Myanmar I + Myanmar III (Shan-State)

Das westliche Myanmar
Auszüge aus dem Reisetagebuch
( 15 S., 15 Fotos )

Die Rakhine-Provinz ( 3 Fotos, 2 Karten ) im westlichen Myanmar, auch Arakan genannt

1. Die Anreise, 2. Die politische Situation in Myanmar, 3. Die religiöse Situation in Rakhine, 4. "Mönche küssen nicht." Ein Intensivkurs in Deutsch, 5. Mit dem Boot zu den alten Königsstädten, 6. Unser Guide erzählt aus seinem Leben, 7. Die Pagodenhügel und -felder Mrauk U`s, 8. Am Strand von Ngapali

1. Die Anreise

Die zweite Reise ins Land der Buddhas und Geister im Dezember 2001 wurde von uns selbst geplant und mit Hilfe einer burmesischen Agentur über das Internet vorbereitet und durchgeführt. Das war preislich günstiger als bei deutschen Reiseanbietern und effektiver, weil wir nur zu zweit mit einem Englisch sprechenden Guide und einem Auto unterwegs waren. Das Geld für die Rundreise mussten wir erst beim Antritt der Reise in Yangon bezahlen.

Bei Glatteis starten wir in aller Frühe im Auto von Borken nach Wesel, steigen um in einen Zug nach Frankfurt und erleben über den Wolken den Sonnenuntergang, um in Asien nach 12 Stunden Flug vom Sonnenaufgang begrüßt zu werden. Welch Glück, dass der Start pünktlich gelingt. Gestern noch waren die Überleitungen der Bahn vereist und der Flughafen ertrank in Schnee, so dass 200 Flüge gestrichen worden waren. Aber jetzt sitzen wir im Flugzeug und sehen auf die farblos schneeige Landschaft.

Neben uns ein Liebhaber Myanmars. Mehrmals war er schon im Land. Jedes Mal die gleiche Tour. Eigentlich mehr in den Klöstern. Die berühmten Mönche kennt er alle, auch Einsiedler im Urwald. Im nächsten Jahr fährt er im Oktober wieder hin, dann zur Meditation im Urwald. Das muss es bringen.... Im Flugzeug ist er noch ganz im Diesseits, beschwert sich, weist zurecht, möchte Schuldbekenntnisse, ist ganz der überlegene, selbstsichere Chef. - Der Ärger mit dem Flugzeug, das zu spät, wenn überhaupt, aber sein Gepäck, das wird doch hoffentlich. Er jetzt hier ohne Koffer, ist er liegen geblieben? Er musste ein anderes Flugzeug nehmen, aber das Gepäck war schon weg. Er doch nicht, aber im Land dann, ganz ohne. Das alte Hotel wie immer, man kennt ihn, sogar noch Sachen vom letzten Mal hinterlegt. Trotzdem, das ärgert, das macht aggressiv. Ja, die Mönche, und ein Lächeln geht über sein Gesicht, voll Hoffnung, ja, die Sorglosigkeit des Buddha. Er zeigt das Hemd, das sein Schneider in Bagan genäht, ganz billig. Der Schneider wird auch diesmal ihm einen Anzug nähen. Auch ohne Gepäck kommt er zurecht. Keine Angst. Überhaupt, der Buddhismus nimmt die Angst, die Hauptangst, die vor dem Tod. Er wischt sich die Stirn. Der Steward soll die Klimaanlage richten. Die Luft ist zu heiß. Er wird ihnen beweisen, dass die Anlage nicht in Ordnung. Aufpassen, er wird darauf bestehen, dass die Welt, die Anlage, es ist nicht das erste Mal. Er wechselt sein Hemd, zieht das weinrote vom Schneider in Bagan über. Ein Schritt näher zu Buddha. In Bangkok scheucht er die Angestellten. Sucht doch. Ihr. Hier. Nicht bei uns. Nach zwei Stunden zeigt er uns seine Faust mit aufrecht stehendem Daumen. Sieg. Der Koffer. O.k.

