Kamerun II
Kamerun II
Kamerunkarte mit den Grenzen von 1911, 1914 und 2005
Aus dem Inhalt:
-Der Umgang der deutschen Kolonialverwaltung mit den Douala
-Das Kamerun-Spiel oder King Bell und seine Leute
-Die Sehnsucht der Deutschen nach ihrer alten Kolonie Kamerun. Hitler wird helfen.
-Der deutsche Eisenbahnbau
-Kamerun als englisches und französisches Mandats-bzw. als Treuhandgebiet der UNO, 1922-1961
-Zur Aidsproblematik
-Kameruns Löwen! Die Bedeutung des Fußballs
-Die Medien und Sprachen
Teeplantagen am Kamerunberg
31 Jahre deutsches "Schutzgebiet" Kamerun.
Vor und während der Reise war mir eigentlich gar nicht recht bewusst, dass es noch immer starke Verbindungen dieses Landes mit der ehemaligen Kolonialmacht Deutschland gibt. Neu war für mich, wie die Deutschen dieses Land erobert haben, wie sehr sie in den 30 Jahren der deutschen Zeit Kameruns das Land verändert haben und dass nach dem Verlust der Kolonie in den zwanziger Jahren des 20. Jh. eine erneute Besiedlung des Landes durch Deutsche einsetzte, die durch den 2. Weltkrieg beendet wurde. Neue Initiativen einer Verbindung mit dem inzwischen selbständigen Staat setzten erst in den letzten Jahren ein. (s. Verein Deutsch-Kamerunische Brücke, wirtschaftliche und sportliche Hilfe).
Auf dem Friedhof von Douala, der ersten Hauptstadt Kameruns (1885-1901), weisen viele deutsche Gräber darauf hin, dass die Verstorbenen auf Grund des ungesunden, heiß-schwülen Klimas bereits vor dem 30. Lebensjahr an Malaria und Dysenterie verstorben sind. 1911 gab es in Kamerun 29 Ärzte, die vorwiegend gegen die Schlafkrankheit, Malaria, Pocken, Lepra, Dysenterie und Geschlechtskrankheiten eingesetzt waren.
1890 lebten in Kamerun, das etwa die doppelte Größe der BRD hat, ca. 4 Mio Menschen, 105 Europäer, davon 65 Deutsche.
1899 beträgt die Anzahl der Europäer 425, davon ca. 350 Deutsche.
1912 hat das Land ca. 4,6 Mio Einwohner, davon ca. 1900 Weiße, gut 1000 davon aus Deutschland.
1911 wurde die Fläche Kameruns um etwa 50% durch Teile von französisch Zentralafrika und französisch Kongo vergrößert als Kompensation für den Verzicht Deutschlands auf Rechte in Marokko zugunsten Frankreichs.
Im Gebiet des Kamerunberges stießen wir bei unserer Reise mehrfach auf deutsche Spuren. Nachdem sich bereits 1868 das Hamburger Handelshaus Woermann an der Mündung des Wouri an der Kamerunküste niedergelassen hatte, begann am 14.7.1884 mit der Hissung der deutschen Flagge in Duala die deutsche "Schutzherrschaft" über Kamerun.
Interessant ist, dass die Herrschaft über dieses Land sowohl von Bismarck als auch vom Reichstag nur sehr widerwillig angenommen wurde. Treibende Kräfte waren zunächst zwei Handelshäuser in Hamburg und Bremen und später die überall entstandenen Kolonialvereine, die eine "Missionierung" der Welt durch das Deutschtum wollten. Schließlich waren die Engländer, Franzosen, Spanier und Portugiesen dabei, die letzten nicht besetzten Teile der Welt unter sich aufzuteilen, um sie wirtschaftlich auszubeuten. Die Deutschen hatten 1871 gerade erst ihre politische Einheit hergestellt und hatten nicht eine Expansion von Herrschaft in andere Weltteile im Sinn. Vor allem scheuten die Politiker vor zu hohen Kosten bei dem Schutz und der Erschließung des Landes zurück.
