 30% christliche Religionen und 20% sind Sunniten

Gleich am ersten Tag begegnen wir einem weiteren seltsamen Aspekt der westafrikanischen Länder. Gerade haben wir mit unserem Auto angehalten, um unseren Durst mit dem Wasser einer Kokosnuss zu stillen, als Trommelschlag von der anderen Straßenseite herüber dringt. Was geht hier vor? Apollo, unser einheimischer Führer, geht mit uns durch das Tor auf ein größeres Gebäude zu. Weiß gekleidete Gestalten heißen uns willkommen, aber wir sollen am Tor unsere Schuhe ausziehen, Christa soll ihren Kopf bedecken und ich meine Kappe absetzen. In der Halle tanzen blau-weiß gekleidete Mädchen, den Oberkörper vornüber geneigt, reißen sie die Beine bis zur Brust hoch und bewegen im schnellen Rhythmus die Schultern hin und her. Ein typisch afrikanischer Tanz zu einer ebenfalls weiß-blau gekleideten Trommelgruppe. Angeheizt wird das Ganze durch Händeklatschen der ganz in weiß gekleideten Frauen. Ein Priester stimmt ein Lied an, die Gemeinde antwortet mit Hosianna. Alle bewegen sich hingebungsvoll im Rhythmus der Rufe und Gesänge. Wir sind in einem Gottesdienst der "Himmlischen Christen" gelandet.


Die himmlischen Christen beim Gottesdienst: die Tanzgruppe

Ein lebenspraktischer Wechselgesang in der typisch suggestiven Art der neuen christlichen Kirchen lautet:

Du sagst: Es ist unmöglich. Gott sagt: Alle Dinge sind möglich.
Du sagst: Ich bin zu müde. Gott sagt: Ich will dir Ruhe geben.
Du sagst: Niemand liebt mich wirklich. Gott sagt: Ich liebe dich.
Du sagst: Ich kann nicht mehr weiter. Gott sagt: Meine Gnade ist ausreichend.
Du sagst: Ich kann mir nicht vergeben. Gott sagt: Ich vergebe dir.
Du sagst: Ich habe Angst. Gott sagt: Ich habe dir nicht ein ängstliches Gemüt gegeben.
Du sagst: Ich bin immer traurig und enttäuscht. Gott sagt: Lade alle Sorgen auf mich.
Du sagst: Ich bin nicht klug genug. Gott sagt: Ich gebe dir Weisheit.
Du sagst: Ich fühle mich ganz allein. Gott sagt: Ich werde dich niemals verlassen oder vergessen.
(nach http://www.celestialchurch.com/ BIBLE VERSES)

Ich bin befreit von der Welt des Teufels (dreimal sprechen).
Ich bin befreit von Verwirrung.
Wir sind befreit von allen Hexen.
Wir sind befreit von allen Hexenmeistern.
Wir sind befreit von allen Zauberern.

Wir haben den Satan besiegt, wir haben ihn überstanden....
Satan hat keine Macht über die Himmlischen.
Wir haben die Hexen besiegt, wir haben sie überstanden....
Hexen haben keine Macht über die Himmlischen.
Wir haben die Hexenmeister besiegt, wir haben sie überstanden...
Die Hexenmeister haben keine Macht über die Himmlischen.

(nach Marburg Journal of Religion: Volume 3, No. 1 (March 1998), Religionswissenschaft, Uni Bayreuth, hhttp://www.uni-marburg.de/fb03/ivk/mjr/pdfs/1998/articles/adogame1998.pdf)

Die Religion der Himmlischen Christen wurde 1947 von Samuel Oshoffa nach einer göttlichen Vision in Benin gegründet. Wie die Voodoo-Anhänger kennen sie Trance als Mittel der göttlichen Offenbarung und glauben an Hexer.


Altarraum der himmlischen Christen

Bei unserer weiteren Fahrt durch die Dörfer gewinnen wir den Eindruck, Westafrika lebt eine Synthese von Voodoo und Christentum. An den Straßen haben scheinbar alle christlichen Glaubensrichtungen ihre oft sehr schlichten Hallen, die sie Tempel und Kirchen nennen, erbaut, während zwischen den Häusern die Voodoo-Wächter ihre Sitze haben.

Kioske, Friseure und Telefonzellen schmücken sich mit christlichen Begriffen. "Von Gott auserwählter Friseur", "Die Hand Gottes", "Gott vergisst niemanden", "Wunder Gottes", "Gott gibt", "Gott hilft", "Kein Schritt ohne Gott", "Das Blut Jesu schützt uns.", "Ruhm Gottes", "Gott ist Togolese", "Tapisserie Ave Maria", "Jerusalem City" sind nur einige der unzähligen "christlichen" Formulierungen.

Die Ablehnung der heidnischen Götter durch christliche Missionare hat Tradition. Im 16.Jh. sagte Franz Xaver, der Mitbegründer des Jesuitenordens: Alle Anrufungen der Heiden sind Gott verhasst, weil alle ihre Götter Teufel sind. Was wieder im Gegensatz steht zu Äußerungen von Papst Paul, der sich mit Voodoo-Priestern traf und alle Gottgläubigen vereint sehen wollte.