Yangon: warm, schwül, staubig, heruntergekommen. Wiedersehen mit der Sule-Pagode. Wiedersehen mit dem fliegenden Gebetsschiff, das die Gebete hinaufträgt zur goldenen Stupaspitze. Wiedersehen mit dem rauchenden Playboy, den weißen Pilgern, dem goldenen Vogel Himsa, den Wochentieren und den kopfstehenden Drachenschlangen. Wiedersehen mit den Nats, den Geisterhäuschen an den dicken Straßenbäumen. Seit dem Frühjahr haben sich die Preise verdoppelt. Ein Ausgleich zur Inflation. Die Generäle drucken halt Geld, wenn sie welches brauchen. 1 US Dollar sind 700 Kyat gleich 1,15 Euro gleich 1 Fl. Bier gleich einer Taxifahrt durch die Stadt.

Am nächsten Tag fliegen wir in 1 1/2 Stunden nach Sittwe, der Hauptstadt der Rakhine-Provinz. Obwohl wir uns in der winterlichen Trockenzeit befinden, beginnt es nachmittags zu regnen, als wir am Strand den ersten Spaziergang machen. Rakhine hat die höchste Niederschlagsmenge Myanmars. Buddhaseidank bleibt es bei diesem einen Mal. Aber zunächst liegt unser Ferienparadies in weiter Ferne. Wir sitzen am Abend einsam wie zwei Gestalten aus einer Kolonialgeschichte Sumerset Maughams auf einer Holzterrasse neben einer schwarzen, regennassen Straße voller Pfützen, blicken hinüber zu einigen Karaokeschuppen, aus denen von Zeit zu Zeit Herzschmalz und heiseres Krächzen kommt, warten auf das Christkind, auf ein miserables Essen, eine ungewürzte Hühnerbrühe und auf den Kagadit, einen besonderen Fisch dieser Gegend, fried rice und fettiges Krupuk. Aus dem halb leeren Restaurant hinter uns kommt eine Bumbum-Musik, von der Seite ein kalter Wind. Wir sind geflohen vor dem europäischen Christkind und sitzen hier in der Trostlosigkeit eines Provinznestes am Rande der Zivilisation, in unserem Kopf die Träume einer arkadischen Welt des Mittelalters, glückliche Bauern auf ihren Reisfeldern, auf ihren Ochsenkarren, weltabgewandte Mönche in ihrer Meditation, in der Sonne glänzende, goldene Symbole des buddhistischen Wegs aus aller Mühsal des Lebens. Im Hotel steht das Wasser Zentimeter hoch im Badezimmer, die Elektrizität kommt erst um 18 Uhr für einige Stunden. Wir schlucken Lariam, um gegen Malaria gefeit zu sein. Morgen wird alles besser in Myanmar, dem Land unserer Träume. Merry Christmas. Der Retter wurde in der Nacht uns geboren, die Sonne geht auf und die Rakhiner strahlen uns an, sind ebenso freundlich und herzlich wie die Burmesen. Der Markt: Fisch - Gemüse - Bananen - die Thanaka-Gesichter von Frauen und Männern. Farben und Gerüche. Wir sind angekommen.

 

2. Die politische Situation in Myanmar

Auf unserer zweiten Reise wollen wir einen abseits liegenden Landstrich am Golf von Bengalen erkunden, der bis vor einigen Jahren noch für Touristen gesperrt war. Hier lernen wir neben dem exotischen Myanmar auch die negative politische Situation des Landes kennen. U.a. liegt das wohl daran, dass wir nicht mit einer Gruppe unterwegs sind, sondern allein mit wechselnden lokalen Führern. Schon bei der Fahrt vom Flughafen Yangon zum Hotel weist uns der Guide auf die Stelle hin, wo demonstrierende Studenten von der Polizei niedergeschossen wurden. Um die kritischen Studenten aus der Hauptstadt zu verbannen, wurden die Institute der Uni auf die andere Flussseite des Irrawady außerhalb der Stadt Syriam verlegt. Jetzt sind die studentischen Kritiker des Militärregimes isoliert und leicht zu kontrollieren.