Bis 1890 galten in der Reichsregierung und im Reichstag die Grundsätze "Kolonien dürfen den Fiskus nichts kosten." und "Kein Geld für das giftige Sumpfnest Kamerun!"(Nuhn S.188) Bismarcks Idealvorstellung war eine Kolonie unter Verwaltung der Handelsgesellschaften, die schließlich den wirtschaftlichen Profit hatten, was diese aber wieder wegen der zu erwartenden Kosten ablehnten. Im Reichstag war ebenfalls eine Mehrheit gegen eine Finanzierung durch Steueraufkommen. Die Annexion wurde vorwiegend durch Abenteurer/Forscher und die beiden Handelshäuser in Hamburg und Bremen vorangetrieben. Dann entwickelte sich ein Wettrennen zwischen den europäischen Mächten um die Besetzung der letzten freien Teile Afrikas. Deutschland gelang es in Kamerun, den Engländern 5 Tage zuvorzukommen. Damit begann die allmähliche, widerwillige Erschließung des Landes mit einem Minimum an Beamten und Kosten. Diese Vorgänge sind spannend und detailliert in dem Buch "Kamerun unter dem Kaiseradler" von W.Nuhn beschrieben (1995,2000). Die Kriegszüge der Deutschen und die Aufstände der Schwarzen dauern bis zum 1.Weltkrieg an.
Der von Puttkamer errichtete Gouverneurspalast (sog. "Puttkamerschlößchen") brachte ihm wegen seiner verschwenderischen Ausstattung heftige Kritik ein. Seine Amtszeit stand im Zeichen der expandierenden Pflanzungswirtschaft rund um den Kamerunberg. Auf Puttkamers Initiative ging die Verlegung des Regierungssitzes von Douala nach dem gesünder gelegenen Buea am Kamerunberg (1901) zurück.
Erst 1902 erreicht eine deutsche Truppe unter Pavel die nördlichen Teile Kameruns, den Tschadsee.
Mich interessierte vor allem die Frage, wie die Deutschen bei der Unterwerfung des Landes vorgingen. Aus Gesprächen mit Einheimischen hörten wir immer ein recht positives Bild der deutschen Kolonialzeit heraus. Dabei wurde das Verhalten der Deutschen mit dem der Engländer und vor allem mit dem der Franzosen verglichen.
Trotz des brutalen Vorgehens gegen die Bevölkerung, genoss das Deutsche Reich nach dem 1. Weltkrieg ein hohes Ansehen in Kamerun, was darauf zurückgeführt wird, dass die deutsche Kolonialverwaltung bereits eine kleine indigene Elite herangezogen hatte, die nicht vergaß, wem sie ihren Aufstieg zu verdanken hatte, deren Ruf nach dem Deutschen Reich allerdings auch gegen die Kolonialpolitik Frankreichs und Englands gerichtet war.
F.Warner berichtet in seinen Erlebnissen eines Pflanzers in Kamerun, dass 1932 eines Tages ein Negerjunge mit den Worten zu ihm gekommen sei: "Du bist ein deutscher Herr und ich liebe bei dir zu arbeiten." Auf die Frage, woran er ihn als Deutschen erkannt habe, sagt er: "Andere Massa lieben nicht in der Sonne zu gehen, nur Deutsche wandern im Busch." An einer anderen Stelle seines Romans berichtet er von den älteren Eingeborenen, den Weißhaarigen, die "sich auch heute noch mit Stolz der Zeiten erinnern, als sie auf deutschen Pflanzungen arbeiteten oder später in den Reihen der Schutztruppe, an der Seite ihrer vergötterten Offiziere, für Deutschland kämpften. Wie oft wurde ich von einem solchen Weißkopf mit leuchtenden Augen nach meinem Mutterland gefragt, und ob denn nicht bald wieder die "Germanmassa" kommen würden."
Die individuellen "Exzesse" kolonialer Gewalt sorgten in der Heimat vor allem deshalb für Empörung, weil hier offenbar eine Umkehr des Ideologems von der "Zivilisationsmission" zu beobachten war: Die vermeintlichen Kulturträger entpuppten sich in der Fremde selbst als "Barbaren".
Unser Fahrer aus Douala
Im blauen Palast des tiefen Meeres
Wohnt ein seltsames Wesen.
Seine Haut ist weiß wie Salz,
Sein Haar lang und geflochten wie Seegras.
Es ist größer als die Fürsten der Erde.
Sein Kleid ist wie das von Fischen,
Fischen, die reizvoller sind als Vögel.