Im Sinne der modernen Christen spricht auch Josephe Odjo, der Betreuer des Schlangentempels in Quidah, auch im Namen vieler afrikanischer Christen ganz anders: "Ich bin Christ, aber du kannst Christ sein und doch den Voodoogöttern folgen. Wir sind mit diesem Kult geboren. Es ist wie die Luft um dich herum. Du kannst sie nicht vermeiden."

Zur Auseinandersetzung zwischen christlich-katholischem Gott und Voodoo s.a. folgende papstkritische Seiten: http://www.novusordowatch.org/voodoo_you_trust.htm.

Gott hatte Afrika vergessen.....
Jesus legte seine Hände auf die gekräuselten Köpfe und die Neger waren gerettet..Nicht hier unten, natürlich.
Aber das Himmelreich steht den Einfältigen offen, und so strömten sie hinein und werden...allesamt dort oben in Weiße verwandelt....
Ich will ihnen ihre Kreuze auf den Hintern legen,
weiße,
rote,
blaue,
und blau-weiß-rote nicht zu vergessen,
steinerne
hölzerne
lateinische, Doppelkreuze, Hakenkreuze, bis dass sie Sternchen sehen...
.
(Paul Niger aus Guadeloupe in "Schwarzer Orpheus", 1954)

Die Religion Voodoo und die Vodun/Götter

leitet sich von der westafrikanischen Sprache des Stammes der Fon ab: wo bo du. Dieser Satz läßt sich so übersetzen: Lehne dich zurück und hole aus der Natur jene Kraft, welche zum Zweck der Erhebung deines Geistes zu Gott notwendig ist.

Voodoo bedeutet keineswegs das Durchstechen von Puppen mit rostigen Nägeln, sondern ist eine Lebensform, die z.T. auf einem Tanzkanon beruht, der die Tanzenden, meist Frauen, in Trance bringt. Hauptziel des Voodoo ist, sich selbst zu schützen. In Benin ist der Vodunkult seit 1996 sogar eine anerkannte Religion, nachdem der Staat von 1977 bis 1990 marxistisch und anti-religiös war.

Oberste Macht ist die Göttin Mawu, deren männlicher Partner Lisa häufig als ihr Zwilling gilt. Die meisten westafrikanischen Religionen kennen einen solchen Obergott, der sich im Himmel versteckt. In ihren Kulten spielen nur die Gottessöhne, die Vodun, eine Rolle, deren Macht sich manchmal in unterschiedlichen Dingen, den Fetischen, offenbart.

In Togo sagt man, dass Mawu sich zurückzog, weil die Menschen sich nach dem Essen die Finger am Himmel trockneten. Die Ewe drücken ihre Glaubensauffassung mit der Wendung
wo mawu -"Gottes Gesetze ausführen" aus, denn ihrer Meinung nach müssen sie Gott dienen.

Die Voodoo-Götter sind sowohl männlich als auch weiblich, sie haben positive und zerstörerische Kräfte, sie sind Bindeglied zwischen dem Menschen und dem Unbekannten. Menschen und Vodún, sind aufeinander angewiesen und voneinander abhängig. Die Existenz und das Wohl der Menschen hängen vom Vodún ab, umgekehrt stärken Opferhandlungen die Kraft der Vodun. Die Vodun können ihre Kraft verlieren, wenn sich die Menschen ihnen nicht mehr widmen. Manche Vodún haben ein positives, andere ein negatives Übergewicht.

Wichtige Vodún sind Legba, der Wächter, als Mittler zwischen der oberen und der unteren Welt. Sein Bild, prahlend mit seinem riesigen Penis und zum Teil mit Hörnern an der Stirn, ist vor fast jedem Haus zu sehen. Egungun, der Gott der Ahnen oder die Ahnen, die sich hinter den Masken des Geheimbundes der Egungun verbergen, ist eine komplexe Figur, die zugleich beschützend und tückisch ist. Ein gutes Beispiel für den Zusammenhang zwischen Gutem und Bösem, ein typisches Merkmal westafrikanischer Religionen. Gut und Böse gelten als zwei Seiten des gleichen Dings und nicht als Gegensätze, wie in unserer Kultur. Andere sind Gu, der Gott des Eisens und Krieges, der zufrieden gestellt sein muss, damit man sicher Auto fahren kann, Mami Wata, die Wassergöttin, oft dargestellt als Nixe, aber auch als schöne Frau, die mit der Jungfrau Maria verschmilzt, Hebiosso/Xevioso/Shango, der Schmiedegott, der für Blitz und Donner zuständig ist, der auch als Jesus erscheint, Aholu/Sakpata für die Fruchtbarkeit der Erde, aber auch für die Pocken

(s. http://www.relinfo.ch/voodoo/)

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Auf einem Fetischmarkt, wo Feticheure ihre Medizin kaufen. Die getrockneten Leichenteile werden zerstoßen und gemischt.