Wir begegnen der Macht der Generäle besonders im nördlichen Rakhine. Thom, unser Guide, erzählt uns von seinem Großvater, der noch immer von den schönen Kolonialzeiten unter den Engländern spricht, als die Grenze nach Indien noch nicht verschlossen war, als man noch hin und her reisen konnte, als die Häuser noch nicht verfallen, die Straßen noch nicht voller Schlaglöcher, die Moral noch in Ordnung war. Er erzählt, wie die burmesische Mehrheit sich bereicherte, die Provinzen der Minderheiten um die besten Stücke kappte. Die Militärregierung nahm den Rakhine den Süden, den Chin den Norden und den Shan das Rubinland. Selbst unser Kellner im Hotel verzieht verächtlich das Gesicht, wenn er über die burmesischen Filmschauspieler spricht, die im Hotel einen Film drehen.

Bevor die Burmesen 1784 und die Engländer 1826 das Land annektierten und die Verwaltungszentrale nach Sittwe verlegt wurde, war Mrauk U seit 1433 das Zentrum der Rakhine-Provinz. Mit Mauern und künstlichen Seen umgeben war die Stadt uneinnehmbar. Die Herrscher der Rakhaing oder Rohingya, wie sich die Bewohner selbst nennen, waren in Indien und in Zentralburma sehr gefürchtet. Zu ihrem Schutz stellten sie japanische Samurai als Leibwächter ein und befehligten zeitweise bis zu 10 000 Kriegsschiffe. Bei dieser Vergangenheit ist verständlich, dass viele Menschen sich als eigene Nation sehen und wieder unabhängig von den Burmesen werden wollen. Dementsprechend befindet sich viel Militär in der Region.

In Mrauk U in einem Straßenrestaurant sitzen wir neben einem Soldaten mit farbigen Rangabzeichen. Er fragt, woher wir kommen. Ah, Germany. Anerkennend hebt er seine Hand an die Stirn und strahlt uns an, neigt sich seinen beiden Begleitern zu und erklärt ihnen den Sachverhalt. Es gibt hier viel Militär, 7 Bataillone sind in Rakhine stationiert. Wir fragen Thom, was sie hier machen. Unterdrücken sie die 2 Millionen Rakhiner, kämpfen sie gegen die kleinen Rebellengruppen, schützen sie die 200 000 Moslems oder die Grenze nach Bangladesh? Hier sind sie die Herren und verfahren nach Gutdünken. Wir erleben zweimal, dass sie ganz selbstverständlich alle Autos beschlagnahmen. In wenigen Tagen werden die Generäle zur Enthüllung eines neuen Pagodenschmucks erwartet. Dann werden auch Hotels beschlagnahmt. Die Besitzerin unseres Hotels erzählt uns, dass sie einmal mit all ihren Gästen wegen des Militärs das Hotel räumen und in ein buddhistisches Kloster ausweichen musste. Unser Tischnachbar demonstriert Freundlichkeit. Begeistert schlägt er auf den Tisch, dass eine Gabel auf den Boden springt. Die Bedienung beachtet ihn nicht, obwohl er immer wieder zu ihr hinüber blickt. Da wendet er sich uns wieder zu, steht auf und hält beide Hände gefaltet an seine Stirn. Germans, seid gegrüßt. Er streckt mir seine Hände entgegen, berührt meine, führt seine Hände erneut an seine Stirn und beugt grüßend seinen Kopf. Dann eilt er hinaus, winkt auf der Straße seinen Leuten zu und fährt in einem Auto davon. Kaum hat er das Lokal verlassen, da lachen die Augen der Kellnerin, sie strahlt uns an und bringt uns eine Schüssel Gemüse.

Der Ort ist in Bewegung. Die Löcher in der Hauptstraße werden mit Steinen und Teer gefüllt, die Felder an der Straße gesäubert, die Zäune werden geweißelt, Fahnenstangen aufgerichtet, auf dem großen Platz neben der Stadtmauer sind mehrere hundert Kinder versammelt, die in bunten Jacken gekleidet zur Musik einer Militärkapelle eine Begrüßungsshow für die Generäle einüben.