Sein Haus ist errichtet aus Messingstäben.
Sein Garten ist ein Wald von Tabakpflanzen.
Auf seinem Land sind weiße Perlen ausgestreut,
wie Sandkörner auf dem Meeresstrand.
(nach W.W.Reade, „Savage Afrika“, 1863, Camma, Gabun, Westafrika)
Der Umgang der Kolonialverwaltung mit den Douala
Mit dem Stamm der Douala an der Küste, denen die Deutschen zunächst einen freien Zwischenhandel mit dem Hinterland zugestanden hatten, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Drei Stammesführer wandten sich 1905 mit Beschwerden an den Reichstag in Deutschland, u.a. mit der Beschwerde, dass zwei angesehene Männer, nachdem sie auf einer Versammlung geäußert hatten, dass das Volk nicht imstande sei, die eingeführte Kopfsteuer zu zahlen, bereits am folgenden Tag zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und Zwangsarbeit verurteilt worden seien.
Des weiteren, dass die schreckliche Gewohnheit herrsche, dass für jedes geringe Vergehen mittels einer Seekuhpeitsche oder eines dicken in Kohlenteer eingetauchten und in scharfem Sande umgewühlten und steif getrockneten Taus ohne Rücksicht der Person mit 25 Hieben gepeitscht werde, öfters sogar mit 75 Hieben in Raten.
Ein weiterer Punkt war, dass zwei junge eingeborene Mädchen, die bereits verlobt waren, von den höchsten Beamten gewaltsam den Eltern abgekauft wurden. Das erste Mädchen wurde von Herrn Regierungsrat v. Brauchitsch für 650 Mark gekauft und geheiratet. Das zweite Mädchen wurde im gleichen Monat von Herrn Oberrichter Dr. Meyer gekauft und geheiratet.
Die Beschwerdeführer wurden darauf vom Gouverneur v. Puttkamer wegen Hochverrats, öffentlicher Aufforderung zu Ungehorsam gegen die Obrigkeit, öffentlichen Angriffs gegen Staatseinrichtungen und verleumderischer Beleidigung verurteilt trotz der Proteste der in Douala tätigen Basler Mission, der Stammesführer zu 9 Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit, obwohl die Beschwerden als wahr anerkannt wurden. Auch nach Einschaltung des deutschen Reichtages wurden die Strafen nicht aufgehoben, sondern nur reduziert.
Das Versagen der deutschen Kolonialverwaltungen zeigte sich ebenfalls in den anderen afrikanischen Kolonien. 1904 kam es zum großen Hereroaufstand und dem Aufstand der Nama-Hottentotten in Deutsch-Südwestafrika (Namibia), 1905 zum Aufstand fast aller Völker in Deutsch-Ostafrika (Tansania).
Die Lok "Gouverneur Ebermaier" in einem Schuppen in Tiko soll wieder für Touristen aktiviert werden.
Der deutsche Eisenbahnbau
Zunächst baute man die "Kakaobahn" von Viktoria nach Soppo, dann begann 1904 die Kamerun-Eisenbahngesellschaft nach harten Debatten um eine Reichsgarantie für das finanzierende Bankenkonsortium mit dem Bau der Nordbahn von Duala durch den 150 km breiten Urwaldgürtel zum 2400 m hohen Manenguba-Gebirge. Für die Strecke nach Nkongsamba im Grasland brauchte man 4 Jahre Bauzeit. Die nächste Strecke wurde 1907 von Duala nach Eseka gebaut in Richtung Yaounde. Befahrbare Straßenstücke gab es nur in Küstennähe. Die Holzbrücken waren durchweg sehr unsicher. Bisher wurden die Produkte des Hinterlandes, Wildgummi, Ölkerne, Kaffe, Kakao, Bananen, Kassada (Maniokknollen) und Erdnüsse mit Trägern zur Küste transportiert. Erst 1908 wurden Kinder von Trägerdiensten ausgeschlossen und die Last auf 30 kg beschränkt.
Gouverneur Ebermaier lässt King Bell, den Stammesführer der Duala, der gegen die Zwangsenteignungen der Duala immer wieder in Kamerun und in Deutschland protestiert hatte, trotz der Einsprüche der Pallotiner und Basler Missionare kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges wegen Hochverrats verurteilen und hinrichten.