Voodoo und Katholizismus

In Lomé besuchen wir zunächst einen Fetischmarkt, auf dem wie üblich getrocknete Tierköpfe von Babyleoparden und Babylöwen, Häute, Knochen von Affen, Raubkatzen, Schlangen, halbverweste Landechsen, Kleinkrokodile, hohle Schädel von Lemurenäffchen und jede Menge halb eingetrockneter Vögel angeboten werden. Eine Menagerie des Todes, in Reihen geschichtet. Für jede Krankheit und für jeden weißen oder schwarzen Zauber findet sich hier der geeignete Tierkadaver. Viele Kadaver stinken noch erheblich. Aber auch magische Steine, Metallstücke, Leder- und Stoffbeutel mit Zauberingredienzen sorgen als Amulette für Glück, Wohlstand und Fruchtbarkeit, schützen vor Diebstahl oder sichern die Liebe eines angebeteten Partners. Die Fetische müssen von Zauberern »belebt« werden, die einen Geist zwingen, in sie hineinzufahren und dort zu wohnen. Die Fetische können dann durch die Luft fliegen und ein ausgewähltes Opfer angreifen und töten.

Ich denke an die Mumien- und Reliquien-Verehrung in der katholischen Religion. (s.a. www.freie.christen.com) Die Ähnlichkeiten zwischen katholischen Riten und Überzeugungen mit denen des Voodoo erstaunen mich immer wieder. Prozessionen werden durchführt, Wallfahrten zu irgendwelchen Reliquien-Fetischen organisiert, Brot in das Menschenfleisch Jesu und Wein in das Menschenblut Jesu verwandelt. All das geschieht im katholischen Umfeld in ästhetischen, kostbaren Formen, während Voodoo-Tempel und -götter in keiner Weise unserem Wert- und Schönheitsempfinden entsprechen.

Auf diesem Markt machen wir eine erste Voodoo-Händler-Zeremonie mit. Ein Voodoo-Händler führt uns einige Gegenstände vor, die er verkaufen möchte. Ein Hölzchen mit einem Loch, in das man seine Wünsche sprechen kann, eine Amulettkette aus großen braunen Samenkernen mit 41 Kräutern und eine kleine Voodoofigur aus Lehm. Der Preis wird von ihm durch das mehrmalige Werfen von vier Kauris und Schnüren (Fá - Orakel) festgesetzt. Er wird als Wille des Vodún ausgelegt. Es handelt sich dabei um ein kompliziertes Orakelsystem aus Schnüren und Nussschalen mit 256 verschiedenen Zeichen, worin alle möglichen Situationen enthalten sein sollen. Nachdem wir gegen den hohen Preis protestiert haben, wirft er die Kauris erneut, und tatsächlich verringert der Fetisch den Preis mehrmals. Hiermit offenbart sich gleich zu Anfang schon die psychologisch raffinierte Masche der Voodoo-Priester, die nicht nur das Heil der Patienten, sondern auch ihr eigenes im Sinn haben.

Fast täglich nehmen wir an einer Zeremonie teil, d.h. wir bestellen einen Ritus bei einem Voodoo-Priester. Die Priester verlangen dafür immer ein erhebliches Geldopfer. Ohne Geld, Alkohol und Blut sind die Kräfte der Fetische nicht zu haben. Im Voodoo-Universum befindet sich alles in einer Form von Geben und Nehmen, d.h. Energieumwandlung oder Austausch. Das wird durch Opfergaben zum Ausdruck gebracht. Wenn man etwas haben möchte, muss man etwas aufopfern. Dadurch wird die recht preiswerte Reise erst zu einer relativ teuren Reise, die alles in allem 2500 € pro Person kostet.


Die Madonna erscheint den Fischern auf dem See.
(Wandgemälde bei der Wallfahrtskirche von Togoville.)

In Togoville beginnt unsere eigentliche Tour durch die angsterzeugende Götter-Welt des Voodoo bei einer Zeremonie im Voodoo-Tempel unweit der 1910 von Deutschen erbauten Marienkirche. Die Nähe der beiden wundergläubigen Religionen, die eine von kolonialen Europäern importiert, die andere ein archaisches Eigenprodukt Afrikas, ist frappierend. Das christliche Wunder hat sich auf dem angrenzenden See ereignet, wo Maria mit ihrem Kind einem Fischer erschien, wodurch sich die alte Kirche zu einem großen Wallfahrtsort entwickelte. Auch der Papst Johannes Paul II. pilgerte 1985 dorthin. Die Verwandtschaft der beiden Religionen findet sich nicht nur in dem Glauben an Magie und Wunder, sondern bestätigt sich auch bei Begegnungen des Papstes 1993 im westafrikanischen Staat Benin mit 207 Voodoo-Priestern, wo ihm bescheinigt wurde, einer der mächtigsten Azeto, d.h. Hexenheiler zu sein.