3. Die religiöse Situation in Rakhine

In Rakhine gibt es 80% Buddhisten, 20% Moslems und 1% Hindus. Animisten gebe es keine, so unser Guide. Die Moslems sind die Feinde, sie wollen unser Land missionieren. Sie setzen viele Kinder in die Welt. Sie stehlen sogar Kinder und erziehen sie als Moslems. Sie verbieten ihren Frauen, einen nichtmoslemischen Mann zu heiraten und wenn sie eine nichtmoslemischen Frau heiraten, dann zwingen sie sie zum Übertritt. Manche Moslems haben die Zahl 786 als Symbol an ihr Haus geschrieben, um damit auf die bevorstehende Welteroberung im 21. Jahrhundert durch den Islam hinzuweisen. Wenn man die einzelnen Ziffern 7+8+6 zusammenzähle, erhalte man die Zahl 21. Er weigere sich ein Restaurant mit dieser Zahl zu betreten. Aber die buddhistischen Mönche haben schon ein Waisenhaus gegründet. Sie kaufen die Kinder von den Moslems zurück und erziehen sie buddhistisch. Im Februar habe es noch in der Provinzhauptstadt Sittwe Zusammenstöße gegeben. Buddhistische Mädchen seien von moslemischen Männern belästigt worden, worauf Mönche, die das gesehen hätten, schnell Mönche aus anderen Klöstern zur Hilfe geholt hätten, worauf es zu einer Schlägerei mit 30 Toten gekommen sei, wobei auch viele Häuser in Flammen aufgegangen seien. Wir hören ihm verwundert zu. Die sanften, die gewaltlosen Mönche? Welcher Dämon hatte hier seine Hand im Spiel? Vielleicht gibt es hier doch noch die Nats, deren Existenz Thom als Anhänger der reinen buddhistischen Lehre so gern leugnet. Er sieht die Gefahr in den moslemischen Indern. In der Hauptstadt Yangon wimmele es von Indern. Das seien Fremde, die von den Engländern als Arbeiter hierher geholt worden seien. Aber das Militär sorge für Ruhe.

Thom erklärt uns die buddhistische Lehre. Er sei schon mehrmals im Kloster gewesen und vertrete die Lehre von den Worten Buddhas, den Theravada - Buddhismus. Nur widerstrebend geht er mit uns in die Tempel. Keinmal beugt er die Knie oder wirft sich vor einer Buddhastatue auf den Boden. Buddha ist kein Gott. Als wir in einem Kloster bildliche Darstellungen der Hölle sehen, lächelt er überlegen. Es gibt keine Hölle. Die Bilder zeigen vorwiegend sexuelle Entgleisungen wie Ehebruch und außereheliche Liebe, auch das Fehlverhalten von Buddha. Dargestellt wird immer die Strafe, die auf ein solches Verhalten folgt. Meist vollziehen dabei teufelähnliche Dämonen auf recht brutale Weise die Strafen. Auch diese primitiven Vorstellungen einer Hölle entsprechen dem Kernsatz des Buddhhismus, den wir als Inschrift auf einer alten Steintafel finden "Der Ursprung aller Gesetze ist das Gesetz der Ursache." Buddhas Lehre laute "Alles, was ich tu, fällt auf mich zurück, gehört zu meinem Karma, auch über meine jetzige Existenz hinaus." Der Glaube an Wunder und die Natgeister sei nicht buddhistisch. Das seien Überbleibsel aus vorbuddhistischer Zeit, ein Teil von Zeremonien, kein wesentlicher Bestandteil der Religion. Auch die Verehrung der Wochentiere gehöre in den Bereich der Märchen. Er scheint sich solcher Zutaten zu schämen und versucht sie zu übergehen. Aber wir finden gerade diesen Volksglauben interessant. Von Wundern halte er nicht viel. Sein Großvater ließ sich wie viele andere Leute tätowieren, um unverletzlich zu sein. 30 Punkte ließ er überall an seinem Körper anbringen. Besonders wirksam sei eine Tätowierung auf dem Friedhof, die man dann auch gleich durch einen Messerstich oder einen Sprung von einer hohen Mauer überprüfen könne. Als Kind wollte er die Unverletzlichkeit des Großvaters überprüfen und versuchte mit einem Messer seine Haut zu ritzen. Dafür bekam er von ihm einen derben Tritt und böse Worte. Seitdem glaubt er nicht mehr an diesen Zauber. s. Volksmythologie