Das Kamerun-Spiel oder King Bell und seine Leute
Als Weihnachtsgeschenk für die ganze Familie empfahl sich Das Kamerun-Spiel oder King Bell und seine Leute, ein Produkt des Leipziger Militaria-Verlags Moritz Ruhl, der später vor allem durch seine Prachtbände über Uniformen (speziell die der deutschen Schutztruppen) bekannt wurde. Das reich ausgestattete Kartenspiel nahm Bezug auf die Ereignisse des Jahres 1884, als das deutsche Kanonenboot „Möwe“ in den Kamerunfluss eingelaufen war und wenig später die Könige Bell und Akwa mit diversen Unterhäuptlingen die Abtretung der
Hoheitsrechte unterzeichneten.
Das Spiel ist geprägt durch Auszeichnungs- und Bestrafungsaktionen, die sich in neutralerer Form in vielen Gesellschaftsspielen eingebürgert haben und in diesem „schwarzen Monopoly“ quasi eine Grundlegung erfuhren. Hinrichtungen, gnadenhalber und gegen Zahlung von Spielgeld in Verbannung umgewandelt, gehören ebenso dazu wie Belohnungen für „Gesang in der Negersprache“, der den Kolonialherren „Ergötzen“ bereitet hat. Die Duala, die Ureinwohner Kameruns, agieren in der Spielhandlung stereotyp entweder als folgsame Unterstützer deutscher Interessen oder als böswillige Aufrührer und Diebe. Ihre Kulthandlungen werden wenn sie nicht als Spektakel zum Vergnügen
der Weißen einsetzbar sind als heimtückische Hexerei verworfen.
Ein Plakat mit dem Bild Hitlers in Jaounde 2008
Die Sehnsucht der Deutschen nach ihrer alten Kolonie Kamerun. Hitler wird helfen.
Ab 1916 siedeln sich deutsche Siedler aus Kamerun im benachbarten spanischen Rio-Muni (heute Äquatorialguinea) an.
1917 veliert Deutschland bedingt durch den Kriegsverlauf seine Kolonie Kamerun an die Franzosen und Engländer.
1924 kaufen deutsche Siedler ihre enteigneten Plantagen im englischen Mandatsgebiet auf einer Versteigerung in London zurück.
1925 kehren einige deutsche Siedler an den Kamerunberg (Buea u. Umgebung) zurück. Britische Siedler gibt es dort verhältnismäßig wenige.
1926 erlauben die Franzosen die Rückkehr deutscher Siedler in das von ihnen verwaltete Gebiet.
1928 sind deutsche Handelshäuser in Douala wieder stark vertreten.
Felix Warner schreibt in einem autobiographischen Roman, dass das alte deutsche Land ihn angezogen habe und dass er hoffte, es noch hinter den Kulissen der französischen Scheinblüte zu finden. Mit seinen Erinnerungen "7 Jahre in Urwald und Grasland" (1932 -1939) will er dem jungen Großdeutschland seine Kolonien näher bringen in der Hoffnung, dass Adolf Hitler, der die Deutschen in der Fremde zusammengeschweißt hat, sich bald sein Kamerun wiederholt. Er lauscht dem Sausen des Nachtwindes in den hohen, alten, deutschen Palmen, sieht die alten deutschen Ölpalmenwälder, die von deutschem Fleiß berichten, findet die Ruinen einer alten deutschen Palmölfabrik aus dem Jahr 1910, die beweist, dass Deutschland in den wenigen Jahren hier das Menschenmöglichste geschaffen hat. Er bewundert im Grasland deutsche Menschen bei der Arbeit. Außer einer Kaffeepflanzung findet er einen reichhaltigen Geflügelhof, Schweine, Schafe und sogar eine ganze Reihe von Bienenständen
1933 richten Angehörige der Douala und anderer Stämme eine Eingabe an den Völkerbund mit dem Ziel der Rückkehr der deutschen Verwaltung. Die Ursachen sind die deutlich verschlechterte Steuer-, Hygiene- und Schulsituation.
