Beispiele tantrischer Rituale

Das Devi-chakra (Kreis der Göttin) kennt keine Kastenunterschiede.

Alle sitzen im Kreis vor dem Altar der Gottheit, die zunächst angerufen worden ist, und hat neben sich an der linken Seite seine Shakti als Symbol der aktiven, schöpferischen, weiblichen Energie des Kosmos. Das ist normalerweise die Ehefrau, kann aber auch eine Gefährtin für nur diesen Gottesdienst sein.

Dann wird ein Krug (Kalasha) auf ein mit Zinnober gezeichnetes Yantra (geometrische Darstellung der göttlichen Energie) gestellt. In Südindien wird eine Kokusnuss verwendet, die als Symbol der Yoni das weibliche Naturprinzip und die Fruchtbarkeit meint.

Während der folgenden Meditation, bei der die Vorstellung der Vereinigung von Gott und Shakti im Krug eine Rolle spielt, verwandelt sich der Palm- oder Reiswein im Krug in göttlichen Nektar.

Darauf legen die Teilnehmer purpurne Blumen in den Krug. Es folgt eine Zeremonie zur Abwehr böser Einflüsse. Während dieser Zeit der rituellen Handlungen tanzt eine Tänzerin, die nur mit Schmuck bekleidet ist im Lichte flackernder Öllampen und im Duft von Weihrauchstäbchen vor der Gottheit.

Denn Ich, Shiva, ich bin das Sperma,
und der rote Saft ist meine Shakti:
Wenn diese beiden verschmelzen,
vereinige Ich Mich mit Ihr!
Und das ereignet sich,
Ihr Körper wird der eines Gottes.

Shiva-samhita

Die Anhänger vollziehen dann im Kreis sitzend den Ritus der fünf M: es werden beim Ritus fünf Becher Wein als göttlicher Nektar getrunken (madhya), zum ersten Becher wird Fleisch eines Blutopfer als Körpernahrung gegessen, das warme Blut bekommt der Gott (mamsa), zum zweiten Becher wird Fisch als Förderer der Zeugungskräfte gegessen (matsya),und zum dritten Becher geröstetes Korn als Bindeglied zur Erde (mudra) und danach wird der sexuelle Akt als Aktivierung der Kräfte des Werdens vollzogen (maithuna).

Auch die letzte Stufe mithuna, der sexuelle Akt, unterliegt strengen Regeln:
Der Mann hält seine rechte Hand über den Kopf der Frau und rezitiert 100mal ein Gebet an den Liebesgott Kama. Dann hält er seine Hand über ihre Stirn, wiederholt die 100 Mantras, dann legt er seine Hand auf ihren Hals und sagt 20 Mantras, berührt ihre Brust mit 100, ihr Herz mit 10, ihren Nabel mit 25 Mantras, legt seine Hand auf ihre Yoni und spricht 108 Mantras und auf seinen Lingam mit ebenfalls 108 Mantras. Bei dem eigentlichen Akt muss er große Zurückhaltung üben, die Shakti in den Zustand höchster Ekstase versetzen, bestimmte Stellungen einnehmen, von denen jede ihren Zweck besitzt und beim Orgasmus muss der Mann über die Gottheit meditieren und Fruchtbarkeitsmantras sprechen.