Im Tempel sehen wir einen großen Thron für Rituale. Die vordere Unterseite des Stuhls zeigt einen Spiegel, die Rückenlehne einen Farbkreis als Zeichen des höheren Seins. Da der Stuhl auf einem Podest steht, schauen die Betenden in den Spiegel. Sie sehen sich selbst. Sie sehen sich als Verursacher ihrer Handlungen. Das bin ich. Dieses Spiegelprinzip ist in der Botahtaung-Pagode in Yangon auf die Spitze getrieben. Die gesamte Pagode ist wie viele andere auch mit Spiegeln ausgekleidet, aber die sternförmigen Verengungen zum Meditieren zeigen hier ebenfalls nur das eigene Spiegelbild und keine Buddhastatue. Das ist als ein Spiegelkabinett symbolisch die Idee des reinen Theravada - Buddhismus. Welch Unterschied zur geltungssüchtigen und erfolgsorientierten Weltsicht des Europäers. Im Heraustreten aus den Zwängen des täglichen Lebens, aus der Nahrungsaufnahme, dem Geldverdienen und anderen sinnlichen Befriedigungen, wird eine höhere Stufe menschlicher Freiheit und menschlichen Seins erreicht. Ein Mönch darf nicht für Geld arbeiten und muss von einer erbettelten Mahlzeit pro Tag leben. Sogar in kleinen Bauerndörfern finden wir mehrere Klöster. Wie weit entfernt ist diese Lebensweise von unserer westlich-materialistischen, mit welchem Hochmut schauen wir auf die unterentwickelten armen Menschen hier.

4. "Mönche küssen nicht." Ein Intensivkurs in Deutsch

Thom, unser Guide verdient als Englisch sprechender Guide 20 US Dollar, als Deutsch sprechender würde er doppelt soviel verdienen. Aber Deutsch ist difficult. Englisch sprechen viele Gebildete, weil Burma vor dem 2. Weltkrieg ein Teil des britisch-indischen Kolonialreichs war. Auch der 94 jährige Großvaters unseres Guides, der unter den Engländern Richter in Yangon war, spricht gut Englisch, ebenso sein Bruder, nur er selbst habe eine schlechte Aussprache. Das ist leider eine schlechte Voraussetzung, aber wir als Lehrer schreiten gleich zur Tat. "Das sind Mönche" und wir zeigen auf die rot gekleideten Männer, die mit schwarzen Kugelschalen durch die Straßen gehen. "Viele Worte sind im Deutschen ähnlich wie im Englischen. Monks sind Mönche. Mön-che. Mö-n -che. ööööööö." "Nein, nicht Munche. öööö. Mönche." Der Singular lautet Mönch, ohne e. Mönch - Mönche. Ein Mönch gehört zur Sangha, der Mönchsgemeinschaft, ein Mönch allein ist ein Einsiedler. Er hat es schwerer im Leben und seine Bezeichnung ist schwerer auszusprechen. -önch." Wir üben: mö, mö- mömö. Ah, Thom strahlt: "Wie kleine Kindern sagen, mumumu." Nein, mömömö. Die Lippen rund vorstülpen. Mönch! Sprich die Vokale. a-e-i-o-u-. Wir singen sie ihm vor. Den Mund weit öffnen, kräftig ausatmen und aaaaa, dann den Mund etwas schließen eeee, weiter schließen iiii, weiter schließen und vorstülpen oooo, noch mehr schließen und uuuu. Luft holen und wieder aeiou. aeiou. Und jetzt die Vokale ganz kurz aussprechen. u-u-u-ku-ku-ku, -kuss-kuss, kouskous. Das letztere Gericht kennt er, das andere erklären wir ihm. Küssen. Eine tolle Mund- und Lippengymnastik! Thom zieht seine Unterlippe nach unten. Und jetzt ä-ö-ü, -ä-ö-ü-. Mönch. Der Mönch. Im Deutschen setzen wir noch einen Artikel davor. Aber bleiben wir bei der Aussprache der Umlaute. Ein leichteres Wort: Fröhliche Weihnachten. Fröhlich. Das geht. Der Mönch gehört einer schwierigeren Kategorie an, sozusagen einer höheren Stufe des Menschseins. Mönch. Oder wie Thom uns gesagt hat, der Mönch verlässt als Mönch die Menschenwelt. Mönch. Nicht Mönsch, das ist noch zu menschlich, -ch-ch-ch. Mön-ch. Christas Kreativität macht es ihm noch etwas schwieriger: Manche Mönche machen schöne Sachen. Wie schwierig ist die deutsche Sprache für Burmesen! Sie kennen keine Umlaute. Thom meint, dass wir Europäer schmalere Lippen hätten. Wir sagen ihm, er müsse die Zunge gegen die unteren Zähne drücken. Er übt und übt. Morgens begrüßen wir uns mit "Mönch" und tragen den Schlaflaut chchch uns gegenseitig an. Das Wort wird unser Mantra. Die Kombination von ö und ch macht die Aussprache so schwierig. Tatsächlich gibt es im Deutschen viele Wörter mit ch. War das ch nicht eine Spezialität der Niederländer und Schweizer? Und wir wundern uns über die vielen Umlaute in der deutschen Sprache! Ä_Ö_Ü_ Sage: Mädchen. Schöne Mädchen. Und das ü in meinem Vornamen Günter, gü-gü-günter. Übe, -ü-. Hü. hü, Hühner. Mönche sind keine Hühner, sie legen keine Eier. Ein weibliches Huhn legt Eier, aber man sagt nicht die Huhn, sondern das Huhn.