Der Voodoo-Hauptpriester im Steinsessel mit Helfern bei der Zeremonie

Ein Priester mit mehreren Helfern empfängt uns. Die Aufgabe der Voodoo-Priester bestehe darin, die in der Natur und im Menschen vorhandenen Kräfte zu wecken und nutzbar zu machen. Zum Beispiel für Glück auf materieller und auf spiritueller Ebene, für Fruchtbarkeit, Liebe und Harmonie. Er kann seine Magie aber auch für die Herbeiführung von Unglück und Leid missbrauchen.

Um den Fetischen und Göttern unsere Hochachtung auszudrücken, müssen wir den Oberkörper freimachen, die Hosenbeine aufkrempeln, Schuhe und Strümpfe ausziehen. Mit einem umgelegten bunten Tuch sehen wir dann fast so aus wie unsere Gastgeber. Auf dem Weg in das innere Gehöft passieren wir neben einem Toreingang zunächst einige Legba, die Wächter des Hauses, und einen Ahnenaltar, der als Wohnort für die Seelen der Verstorbenen dient. Dahinter, vor einer Mauer, sehen wir eine lange Reihe von Fetischen, die Beschützer der einzelnen Familienmitglieder. Christlich gesehen, die Schutzengel der Familienmitglieder. Auf unserem weiteren Weg begegnen wir dann weiteren Voodoo-Schutzheiligen.


Vodun Aholu mit Stock, Kinnlade und Eisenkrone

Vor dem Eingang zu einem Innenhof steht Aholu. Auf dem Kopf liegt ein Fetisch aus Zweigen. Einen Stock benutzt Aholu, wenn er darauf achtet, dass niemand nachts arbeitet, Musik macht oder Wasser transportiert. Hinter der Schwelle schüttet ein Priester Maismilch auf den Boden, die wir mit dem linken großen Zeh berühren müssen. Später werden noch zwei kleine Kalebassen mit Alkohol in die Milch geschüttet und eine über seinen Kopf, um ihn zu aktivieren. Auf der anderen Seite des Innenhofes stehen Figuren von Egu, eine männliche und eine weibliche Form. Er ist der Gott des Eisens und Krieges, der zufrieden gestellt sein muss, damit man sicher Auto fahren kann. Er sitzt in einem großen Schrotthaufen. Mit Schlägen auf einen Amboss wird er herbeigerufen. Vor dem Eingang zu einem anderen Raum sitzt eine weitere größere Figur mit zwei Hüten.

In zwei hinteren Räumen befinden sich zwei ganz wichtige und starke Götter, verborgen hinter weißen Bettlaken. Vor ihnen müssen wir uns zum Zeichen der Anerkennung auf den Boden knien. Dieser Ritus des Erdeküssens, der auch vom Papst Joh. Paul auf seinen Reisen praktiziert wurde, ist mir sehr zuwider, so dass ich nur halbwegs zu Boden gehe.

Wir waschen unsere Hände in einem Kräutersud und streichen die Handflächen über den Kopf. Eine Flasche "Schnapps" steht bereit für den Fortgang der Zeremonie. Inzwischen wissen wir, es gibt keine Voodoo-Zeremonie ohne hochprozentigen Alkohol. Die beteiligten Menschen trinken nur ein Gläschen davon. Da aber jedem Gott sein Teil Flüssigkeit großzügig über den Kopf geschüttet wird, ist der Verbrauch enorm. Blut, das auch ein wichtiger Bestandteil der Zeremonien ist, fließt diesmal nicht.


Die Verkäuferin schlägt ein Loch in die Kokosnuss.

Auf der Fahrt zu dem nordwestlich von Togoville gelegenen Kpalime lernen wir die Bedeutung der farbigen Nummernschilder kennen. Alle Autos und Mopeds der Regierungsangestellten haben grüne Schilder. Das diplomatische Corps blaue, die Taxifahrer gelbe und die übrigen weiße.

Die Unbekümmertheit der Schwarzen erleben wir beim Brennen von Alkohol. Ganze Palmwälder werden gefällt, um Palmsaft zu gewinnen, aus dem dann Wein oder hochprozentiger Sodabi hergestellt wird. In den am Boden liegenden Stamm wird eine suppenschüsselgroße Kuhle geschlagen und der Saft, welcher sich im Stamm der Palme findet, sammelt sich in der Kuhle vergärt und tropft durch ein Loch in ein Gefäß. Wir fragen, warum jeweils der ganze Stamm abgeschlagen wird und der Saft nicht aus der Blüte gewonnen wird wie z.B. in Indien. Darauf erklärt Apollo, dass Afrikaner nur an das Jetzt denken und nicht für die Zukunft planen. Er findet es auch nicht richtig, dass viele afrikanische Länder immer wieder Krieg gegeneinander führen, statt sich zusammenzutun.


Der Voodoo-Tempel von Francois hinter dem Moslemviertel von Kpalime

Zwei Frösche und ein schwarzer Hahn

Am Nachmittag erleben wir am Rande eines Moslemviertels eine neue Voodoo-Zeremonie, bei der auch Blut fließt. Für 55 € inszeniert Voodoo-Priester Francois in seinem fensterlosen Tempel für unser Wohlergehen eine Zeremonie. Mit nackten Füßen betreten wir den Raum und nehmen nach der üblichen Waschung unserer Hände in einem Kräutersud - Eintauchen der rechten Hand, Reiben beider Hände und Streichen über die Haare - auf einer kleinen Bank Platz.

