Informationen zum Koka und Kokain
"Zum klassischen [Koka-]Konsum werden die getrockneten Blätter im Mund zu einer Kugel geformt und zusammen mit llipta (Aymara-Ausdruck), einer Kalklösung (aus Stein oder Muscheln bereitet) oder Pflanzenasche (Bikarbonat). in der Backentasche aufbewahrt, bis sie ihren Geschmack verlieren (weder lutschen noch gar kauen wäre ein treffendes Verbum; der Einfachheit halber sei jedoch weiterhin die geläufigere Bezeichnung "kauen" gestattet). Eine solche Kauperiode dauert etwa 2 Stunden lang. Kokakauen ist in manchen Gegenden derart verbreitet, dass sogar die Länge von Wegstrecken oder die Arbeitszeit beim Feldbau in solchen coquedas angegeben wird. Vor Quantifizierungen sei gewarnt, doch sprechen Schätzungen für ganz Lateinamerika von 8-15 Mio. regelmäßigen Kokakauern; jeder zweite Bolivianer kaue regelmäßig Koka). In den Andenprovinzen liegt der Prozentsatz noch erheblicher darüber. Ein starker coquero verbrauche auf diese Weise pro Tag 28g Kokablätter, wodurch er - je nach Blattsorte, Kalkbeimischung und Kautechnik - schätzungsweise 0,14g Kokain in den Körper aufnehme. Andere Quellen sprechen von Blattmengen bis zu 70g pro Tag. In beiden Fällen wird Kokain in einer Menge aufgenommen, die im Bereich des Kokainismus als hohe Dosis gilt. Die langsame und unvollständige Freisetzung des Wirkstoffes (zusammen mit dessen effektiver Umsetzung im Verdauungstrakt, so eine These) unterscheiden diese traditionelle Form des Konsums jedoch grundsätzlich von allen Formen des Kokainismus, bei denen der Wirkstoff wesentlich schneller und in konzentrierter Form aufgenommen wird."
"Einige Basisinformationen über die Gewinnung von Kokain
Wo bisher von Kokainismus oder Kokain die Rede war, bezieht sich der Terminus auf die reine, kristalline Form. Kokain-Hydrochlorid (HCL). ein weißes Pulver, das für gewöhnlich chemisch sauer reagiert und wasserlöslich ist. Seine Gewinnung aus den Blättern des Kokabusches verläuft in mehreren, in der Praxis räumlich voneinander getrennten Schritten:
1. Die Blätter werden zunächst geerntet und zum Trocknen in der Sonne ausgelegt.
2. In einer ersten Phase werden die Alkaloide zusammen mit anderen Inhaltsstoffen extrahiert, indem man die Blätter in einem Gemisch aus Schwefelsäure, Kerosin. Wasser und verschiedenen Karbonaten einweicht, wodurch man - meist unter Stampfen oder Auspressen - eine weißliche Flüssigkeit gewinnt, die in einem Gerinnungsprozess zu Paste eindickt, der sog. pasta básica (PBC) oder (in Kolumbien) bazuko (oft fälschlich auch Kokainsulfat oder Sulfatbase genannt). Je nach Alkaloidgehalt der Pflanzen und Effektivität des Extraktionsverfahrens erhält man aus 300 - 500kg Kokablättern etwa 2.5kg PBC. Dieser Vorgang ist relativ einfach und die dazu notwendigen Chemikalien sind in den entsprechenden Mengen vergleichsweise problemlos erhältlich. Die notwendige Hardware beschränkt sich auf einige Plastikeimer oder -wannen und -folien. mit denen Erdmulden ausgelegt oder mit Hilfe von Pflöcken künstliche Becken errichtet werden. Wegen der enormen Volumina an Kokablättern, die dazu nötig sind, wird PBC in der Regel in der Nähe der Pflanzungen hergestellt. Der in der Literatur erwähnte Transport getrockneter Kokablätter zu den Orten der Weiterverarbeitung ist eher Ausdruck unsicherer Verhältnisse im Rahmen der Illegalität oder mangelhafter Infrastruktur - jedenfalls auf dieser Stufe der Produktion recht umständlich und unwirtschaftlich.
3. Kokain (HCl) gewinnt man daraus durch ein vergleichsweise kompliziertes Verfahren, dessen Beherrschung einiges chemisches Wissen verlangt, mit Hilfe einer Reihe z.T. in den erforderlichen Mengen in den Anbaugebieten schwierig zu beschallender (Chemikalien, wie Salzsäure, Aceton, Äther, Potassium Permanganat, Ammonium, Kerosin, Kalziumkarbonat, Soda, Schwefelsäure. Diese Weiterverarbeitung findet daher im Regelfall an anderen Orten statt, für deren Auswahl neben der Infrastruktur die Klandestinität entscheidendes Kriterium ist, die in den Regionen der relativ arbeitsintensiven Kokaproduktion und deren Transformation zu PBC nicht gegeben ist.
1. Zunächst führt ein Reinigungsprozess unter Zuhilfenahme von Filtern, Aceton, Äther, Pottasche, Ammoniak u.a. zur Kokainbase oder pasta básica lavada (PBL - chem. C17 H21NO4).
2. Unter Verwendung von Salzsäure, Äther und Aceton gewinnt man daraus Kokain-Hydrochlorid (HCl chem. C17 H21NO4Cl). Dabei ergeben grob 2,5 kg PBC zunächst l kg PBL und später l kg HCl."