Die deutsche Sprache zeigt das Geschlecht durch den Artikel an, weiblich "die", die Christa. Trotzdem steht vor dem Wort Mädchen das, das Mädchen wie bei dem Wort Huhn. Die deutsche Sprache bezeichnet Wörter ohne Rücksicht auf das biologische Geschlecht mit einem grammatischen Geschlecht. Christa ist weiblich, aber kein Huhn. Sie heißt Christa, das ist einfach auszusprechen, wie Krischna, der indische Gott, aber ihr Name kommt von Christus. Eigentlich ein Unding, denn Christus ist männlich, Jesus Christus. "a" zeigt im Lateinischen ein weibliches Wort an. Christa wurde vor Weihnachten, vor der Geburt von Jesus Christus geboren. Deshalb wurde sie Christa genannt. Oooo, wie schwer ist die deutsche Sprache. Ja, die englische Sprache ist viel einfacher, obwohl sie vor vielen hundert Jahren auch so schwierig war wie die deutsche Sprache. Kennst du Shakespeare? Sein Englisch ist auch schwierig. Kennst du den deutschen Shakespeare, er heißt Goethe, ööö wie in Mönch. Du kennst ihn nicht, nö, nö, nö, kennst du Luther, Martin Luther, der das religiöse Grundbuch der Christen ins Deutsche übersetzt hat? Nein, nicht der schwarze Martin Luther, der für die Gleichberechtigung der Schwarzen in USA gekämpft hat, der heißt Martin Luther King. In der Provinzhauptstadt Sittwe gibt es eine Bibliothek mit alten Paperbacks. Thom zeigt sie uns. Wir finden Bücher von Shakespeare und Bertrand Russell aus dem Jahr 1948, keinen Goethe, keinen Martin Luther, keine Bibel, kein deutschsprachiges Buch.

Wir muten ihm zuviel zu bei unseren Gängen durch die Mönchsklöster. Hörst du? Wir machen Gänge durch die Mönchsklöster. Wir gehen, du hörst uns zu. Du übst. ü-ö-ä. Willst du noch immer die deutsche Sprache lernen?