Kakaofrucht aus dem Grasland
Die Freiburger Zeitung schreibt am 11.02.1935, 2. Ausgabe, S. 2:
Man hat gesagt, dass die Franzosen insofern an der Verschlechterung der Zustände Schuld sind, dass sie unsere in blühendem Zustande übernommene Kolonie vernachlässigten. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Sie haben alles getan, was sie konnten, um das Mandat in gutem Zustand zu erhalten. Sie haben die Bahnen und Wege ausgebaut und auch viel Gutes für die Eingeborenen geschaffen. So habe ich z.B. ein großes Krankenhaus für die Neger in Douala gesehen, welches soeben fertig geworden und mit allen Errungenschaften der Neuzeit ausgestattet ist. Auf der anderen Seite sind die Steuern für die Schwarzen auch hier stark gestiegen. Frankreich erhebt von den Eingeborenen eine Kopfsteuer von 50 Franken pro Jahr. So kommt es, dass ein Neger, der zwei Frauen hat, was sehr häufig ist, 150 Franken im Jahr Kopfsteuer zu zahlen hat; ein schwarzer Arbeiter verdient aber im Durchschnitt im Jahr 360 Franken. Die Bewohner des Landes haben die deutsche Sprache noch nicht verlernt, vor allem mit älteren Leuten kann man sich meist gut auf Deutsch verständigen. Auch die Leute im Busch grüßten mit deutschen Grußworten. Ich bin daher der Überzeugung, und hier ist es jedermann, dass wir Kamerun wieder erhalten können. Wer das herrliche und üppige Land kennt, würde sich von Herzen darüber freuen. Ich habe eine lange Fahrt durch die herrlichen Pflanzungen und auch durch den Urwald unternommen. Palmkerne, Palmöl, Kakao, Gummi, Kaffee, Kola-, Kokos-, Erdnüsse, Bananen, Baumwolle, Mahagoni, und Ebenholz, das sind die wichtigsten Produkte. Auch Erze sind vorhanden, darunter Gold, das man vor kurzem fand. Im Hinterland auf der ziemlich gesunden Hochebene sind Tausende von Siedlern und Farmern unterzubringen.
Dabala, unser Guide vom nördlichen Volk der Kapsiki, zeigt uns die Früchte des Südens.
Ich möchte zum Schluss erwähnen, dass Kamerun viel schöner ist als alle Länder, die ich vorher an der Westküste von Afrika gesehen habe. Viktoria ist geradezu herrlich gelegen: ringsum die Höhen und Felsen der Ambasbucht, alles gekrönt von den Gipfeln des 4000 Meter hohen Kamerunberges. Ein bekannter englischer Elefantenjäger, der ganz Afrika kennt, sagte mir gestern, Kamerun sei das schönste Land in Westafrika und habe die schönsten Wälder des ganzen Erdteiles. Dr. P.
Kamerun als englisches und französisches Mandats- bzw. als Treuhandgebiet der UNO, 1922-1961
England und Frankreich erhalten nach der Niederlage Deutschlands im 1.Weltkrieg ein Mandat des Völkerbundes zur Verwaltung Kameruns. Im englischen Gebiet dürfen 1922 wieder Deutsche siedeln. Die Franzosen verbieten dies zunächst in ihrem Verwaltungsgebiet, engagieren sich selbst wirtschaftlich aber kaum.
"Frankreich ist ein Land mit 100 Millionen Einwohnern."
Die Franzosen verfolgten in dem größeren Teil Kameruns ganz andere Ziele als die Engländer. Da sie die Kolonien als Teil Frankreichs betrachteten, wollten sie die Schwarzen zu Franzosen erziehen. Es gab für sie keine rassischen Schranken, und Ehen zwischen Franzosen und Schwarzen waren keine Seltenheit. Eine Eingeborenenselbstverwaltung war nach französischen Vorstellungen unmöglich. Deshalb setzten sie die traditionell selbstherrlich regierenden Stammesführer, wie z.B. den Sultan Nyoya von Bamum, ab. Entsprechend wurden die freie Meinungsäußerung und politische Betätigung im französischen Teil Kameruns unterdrückt.1955-1960 kam es in Duala und Yaounde zu blutigen Straßenschlachten und die Volkspartei UPC wurde verboten. Die Führung in dem Partisanenkampf gegen den französischen Einfluss und gegen den von den Franzosen gestützten Präsidenten Ahidjo hatten die Bakoko, Bamileke und Duala. Die Spuren des französischen Weges findet man noch heute überall in Kamerun. Auffallend war, dass wir kaum Zeitungen fanden, weder in den Hotels noch in den Ortszentren.