Vor uns liegen zwei Frösche, die mit ihren Beinen an einen Fetisch gebunden sind. Über diesen Fetisch schüttet er mehrmals Alkohol. Nach einiger Zeit sind die Frösche wohl von den Ausdünstungen betäubt und reagieren nicht mehr. Damit zeigt er uns seine Macht über Leben und Tod. Vielleicht lässt er die Frösche als Stellvertreter für uns sterben. Den machtvollen Fetisch sollen wir zu unserem Schutz ins Auto legen. Eine besondere Form der katholischen Christophorus-Plakette!


Vodun, der mit seinen Schlössern das Eigentum anderer schützt.

Um die Kraft seiner anderen Fetische zu beweisen, will er uns Fragen zu unserer Zukunft beantworten. Christa fragt: "Wie lange muss ich noch arbeiten?" Die Antwort trifft nicht ganz. "Noch 11 Jahre, auch in einem anderen Beruf." Christa: "Wie lange muss ich in meinem jetzigen Beruf noch arbeiten?" Die Antwort fällt ihm nicht leicht. Er nimmt eine Trillerpfeife, trillert den Fetisch herbei, nimmt einen Spiegel vom Altar Mami Wata, schaut intensiv hinein, Schweiß auf der Stirn, und sagt: "Noch 6 Jahre." Die Antwort können wir gelten lassen, wenn wir die Zeit bis zum normalen Pensionsalter nehmen. Dass sie auf Grund der Möglichkeit der Arbeitsteilzeit im Blockmodell nur noch 3 Jahre arbeiten muss, übersteigt sicherlich seinen Wissenshorizont. Wir akzeptieren seine "Weissagung".

Anschließend will er zu unserem Glück den Voodoo-Göttern ein Tieropfer darbringen. Er bietet als Opfer einen schwarzen Hahn und eine Ente an. Wir entscheiden uns für den Hahn als die billigere Variante. Vor dem Blutopfer ruft er in einer langen Litanei alle Götter an, rupft einige Federn aus, stopft dem Hahn Mehl ins Maul, hält ihn über den Voodoo "Zamzo" und schneidet ihm den Hals durch. Das Blut tropft über den Kopf, dann in eine Schüssel, schließlich über meine Hände und Arme in die Kräuterschüssel.. Dann leckt er das Blut vom Hals des Hahns und hält mir den Hahn hin, damit ich das gleiche tun soll. Ich tu es nur scheinbar. Diese Art der "Kommunion" ist mir zuwider. Inzwischen werden draußen auf dem Hof die Trommeln des Donnergottes geschlagen. Wenig später blitzt es tatsächlich und der Donner rollt über den Himmel. Der geopferte Hahn wird in hohem Bogen nach draußen geworfen und seine Lage auf dem Rücken erneut als gutes Zeichen für uns gedeutet. Als wir abfahren, schüttet er auf dem Weg zum Tor noch eine Opferflüssigkeit auf den Boden. Im Hintergrund grüßt im Halbdunkel die Hexengestalt von Mami Wata.

Gebet an den höchsten Geist (Luba)

Herr, dem die Welt gehört,
Du bist es, der alle Dinge geschaffen hat,
gewähre mir an diesem Ort,
wohin ich gekommen bin,
dass es mir gut geht,
dass mich kein wildes Tier sieht,
dass der Blitz mich nicht findet,
dass der Zauberer mich nicht ausfindig macht.

....

In Kuma tragen fast alle Häuser Malereien. Neben Kakao bauen die Einwohner Kaffee an und verkaufen ihn in Vakuumpackungen selbst. Sogar einen Imker treffen wir hier, der mit modernen Geräten Bienenzucht betreibt.

An einer Straße in der Nähe der ghanaischen Grenze beobachten wir Bauern, die im Wald Yamsstampfer herstellen. Die 50 Jahre alten Bäume werden von weither herangeschafft und die passenden Stücke mit traditionellem Werkzeug ausgehöhlt. Auch unser Fahrer zeigt großes Interesse an diesen großen Holzgefäßen, denn, so sagt er, für einen wohlschmeckenden Fufu-Brei aus Yams braucht man sie.

Am Straßenrand verkaufen viele Baumschulen verschiedenste Pflanzen. Große Mangos, Avocados, Bananen werden neben den riesigen Yamswurzeln angeboten. In diesem Teil Togos zeigen die Bauern Unternehmergeist und Fleiß. Das steht im Widerspruch zu Apollos Meinung, dass die Schwarzen faul seien und nur in den Tag hinein lebten ohne Zukunftsplanung. Ihre Cashew-Nüsse würden sie z.B. zum Entkernen nach Indien schicken.