An einem anderen Tag beschreiben wir ihm die Behandlung der deutschen Hilfsverben und ihre Konjunktion. "Er ist ein Mönch", sagen wir und zeigen auf einen rot gekleideten. "Ich bin kein Mönch. Er ist ein Mönch. Er ist kein gewöhnlicher Mensch. Sie, Christa, ist kein Mönch. - Dafür sagen wir im Deutschen Nonne, das ist ein weiblicher Mönch, bei euch rosa gekleidet, und der Name ist viel einfacher auszusprechen, Nonne statt Mönch, schließlich steht der weibliche Mönch auf einer niedrigeren Lebensstufe und muss erst als Mönch wiedergeboren werden, um ins Nirwana eingehen zu können.- Sie ist ein gewöhnlicher Mensch. Ich bin auch ein gewöhnlicher Mensch. Du bist ebenfalls ein gewöhnlicher Mensch. Ich, du, er, sie ,es sagen wir wie im Englischen. Bei dem Verb "haben" wird es wieder schwieriger. Ich habe Geld. - Ich bin kein Mönch. Du hast Geld, sie hat Geld, wir haben Geld, ihr habt, sie haben, aber sie dürfen nicht, weil sie Mönche sind. Die Formen verändern sich, obwohl alle Geld haben. Ich habe, deshalb bin ich. Die Mönche haben ein höheres Sein, deshalb sind sie mehr. Nicht alle, die haben, sind auch.

Morgen bringen wir dir auch Lateinisch bei, willst du? Ganz einfache Aussprache: cogito, ergo sum. Sage "Mönch", und du bist wer.

5. Mit dem Boot zu den alten Königsstädten.

Heute stehen wir im Dunkeln auf und machen uns bei Kerzenschein fertig. Elektrizität gibt es erst abends. Um acht Uhr müssen wir am Bootsanleger sein. Ein großes Motorboot mit 3 Mann Besatzung erwartet uns. Sechs Stunden dauert die Fahrt auf dem Kaladan nach Mrauk U, vorbei an Fischerdörfern, an reifen Reisfeldern, auf denen mit Handsicheln der Reis von den Halmen geschnitten wird, an Wasserbüffeln, die zum Dreschen im Kreis über die Reisähren getrieben werden, an Frauen, die den Reis aus flachen Körben gegen den Wind schütten, um die Spelzen von den Körnern zu trennen. Enten schwimmen quakend im Wasser, Hühner sonnen sich, Schweine suchen im Schlamm nach Futter. An den Arbeitsplätzen flattert als weithin sichtbares Zeichen an einer hohen Stange ein Tuch. Ab und zu, nur selten, ein Wohnhaus auf Stelzen, offen für den Wind von den Bergen. Wir begegnen großen Bambusflößen aus der Chin-Provinz, die sich von der Strömung des Flusses nach Sittwe treiben lassen. Unser Kahn tuckert vorbei an schmalen Fischerbooten. Der Mann steuert, die Frau rudert. Größere Transportkähne mit Reis oder Holz beladen treiben mit einfachen Segeln vorbei. Weit und breit keine Straße, kein Autolärm, kein knatterndes Motorschiff. Einmal halten wir auf unseren Wunsch hin bei einem Fischer- und Bauerndorf an. Die Erwachsenen am Weg wirken verschlossen. Die Kinder hinter uns her. Unser Guide erklärt, dieses sei ein reiches Dorf, weil die Bauern neben ihren Reisfeldern noch Teichzuchten mit Shrimps hätten, die Geld bringen würden. Das Dorf hat natürlich auch ein buddhistisches Kloster, ein Haus auf Stelzen. Ein großer Raum mit Spiegelsäulen, zwei Schränke mit einer Bettelschale und einigen Büchern, in der Mitte ein Holzsessel, eine größere Buddhafigur, seitwärts zwei kleinere Figuren mit Papierblumenschmuck und zwei Nebenräume. Auf der Wiese vor dem Kloster stehen ein kleiner Stupa und ein Schuppen für Gäste. Acht Mönche leben hier. Vor kurzem haben sich zwei Mönche von der Gemeinschaft getrennt und ein eigenes Kloster aufgemacht. Das Dorf sei ebenfalls in zwei Lager gespalten. Was ist passiert? Wodurch kam der Unfrieden ins Dorf? Wir erfahren es nicht.

Am klaren blauen Himmel zeigen sich Haufenwolken, die Sonne brennt, am Ufer stehen Wasserbüffel im Schlick, oft schaut nur noch der Kopf heraus, auf den Reisfeldern ist die Reisernte im Gange, hohe Reiskornberge türmen sich, werden offen in Boote geladen oder in Säcken zum Ochsenkarren getragen.