Am 1.1.1960 wurde das unter französischer Verwaltung stehende Gebiet Kameruns unabhängig, während der südliche Teil des unter britischer Verwaltung stehenden Gebietes nach einer Volksabstimmung in die "Bundesrepublik Kamerun" am 1.10.1961 eingegliedert wurde.
Kamerun wurde umgehend bei seiner Unabhängigkeit von deutscher Seite anerkannt. Es kam auch sofort zur Aufnahme politischer Beziehungen, z. B. besuchte der kamerunische Präsident Ahidjo die Bundesrepublik Deutschland 1963. 1966 folgte dann der Gegenbesuch von Bundespräsident Lübke.
Schnitzfigur am Palast in Foumban
Zur Aidsproblematik
Die Jugend unterwirft sich in der Gegenwart nicht länger den Gesetzen des Landes, gemäß denen Sexualität nur demjenigen zugestanden wird, dem vom Fon die Eheschließung erlaubt wurde.
Die Würdenträger hatten viele Ehefrauen, so dass die jüngeren Männer ihre Sexualität nicht ausleben konnten. Sie wurden unter Kontrolle gehalten, indem man sie als Sklaven verkaufte oder dem Fon und seinen Geheimgesellschaften als Diener zuwies.
Um das Entstehen der AIDS-Symptome zu erklären, wird auf kon und nsela' verwiesen. Diese Termini bezeichnen die Verletzung sexueller Tabus wie Inzest oder Ehebruch. Die Etymologie von kon ist schwierig zu klären, aber die von nsela' ist eindeutig: »den Hof vergiften«.
Im Kern wird waame von der örtlichen Elite als die Folge eines Verstoßes gegen die moralische Ordnung gesehen: eine Art Verschmutzung, die aus der Verbreitung und Vermischung sexueller Flüssigkeiten resultiert, die eigentlich nur zum Zweck der sozialen Reproduktion der Gruppe und unter der ausschließlichen Kontrolle der Clanoberhäupter hätten zirkulieren dürfen. Deshalb wirft die neo-traditionelle Elite der Jugend »Hexerei am helllichten Tag« vor. Dieser Ausdruck wird für alle üblen Handlungen, die im vollen Bewusstsein ihrer Folgen ausgeführt werden, verwendet.
Jugendliche Sexualität in den Zeiten von AIDS ist also eine Art von Hexerei, welche die gesamte Gemeinschaft dem Risiko der Verseuchung aussetzt. Kein Wunder, dass AIDS-Kranke nicht als Opfer gesehen werden, die Mitleid verdienen, sondern als Leute, die für ihr eigenes Unglück und das ihrer Familie verantwortlich sind.
Tankstelle in Douala
Wie auch anderswo in Afrika südlich der Sahara hat die Regierung von Kamerun ihre Aufmerksamkeit auf spezifische Gruppen gerichtet, die gemäß den WHO-Richtlinien als besonders »gefährdet« gelten. Seit Mitte der achtziger Jahre zielte die Präventions- und Informationskampagne gegen HIV/ AIDS vorwiegend auf Prostituierte sowie Lastwagenfahrer, Soldaten und Studenten, da diese zum Umfeld der Prostitution gehören, nicht gerne Kondome benutzen und häufig die Sexualpartner wechseln.
Nach Ansicht vieler junger Leute ist AIDS bloß eine Erfindung: entweder handele es sich um Propaganda, um das Bevölkerungswachstum einzudämmen, oder um die absichtliche Verbreitung des Virus, um die Fortpflanzungsfähigkeit Afrikas im Allgemeinen und der Bewohner des Graslands im Speziellen zu untergraben. Viele Menschen im Grasland Kameruns halten AIDS für die Folge geheimer Tests von biologischen Waffen oder eine Verschwörung der Regierung, um die englischsprachige Minderheit der Nordwestprovinz auszurotten.
Der Überblick 2/2005, Politik der Beschuldigungen. Moralischer Verfall oder Verschwörung gegen die Jugend? von: Ivo Quaranta. 2000-2006 Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V.
