Die religiösen und sittlichen Vorstellungen in Kambodscha
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Der Buddhismus. Geisterglauben. Die hl. Frau Penh. Die Hausgeister. Der kommunistische Religionsersatz "Angkar". Die christlichen Religionen. Der Islam. Verhaltensregeln für Frauen und Männer.
Heute ist der Buddhismus des kleinen Fahrzeugs die Staatsreligion Kambodschas (Hinayana- bzw. Theravada-Buddhismus) Es soll 95% Buddhisten, 2% Muslime (vorrangig ethnische Cham) und 0.2% Christen geben. Aber die Kambodschaner wenden sich an viele religiöse Helfer. Sie stammen aus dem Hinduismus, dem Buddhismus und dem Animismus.
Blick in einen Klostertempel mit den Figuren von Buddha und seinen Lieblingsjüngern
Im 3. und 4. Jahrhundert verbreitete sich der Hinduismus durch die vorbeiziehenden indischen Händler und auch der Buddhismus gewann immer mehr Anhänger.
Nach dem Glauben an die hinduistischen Götter (vor allem Shiva und Vishnu) führten die Könige den Glauben an die buddhistischen Nothelfer ein, um dann später zur strengen Form des Theravada-Buddhismus überzugehen, in dem nur die 101 Bücher (Tripitakas, drei Körbe) mit den Reden Buddhas, den Ordensregeln und den Geschichten von den Wiedergeburten Buddhas gelten. Den meisten Menschen genügen aber diese Lehren nicht zur Erlangung ihres Glücks in diesem und in ihrem nächsten Leben. Darum greifen sie auch auf andere erprobte, übermenschliche Kräfte zurück, auf die Geister ihrer Vorfahren und die Götter Indiens. Diese mächtigen Geister, nicht Buddha, regeln das Zusammenleben der Menschen, sie drohen, bestrafen und belohnen.
Geisterglauben
Die älteste Religion ist wohl der Glaube an die „Mutter Erde“, der die Menschen stark an den Boden bindet und dessen Einfluss bei den Minderheiten heute noch offensichtlich ist. Wenn in vielen Geisterhäuschen ein großer flacher Stein liegt, dann ist dieser sicherlich ein Symbol für die Naturkraft, an der die Naturgeister teilhaben.
Geisterhaus mit einem Steinsymbol
Viele Handlungen im Alltag sind bestimmt vom Glauben an den Einfluss dieser Geister, denen man Verehrung und Opfer darbringen muss, wenn man nicht riskieren will, dass sie sich rächen. Der Glaube an die Geister des Landes ist sehr weit verbreitet. Ihnen werden viele Opfergaben wie Weihrauchstäbchen, Früchte, auch Hühner etc. gebracht. An den Eingängen zu den meisten Dörfern und auch Gehöften steht ein Opferhäuschen, das ihnen geweiht ist. Krankheiten, Tod und Unglück werden diesen Geistern zugeschrieben, die sich rächen, wenn ihnen die geschuldete Aufmerksamkeit und Verehrung nicht gezollt wird.
Man glaubt, dass die Seelen der Verstorbenen (Me-Ba, weibliche und männliche Vorfahren) in der Nähe ihrer alten Wohnorte leben. Als Beschützer heißen sie Arak. Wenn sie zu Beschützern eines Dorfes, einer Provinz, eines Waldes oder eines Baumes werden, nennt man sie Neak Ta, z.B. Yeay Tep (ältere Frau Tep) oder Chumteav Mao (gnädige Frau Mao). Immer wenn jemand eine Tätigkeit beginnt, muss er Neak Ta dies mitteilen und um Erlaubnis fragen.
Der Berggeist Chantoo in einem Tempel in Sen Monorom,
Ostprovinz Mondulkiri
Die Geister
Arak Chantoo, der Berggeist, steht an der Spitze der Geister.
Arak Bree, der Waldgeist, muss bei Waldrodungen konsultiert werden.
Arak Long and Arak Ghree müssen die Erlaubnis für das Fällen von Bäumen geben.
Arak Gow beschützt die heiligen Steine und bringt Kopfschmerzen und Krankheit,
wenn man auf die Steine tritt. Dann müssen die Steine mit dem Blut von
Opfertieren gewaschen werden. Nachdem die Dorfbewohner Fleisch, Blut und
Reisbier zu sich genommen haben, werden die Reste für 24 Stunden den Geistern
überlassen.
s. meinen Bericht über die Bergvölker der Kreung und Phnong
Beispiel für eine vergöttlichte Frau
Frau Penh hat hinter dem Wat Phnom eine eigene Verehrungskapelle, wo sie Nahrungsgaben (Schweine und Hühnchen u.ä.), Geld und Kosmetika entgegennimmt.