Der Feticheur und seine magische Schlangenhaut

Die Fahrt in den Norden ist sehr anstrengend, obwohl unser Fahrer sein ächzendes Auto äußerst vorsichtig mit 50 bis 60 Stundenkilometer über ausgezeichnete Asphaltstraßen steuert. Aber die Strecke zieht sich hin, es ist sehr schwül und bewölkt. Vor Atakpame wollen wir zur Unterbrechung unserer Fahrt einige Häuser besichtigen. Eine Großfamilie wohnt hier in einigen Lehmhütten. Vorsichtig nähern wir uns einem älteren Mann und Apollo beginnt ein Gespräch. Da entdecken wir vor einer Hütte ein Voodoogebilde, einen Wächtergnom, und eine Astgabel, in der ein Wassertopf mit Kräutern steht. Es stellt sich heraus, dass unser Mann ein Feticheur ist, der mit Hilfe seiner Vodun und seiner magischen Getränke besonders Frauen bei Schwangerschaftsproblemen hilft. Er ist bereit, uns die Kraft seiner Voodoo-Mächte zu zeigen.

Sein Tempelchen steht zwischen den Wohnhäusern seiner Familie um einen Hof herum. Von einer kleinen Hüttenöffnung entfernt er eine Flechtwand und lädt uns ein, in dem engen Raum auf einem Brett Platz zu nehmen. Sein erwachsener Sohn, der als sein Nachfolger bestimmt ist, hockt sich zu ihm. Eine Ecke des Raums ist durch zwei schmutzig-weiße Tücher zugehängt. Dahinter verbirgt sich eine Voodoogestalt, die wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Von der Decke hängen mehrere Kalebassen, an der Wand klebt eine undefinierbare Masse, wie wir sie auch später in Benin noch einmal sehen, davor steht ein schmaler Altar mit einer weißen Decke, auf der kleine Kalebassen stehen und einige Kaurigehäuse zum Weissagen liegen.


Der Feticheur zerreibt eine Medizin zwischen den Händen.

Als wir unsere Frage "Werden wir die Reise gut überstehen?" gestellt haben, holt er aus einem Tontöpfchen ein schmales pergamentartiges Hautstückchen von einer Schlangenbrust. Er hält das Stück mit einer Hand und zieht es dann immer wieder zwischen dem Zeigefinger und Daumen der anderen Hand durch. Dabei schaut er es intensiv an, wirft einen Blick auf die hängenden Voodoo-Gefäße und wir beobachten, wie sich die Haut manchmal nach vorne oder nach hinten krümmt. Schließlich strahlt er uns an und bedeutet uns, es gehe alles in Ordnung.

Apollo ist so beeindruckt von ihm, dass er auch eine Frage stellen möchte: "Meine Frau bekommt im nächsten Monat ein Kind, wie wird die Geburt verlaufen, und wird es ein Junge oder ein Mädchen sein?"

Zunächst wirft unser Voodoo-Priester drei Kauris, dann wirft er drei gebündelte Stöckchen wie beim Mikado-Spiel, wählt zwei Bündel, schlägt sie mehrmals ineinander und zieht sie wieder auseinander, nickt mit dem Kopf und lässt Apollo ein Bündel herausziehen. Es geht nicht leicht, aber das ist wohl das Kennzeichen, denn er nickt immer wieder mit dem Kopf und beteuert: "Es wird eine leichte Geburt sein, und das Kind wird ein Mädchen sein." Wir sind ganz gespannt, ob seine Frau tatsächlich ein Mädchen bekommen wird. Apollo jedenfalls ist seit dieser Weissagung überzeugt, es wird ein Mädchen sein. Warten wir ab.

Nirgendwo auf unserer Reise haben wir so viele verschiedene christliche Sekten-Tempel gesehen wie auf der Strecke in den Norden. Dann tauchen an der Straße neben den Tempeln und Kirchen immer mehr Moscheen auf. In einem Dorf zähle ich fünf kleine Moscheen. Alle sind vom reichen Ölland Kuweit gestiftet, wie Schilder in Französisch und Arabisch an den Vorderseiten der Moscheen verkünden. Manchmal stehen christliche Gebetshäuser direkt neben islamischen.

Kurz vor Kara ändert sich plötzlich die Landschaft. Ein Bergrücken in der bisher flachen Landschaft versperrt vor allem den Lastern das Weiterfahren. Augenscheinlich sind diese so überladen oder so schwach motorisiert, dass sie die relativ geringe Steigung kaum schaffen. Etliche liegen mit Pannen am Straßenrand. Jenseits des Passes und östlich von Kara kommen wir in das Gebiet der Tamberma oder Somba, deren Häuser ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen worden sind.

Die Baobab-Lehmhäuser der Tamberma/ Betammaribe (zu deutsch: Lehmmauer)

Das Volk der Tamberma lebt in den Staaten Benin und Togo. In Benin sind sie allerdings unter dem Namen Somba bekannt.