Die Verbreitung der HIV-Infektion hat in Kamerun erst während der letzten zehn Jahre stark zugenommen. Heute, 2003, sind fast 12 % der Erwachsenen (15-49 Jahre) infiziert. Damit liegt die HIV-Prävalenz mehr als doppelt so hoch wie 1996 (5,5 %) und sechsmal so hoch wie 1992 (2,0 %).. Von den 15,5 Millionen Einwohnern des Landes waren Ende 2001 etwa 920.000 Menschen mit dem HI-Virus infiziert. Ca. 210 000 Kinder unter 15 Jahren haben einen oder beide Elternteile durch AIDS verloren.
Als besondere Risikogruppen gelten junge, unverheiratete Frauen, Lastwagenfahrer (HIV-Prävalenz 1993/94: 9 - 17 %) und Militärangehörige (HIV-Prävalenz 1996: 15 %). Unter Prostituierten wurde in den Jahren 1993 bis 1995 eine HIV-Prävalenz zwischen 17 und 45 % festgestellt (UNAIDS, 2002).
Straßenverkäufer in Douala
Kameruns Löwen!
Die Bedeutung des Fußballs
Febr. 2008: Dass Kamerun den Sprung ins Finale des Afrika-Cups geschafft hat, verdankt das Team des deutschen Trainers Otto Pfister vor allem seinem Star Samuel Eto'o, der sich nun auch als historischer Rekordtorschütze feiern lassen kann. (Seit 2000 erzielte er für Kamerun bei der alle zwei Jahre stattfindenden Afrikameisterschaft 16 Treffer.)
Deutsche Fußballtrainer in Kamerun (Schäfer 2002 mit Erfolg: die Mannschaft gewinnt den Afrika-Cup, Pfister 2008: die Mannschaft belegt den zweiten Platz. Bester Spieler Samuel Eto`o, der beim FC Barcelona spielt.
Kinder in Foumban
Die Medien und die Sprachen
Zu den wichtigsten Medien in Kamerun zählen die Tageszeitung „Cameroon Tribune“ (frz. und engl., 20.000 Stück Auflage) und „CRTV“ ( Cameroon Radio and Television, auch in Nationalsprachen!), beides gilt als regierungsfreundlich. Seit 1982 regiert Paul Biya Kamerun und seit 1990 gibt es Gesetze für die Freiheit der Presse. Zwar gab es 1990 noch Inhaftierungen von regierungskritischen Journalisten, durch Studentenaufstände wurden sie jedoch wieder freigelassen.
Obwohl Kamerun einer der weltweit größten Exporteure von Tropenholz ist, muß Papier für den Buchdruck teuer eingeführt werden.
Alle nationalen Verlage und Druckereien publizieren in Französisch und Englisch.
Man unterscheidet ca. 280 ethnische Gruppen mit jeweils eigener Sprache, Tradition und Ritualen. Im Norden Kameruns gibt es Nilo-Saharische und Tschadische Völker, als auch Niger-Kongo-Sprachgruppen und die Bantu Sprachgruppen und Sudansprachige Ethnien. Im Westen vorwiegend Semi-Bantu-Sprachgruppen und die Bantusprachgruppen verteilen sich vorwiegend auf den Süden und den Osten. Außerdem verteilen sich Pygmäen-Völker übers Land und es gibt Pidgin- und Kreolsprachen in Kamerun.
Das Bildungssystem ist jedoch ganz und gar auf die Ex-Kolonialsprachen ausgerichtet.
In den Schulen finden die indigenen Sprachen und Kulturen überhaupt keine Beachtung. Auch sonst gibt es keine Förderung kleiner Sprachen. Ab dem ersten Schuljahr wird im Westen auf Englisch und im Osten auf Französisch unterrichtet. Das Schulsystem ist jeweils das der Ex- Kolonialmacht. In den ländlichen Regionen ist die Ausbildung oft nur auf die Grundschule begrenzt.
Die Landesinformationsseiten (LIS) bieten sehr gute und umfassende Informationen über Kamerun (http://www.inwent.org/v-ez/lis/kamerun/seite1.htm)
Links:
Über die Kamerunsche Zeit als Deutsche Kolonie:
http://www.deutsche-schutzgebiete.de/deutsche-kolonien.htm
http://www.jaduland.de/kolonien/afrika/kamerun/index.html
Freude über ein Bienenvolk in einem Keramiktopf in den nördlichen Mandara-Bergen
s. Kamerun III