Die Legende der hl. Frau
Eine wohlhabende Witwe namens Penh lebte am Ufer des Tonle-Sap-Flusses. Als dieser eines Tages anstieg, schwemmte die Flut einen Baumstamm ans Ufer. Frau Penh entdeckte in seinem hohlen Inneren vier kleine Buddha-Figuren und eine steinerne Götterstatue. Voller Freude ließ sie einen Erdhügel aufschütten und darauf eine Pagode errichten, um den Statuen ein Zuhause zu schaffen. 1372 wurde das Heiligtum eingeweiht und nach der Stifterin Wat Phnom Don Penh (Kloster auf dem Berg Frau Penhs) genannt. Heute noch ist der Wat Phnom, der später namensgebend für die Stadt Phnom Penh (Berg der Penh) werden sollte, ein wichtiges Heiligtum.
Frau Penh-Statuen im Wat Phnom und im Park des
Königspalastes
Die chinesischen und vietnamesischen Gläubigen suchen insbesondere den auf der Nordseite des Hügels etwas tiefer gelegenen Tempel Preah Chau auf. Dort werden jede Menge Gottheiten verehrt, neben dem Schutzgeist des Wat Phnom, Preah Chau, daoistische Gottheiten und eine achtarmige Vishnu-Statue. Opfertische für Nahrung und Geld, Öfen zum Verbrennen von Scheingeld, Wahrsager, Astrologen, Wurfstäbe zur Bestimmung von Entscheidungen und Glück, Käfigvögel zum Freilassen - eine chinesische Religionswelt.
Buddhistisches Segensritual mit Weihwasser. Das
Dach eines Tempels wird immer von Kinaris (mythologischen Vogelmenschen) oder
Apsaras getragen.
Die Hausgeister
„Heben des Hauses“, das Aufstellen der Säulen und des Grundgerüstes: der Hausbau findet in der Trockenzeit möglichst in der zweiten Wochenhälfte statt. Der günstigste Tag der Segnung des fertig gestellten Hauses wird durch einen Astrologen bestimmt. Dann werden vier Mönche für die eigentliche Zeremonie, das Beten und das Besprengen mit Wasser, bestellt. Abschließend wird die Funktion der einzelnen Räume benannt und die hölzerne Hauptsäule zum Beschützer des Hauses ernannt. In der Säule soll eine weibliche Beschützerin wohnen. Ist die Säule, wie meist bei neueren Häusern, aus Beton, dann wird ein Schrein aufgestellt, der aus der chinesischen Tradition stammt und „Großvater und Großmutter“ genannt wird. Es kann aber auch ein Geisterhäuschen mit einem symbolischen Stein sein. Es gibt auch jugendliche Geister, die in kleinen Häuschen zum Aufhängen wohnen. Diese kann man auf den Märkten für 25 Dollar kaufen. Den Geistern werden zum Zeichen der Aufmerksamkeit Früchte und Blumen hingestellt und Räucherkerzen abgebrannt.
Der kommunistische Religionsersatz
"Angkar"
(s. ergänzende Seiten: Die Zeit der
Roten Khmer)
"Angkar
sieht und hört alles, auch die Gedanken.
Angkar ist allmächtig! Angkar ist der Retter und Befreier aller Khmer.
Auch wenn ihr schwach seid, liebt euch der Angkar. Viele Menschen haben euch
verletzt, aber von jetzt an wird euch der Angkar beschützen!"
(nach Loung Ung, First they killed
my father, A daughter of Cambodia remembers)
Angkar (auch Angka), Kurzform von Angka padevat ("revolutionäre Organisation") war eine Bezeichnung, hinter der sich die Roten Khmer und ihr Führer Pol Pot verbargen. Erst in einer Rede vom 27. September 1977, also zweieinhalb Jahre nach der Machtübernahme, gab Pol Pot zu, dass sich hinter Angkar die Kommunistische Partei Kampuchea verbarg.
Die Roten Khmer verboten die öffentliche Verehrung der Geister. Sie wollten mit ihrer Organisation (Angkar) das Leben der Menschen grundlegend verändern und umgestalten. Die alten traditionellen Werte wie Achtung vor dem Alter und vor Vorgesetzten wurden uminterpretiert und auf die neue Führung der Roten Khmer bezogen. Auffällig ist, dass die neue Ordnung von Angkar durchaus „religiöse” Qualitäten aufwies. Die von den Roten Khmer verkündeten „12 Gebote„ forderten nicht nur unbedingten „Gehorsam” für Angkar, sondern auch „Liebe”, „Achtung” und „Dienst”. (Francois Ponchaud)
Zu den „drei Bergen” – Imperialismus, Feudalismus und Kapitalismus – welche die Roten Khmer abtragen wollten, gehörte auch der „Buddhismus”, gegen dessen „feudalistische Praktiken” Front gemacht wurde. Dies geschah vor allem durch die physische Vernichtung von Mönchen und Nonnen, von denen in der Zeit der Schreckensherrschaft über 25.000 ihr Leben verloren haben sollen. Das Mönchtum wurde offiziell abgeschafft, und alle Mönche und Nonnen mussten ihre Klöster verlassen. 1975 gab es in Kambodscha bei einer Bevölkerung von sieben Millionen 60,000 Mönche, 1979 nur noch 3.000.