Die Behausungen der Tamberma/Somba sind ihre traditionellen zweigeschossigen Schutzhöfe, die Tata-Somba. Im Erdgeschoss liegt die Küche, im Obergeschoss liegen Schlafräume und Vorratskammern auf der ummauerten Dachterrasse, von der aus die Höfe verteidigt wurden. Auf der Dachterrasse werden auch, vor den Haustieren geschützt, Früchte und Gemüse getrocknet.

Die wulstigen, burgähnlichen, fensterlosen Hausformen sind den Baobab-Bäumen nachempfunden, in denen das Volk früher wohnte. Schon vor dem ersten Gehöft der Siedlung Koutamakou empfangen uns hohe Schutz-Fetisch-Altäre, Altäre für die geopferten Tiere und Altäre für die Ahnen. Über dem Eingang hängen Affen- und Kuhschädel und ein Schweineschwanz, im Innern ist eine ganze Frontwand mit Schädeln bedeckt. Natürlich versuchen auch hier christliche Missionare die Menschen zum Christentum zu bekehren. Unser lokaler Guide erzählt uns, es gebe seit einem Jahr einen christlichen Versammlungsraum hier, aber er gehe nicht mehr in die Kirche, weil er nach jedem Kirchenbesuch üble Träume gehabt habe.

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Die besondere Verehrung einer Antilopengöttin drückt sich im Antilopengehörn an den Seiten der Kopfbedeckung und in den wilden, schnellen Sprüngen beim Tanz aus. Ihre malerische Kleidung erinnert mich an die Kirdi in Nordkamerun.

Gebet an den Fetisch der Jagd (Yaka, Kongo)

Wir alle flehen dich an, wir flehen dich an....
Die Opfergabe ist hier, und weißes Kaolin ist hier,
ihr, die Ahnen und du, Fetisch,
gebt uns zu essen, gebt uns Wild ....
bei euch ist Kraft und Schutz.
Von euch hängt der Erfolg ab, der Erfolg der Jagd.
Nehmt unsre Opfergaben an....

Die Namensgebung bei den Somba funktioniert so: Jeder erste Sohn heißt M'Po, jede erste Tochter heißt N'Koua. So gibt es auch Namen für die zweiten, die dritten, die vierten usw. Kinder. Beim achten Sohn bzw. der achten Tochter wird wieder von vorne begonnen. Zudem hat jedes Kind noch einen christlichen Namen.
Die Himmelsrichtungen heißen bei den Somba: Westen - vorher, Osten - nachher, Norden - weiblich und Süden - männlich.
Die vier wichtigsten Ereignisse im Leben der Somba sind Geburt, Initiation, Heirat und Tod.
Auch die Zeitrechnung der Somba ist etwas ungewöhnlich: 4 Tage ergeben eine Woche, 7 Wochen einen Zyklus von Vollmond zu Vollmond und 4 Jahre ein "diffoni".

Typische Begrüßungsrituale (Yom im nördl-Benin)

Neben einer höflichen Befragung "Wie geht es dem Gehöft?", "Wie geht es der Müdigkeit?", "Wie geht es [Ihrer] Frau", "Wie geht es [Ihrem] Mann?" gibt es im Yom eine unbegrenzte Anzahl an Grußmöglichkeiten, indem die Person in Relation zu ihrer aktuellen Tätigkeit gesetzt wird. So kann man sich morgens mit einem "Du und das Morgengrauen", nachmittags mit "Du und der Nachmittag" und abends mit "Du und der Abend" begrüßen. Während sich ausruhende Menschen mit "Du und das Sitzen", auf dem Feld arbeitende mit "Du und das Feld", jemand, der Holz transportiert, mit "Du und das Holz", innerhalb eines Regengusses mit "Du und der Regen" sowie am Brunnen mit "Du und die Wasserstelle" begrüßt werden. (nach Thamar Klein, 2005)

Die Begrüßungsformen erinnern uns an ähnliche im indischen Nagaland, wo man z.B. einen Sitzenden mit der Frage "Du sitzt hier?" begrüßt.

Erhält man ein Geschenk, bedankt man sich mindestens jeweils einmal an zwei aufeinander folgenden Tagen: "Du und die Arbeit" und "Du und die Arbeit gestern".

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Die "Steinschmiede" von Lamassawoude, Bassar-Region

Unser nächster Besuch führt uns in eine andere, archaische Handwerkerwelt. Zuerst hatte ich es nicht für möglich gehalten, aber wir haben es mit unseren Augen gesehen. Im Schmiededorf hämmern die Schmiede glühendes Eisen mit großen Steinen zu Feldhacken oder Glocken. Im fortgeschrittenen Industriezeitalter ein unglaublicher Vorgang. Das Feuer wird von einer Frau des Schmieds mit Hilfe zweier Blasebälge aus Schafshaut und spezieller Holzkohle aufgeheizt. Die starken Muskeln der Frau zeugen von ihrer intensiven, unablässigen Arbeit. Selbst als ihr kleiner Junge nach der Brust verlangt, hält sie nicht ein, sondern lässt ihn während des Pumpens trinken. Erst wenn die zweite Frau des Schmieds sie ablöst, kann sie eine Erholungspause einlegen. Der Ehemann dreht das glühende Eisen mit einer Zange auf einem Stein hin und her, während sein jüngerer Bruder mit einem anderen Stein das Eisen in Form schlägt. Das Ergebnis der mühseligen Arbeit, eine schöne, breite Hacke, wird auf den Märkten für 5000 CFA (7.50 €) verkauft. Vor der Hütte trainieren sich bereits die kleinen Kinder in diesen Tätigkeiten.