Im Jahr 2003 gab es in Kambodscha 3.798 Pagoden, mehr als vor der Zeit der Roten Khmer (3.369 Pagoden), in der mehr als 2.000 Pagoden zerstört wurden. Ebenfalls die Zahl der Mönche ist auf 34.000 gestiegen.
Kirche in Dak Dam Village, Mondulkiri
Die christlichen Religionen
Die Zahl der Katholiken belief sich Anfang des Jahres 2004 auf ungefähr 19.000. Die Vikariate sind alle mit ausländischen Bischöfen und etwa 50 Priestern besetzt, die ebenfalls Ausländer sind, bis auf fünf einheimische Khmer-Priester. Alle ausländischen kirchlichen Kräfte befinden sich nur mit einem zeitlich befristeten Visum als Mitarbeiter von Nichtregierungs-Organisationen (NROs) im Lande.
Am 28. Februar 2003 hat das „Ministerium für die Kulte und die Religionen” Richtlinien gegen „Aggressiven Proselytismus” erlassen, die sich gegen Formen von Missionsarbeit bestimmter evangelikaler und fundamentalistischer christlicher Gruppen richten und vor allem verbieten, andere Religionsgemeinschaften herabsetzen. Diese Richtlinien sollen dazu dienen, Spannungen zwischen Christen und Buddhisten zu vermeiden. Die Richtlinien legen fest, dass zwischen Gottesdienstgebäuden (maisons de culte) jeweils ein Abstand von mindestens zwei Kilometern eingehalten werden müsse. Verboten wird ferner, von Haus zu Haus zu ziehen, um Missionsarbeit zu betreiben und auf den Straßen öffentlich zu predigen. Diese Art der Verkündigung stelle eine Verletzung der Privatsphäre dar und störe das friedliche Zusammenleben im Alltag.
Buddhisten protestierten z.B. gegen einen Text in einem christlichen Lehrbuch, in dem die Forderung erhoben wurde, „die Interessen Gottes über alles andere zu stellen”. Die Buddhisten gingen vor Gericht, weil dieser Passus gegen den Artikel 43 der kambodschanischen Verfassung verstoße, die festlegt, dass der Buddhismus die Staatsreligion des Landes ist. Der Theravada-Buddhismus kenne keinen persönlichen Gott, der über allem stehe. Im November 2002 ordnete der Minister für Kulte und Religionen an, dass diese Passage gestrichen werde.
„Trotz der Anstrengungen von Missionaren und der langen katholischen
Einflussnahme unter den Franzosen bekennt sich weniger als 1% der Bevölkerung
zum Christentum. Von Phnom Penhs katholischer Kathedrale ist durch den
Zerstörungseifer der Roten Khmer nicht ein einziger Stein erhalten geblieben.
Heute betätigen sich über 100 christliche NGOs und missionarische Gruppierungen
ungehindert in Kambodscha, die in der Schulbildung (insbesondere
Englischunterricht), der medizinischen Versorgung und ländlicher Entwicklung
wertvolle Dienste leisten, ohne jedoch viele Anhänger für die Religion gewinnen
zu können”.
(Berlin 2003, Beverly Palmer, Travel Handbuch
Kambodscha)
missio - Menschenrechte - Studien
Überschwemmtes Seeufer des Tonle Sap
Der Islam
Der Islam verbreitete sich später von Indien und Malaysia aus und brauchte mehrere Jahrhunderte. Die Islamisierung begann mit der Auswanderung der ersten Cham nach Kambodscha im 15. Jahrhundert. So wie die älteren Religionen sich miteinander vermischten und auch animistischen Geisterglauben in sich aufnahmen, so vermischte sich in den ländlichen Gebieten auch der Islam heute mit animistischen Elementen.
Vor der Machtübernahme der Roten Khmer lebten in Kambodscha etwa 250.000 Muslime aus ethnischen Gruppen der Cham (ca. 90% der Muslime in Kambodscha) und der Malai. Von den Roten Khmer wurden Moscheen gezielt in Schweineställe umgewandelt, und die Muslime gezwungen, Schweinefleisch zu essen.