Die Machtverhältnisse in Togo

Auf der Fahrt durch die Landschaft des Nordens werden wir mit den politischen Machtverhältnissen konfrontiert: neue Straßen, die der Präsident für sich hatte bauen lassen, ein großer Palast und die Erklärung, dass die Dynastie des Präsidenten aus dieser Gegend stammt. Nach dem Tod des Vaters, der in seinen 40 Regierungsjahren schon jede Kritik verboten hatte und die Opposition ins Ausland vertrieben hatte, gab und gibt es Auseinandersetzungen zwischen dem älteren Bruder, der Präsident ist, und seinem jüngeren Bruder, der sich hier mit seiner Mutter aufhält.

Eine Woche später, als wir in Benin sind, geht das Gerücht, dass der jüngere Bruder, der früher Verteidigungsminister gewesen war, nach einem mehrstündigen Feuergefecht bei einem Putschversuch mit fünf höheren Offizieren verhaftet worden sei. Die schwierigen politischen Verhältniss zeigen sich auch darin, dass nach den Wahlen während der Straßenkämpfe das deutsche Goethe-Institut verwüstet worden ist und erst seit 2006 die EU wieder Kontakte zu Togo aufgenommen hat.

(Ausführlicher Bericht der K.Adenauer-Stiftung unter http://www.kas.de/wf/doc/kas_16432-544-1-30.pdf )

So erlebten die Kaufleute und Beamten Togo im 19. Jh.

Aber das schlimmste Verkehrshindernis war die im Lande herrschende Unsicherheit. Die meisten Stämme waren miteinander verfeindet und fingen sich gegenseitig Menschen weg, wo sie nur konnten. Wenn jemand an den Angehörigen eines anderen Stammes eine Forderung hatte oder zu haben glaubte, so hielt er sich durch Gefangennahme irgendeines zufällig in seinen Machtbereich geratenen Angehörigen dieses Stammes schadlos. Natürlich übte der andere Stamm Wiedervergeltung. Die Gefangenen wurden zu Sklaven gemacht. Es bestand ein lebhafter Sklavenhandel. Die Sklaven stammten außer aus dieser Quelle aus den ständigen Kriegen der mohammedanischen Reiche des Nordens gegen die Heidenstämme. Teils waren es auch solche, die wegen unverbesserlichen Schuldenmachens oder wegen Totschlag verkauft worden waren. Aber auch innerhalb der einzelnen Stämme bestand keine Sicherheit für Leben und Eigentum. Die Häuptlinge in Verbindung mit den Fetischpriestern, andernorts die Geheimbünde, tyrannisierten die friedliebenden Bevölkerung. Mißliebige und Wohlhabende wurden mit Gewalt oder durch falsche Anklage, z. B der Hexerei, ausgeplündert oder umgebracht, meist durch Gift. Man bediente sich dazu des sogenannten Gotteswassers, dessen Mischung ganz in der Hand der Fetischpriester lag, und das der Angeklagte trinken mußte. Fleiß und Erwerbsinn waren unter solchen Umständen gering. Plötzliche Todesfälle schrieb man grundsätzlich der Vergiftung oder Hexerei zu. Daher waren Anklagen wegen Hexerei sehr häufig. Der Mörder wurde dadurch ausfindig gemacht, daß man den Toten auf einer Bahre im Dorfe herumtrug. Vor wessen Hütte die Bahre einen Ruck gab, in dessen Hütte wohnte der Mörder. Starb ein großer Häuptling, so wurden Menschen ermordet und ihm als Begleiter zum Jenseits ins Grab mitgegeben. Überhaupt beherrschte der roheste Aberglaube das unwissende Volk. Es stand daher ganz unter dem Einfluß der Fetischpriester und Zauberer, die es gründlich ausbeuteten. Manchen Gottheiten wurden sogar Menschen geopfert. Der Werwolfglaube, wobei der Leopard die Stelle des Wolfs vertritt, war allgemein verbreitet. Aus Furcht vor den Geistern der Verstorbenen, vor bösen Geistern und vor Hexen wagte man sich nachts nicht aus dem Dorfe oder gar aus dem Gehöft.

(Dr.Hans Gruner in seinem Buch "Togo")


Voodoofigur neben einer Straße in Ouidah/Benin

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Zum zweiten Teil der Reise: durch Benin

Christa hat über Togo und Benin ein Buch in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Von den 120 Seiten des Buches gibt es im Internet eine Vorschau.

Christa Neuenhofer, TOGO UND BENIN, DIE HEIMAT DES VOODOO

Christa Neuenhofer, TOGO AND BENIN: HOMELANDS OF VOODOO

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