Die kambodschanische Form des Islam hat Elemente aus vor-islamischer Zeit in sich aufgenommen, z.B. im Gebrauch der traditionellen Medizin, die auch magische Praktiken einschließt. Seit 1995 wurden mehr als 150 Moscheen gebaut, meist finanziert von Saudi-Arabien. Die vom Gedankengut der saudi-arabischen Wahhabiten beeinflussten ‚Reformer’ wenden sich gegen traditionelle Heiratsbräuche, gegen den Einsatz traditioneller Musik, gegen die Verehrung der toten Ahnen und gegen viele Bräuche der Volksreligiosität.
Verhaltensregeln für Frauen und Männer
Regeln, mit welchen Gesten man betet und
welche Kleiderfarben die Frauen des Königs an den Wochentagen getragen haben.
Nach dem "Chbab Srey", den Verhaltensnormen für Frauen, die im Literaturunterricht in der Schule behandelt werden, ist eine Frau ihrem Mann nicht gleichgestellt, was sich in vielen Regeln äußert. Sie darf z.B. ihn nicht beschimpfen, ihm nicht widersprechen, nicht übertrumpfen, seinen Kopf nicht berühren, nicht über seine Beine steigen, ihm im Schlaf nicht den Rücken zuwenden, nicht vor dem Mann essen. Die gegenseitige Anrede von Eheleuten ist älterer Bruder bzw. jüngere Schwester, auch wenn sie gleich alt sind. Im Alter dürfen sie Alter bzw. Alte oder Vater bzw. Mutter von Kind A. sagen. Die Macht der Frauen liegt allerdings in ihrer Rolle als Verwalterin des Geldes.
Auch für den Mann gibt es Verhaltensnormen ("Chbab proh"). Er muss für das Feuer, Brennholz, Wasser sorgen, das Feld bestellen, soll keine Mühe scheuen, in der Freizeit Körbe flechten, sich von seiner Frau beraten lassen, Alkohol und Glücksspiel meiden.
"Männer sind Gold, Frauen sind Stoff" ist eine Redensart in Khmer, die den geringeren sozialen Wert von Frauen ausdrückt. Die Vorstellung, dass Frauen abgenutzt, zerrissen und beschmutzt werden können, Männer jedoch nicht, ist weit verbreitet.
Die Eltern stehen an der Spitze der Hierarchie, sie werden verehrt und geliebt. Hochzeiten werden arrangiert. Dabei zahlen die Eltern des Mannes eine bestimmte Summe und die Eltern der Braut richten das Fest.
Erst die Roten Khmer schafften die Vielehe ab. Ein König hatte 200-300 Frauen nach den religiösen Vorbildern, z.B. der Hinsu-Gott Vishnu-Krishna hatte 16 100 und Ravana 100 000 Frauen.
Viele Männer "essen nicht nur aus dem eigenen Topf."
"Kinderboot" auf dem Tonle Sap
Traum von einem Ehemann (nach Sam Samnang)
O
Blüte, Blüte der Baumwollpflanze, maßlos erfüllt mich Freude,
ich bekomme einen Mann, Mutter suchte mir einen aus.
Ich
dachte, ich werde eine Dame
Ich dachte, ich werde eine Dame,
doch der Mann baut Reis an.
Mein
Herz verdorrt, sitzen und weinen möchte ich nur.
Mutter, du hättest mich nicht zwingen sollen.
Wenn
er Beamter wäre,
wenn er Beamter wäre.
So einen nähm ich auch als Greis, ich sage nicht nein.
Wenn sich bei den Minderheiten ein Junge um eine Frau bemüht, dann legt er abends ein Holzscheit vor das Haus der Umworbenen. Wenn diese das Scheit hineinholt, dann ist das ein Zeichen für eine positive Antwort. Die Rollenverteilung ist bei den Minderheiten besonders stark traditionell geprägt. So weigerten sich z.B. bei den Tänzen die mittanzenden Männer, Geräte der Frauen in die Hand zu nehmen. Sie würden im Dorf das Gesicht verlieren und ausgelacht werden.
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Die Regierung Kambodschas hat temporär die Ehe zwischen Kambodschanerinnen und koreanischen Männern verboten, um das Brautgeschäft per Mail-Bestellung zu unterbinden. Bei einer Heiratsabsicht müssen Männer sich wenigstens einen Monat im Land aufgehalten haben, was die Koreaner oft ignorieren. Die Regierung erließ dieses Gebot, nachdem eine Frau verhaftet wurde, die 25 kambodschanische Mädchen in einer Reihe aufgestellt hatte, damit ein koreanischer Kunde sich seine Ehefrau aussuchen konnte. (22.3.2010)
s. dazu Christas Photogalerien:
die Kreung-Minorität,
die animistischen Phnong,
Dorf und Friedhof der Kachork,
exotische Nahrung und Verkehr