Dann kommen wir in Mrauk U an, einem großen Dorf mit traditionellen Bambushütten und Häusern mit ziegelsteingefülltem Fachwerk und mehreren Hotels. Die Straßen sind in einem jämmerlichen Zustand. Wir werden von einem US-Jeep aus dem 2. Weltkrieg zu unseren hölzernen Hotel-Bungalows gebracht und mit überschlagender Freundlichkeit empfangen und umsorgt. Schnell werden wir dann noch zu der Dorfhütte eines Steinmetzen und Bronzegießers geführt und dann besteigen wir einen der schönen grünen Hügel, auf dem eine weiße Pagode steht und erwarten den obligatorischen Sonnenuntergang.

6. Unser Guide erzählt aus seinem Leben

Während der langen Fahrt erzählt uns Thom sein abenteuerliches Leben. Er ist zwar erst 24 Jahre alt, hat aber einen interessanten Lebenslauf, der viel über die politische Situation des Landes aussagt. Nach der Grundschule darf er nicht auf die Universität, weil seine Familie auf der schwarzen Liste der Militärs steht. Ein Onkel, der gezwungenermaßen in einer Munitionsfabrik arbeitete, ist desertiert. Die ganze Familie muss dafür büßen. Auf unterschiedliche Weise verdient sich Thom seinen Lebensunterhalt und versucht sich weiterzubilden und einen Hochschulabschluss zu bekommen. Zeitweise arbeitete er auf einem thailändischen Fischkutter für 20 000 Kyat pro Monat ( 33 Euro) rund um die Uhr. Dann verdingte er sich in Yangon als Wasserträger. An einem Tragestock musste er Wasserkanister bis in den 7. Stock hinauf schleppen.

Unzufrieden mit seinem Schicksal suchte er darauf Zuflucht in einem Kloster. Dort riet ihm ein Mönch, zu den Guerillas, der Befreiungsarmee von Rakhine, zu gehen. In Yangon bekam er eine Anlaufadresse für Bangladesh und 800 Kyat ( 1,30 Euro) Wegegeld. Über schwierige Dschungelwege und mit dem Schmugglerboot erreichte er Bangladesh, wo man ihm nach einiger Zeit klar machte, dass er sich nicht als Soldat eigne, er solle in Rakhine des Los der Leute verbessern. Mit einem Bangladeshi versuchte er über den Grenzfluss zurückzukehren. Plötzlich entdeckten sie auf der anderen Seite einen Grenzposten der burmesischen Armee. Höchste Gefahr, wenn sie entdeckt würden. Er sprang aus dem Boot und erreichte schwimmend eine Sumpfinsel. Während er dort auf die Dunkelheit wartete, begann das Wasser zu steigen, die Tide hatte eingesetzt. Er musste wieder in den Fluss und versuchen die burmesische Seite zu erreichen, von der er wusste, dass die Ufer vermint sind. Erst vor kurzem war bekannt geworden, dass zwei Frauen beim Muschelsuchen getötet wurden. Er suchte am Ufer frische Trittspuren eines Wasserbüffels, denen er folgte. Menschliche Trittspuren sind oft eine Falle, weil sich unter ihnen Minen befinden. Bald traf er auf Frauen, die ihn für einen Angehörigen der Rebellenarmee hielten, obwohl er das heftig bestritt. Aber sie halfen ihm weiter, indem sie ihm einen Weg durch den Dschungel zeigten.

Wieder zurück in Yangon studiert er seitdem mit Hilfe eines Freundes und eines Fernkurses privat und nimmt privat an den Examina an der Hochschule teil. In der Touristensaison arbeitet er nach Möglichkeit für ein paar Monate als Guide in der Hauptstadt Yangon oder in der Provinz in Sittwe, wo seine Familie wohnt. Er ist allerdings noch nicht verheiratet. Ganz offen, vielleicht sogar stolz, vertraut er uns an, dass er gerne Sexfilme sehe, ein deutscher Freund beim Roten Kreuz in Yangon besorge sie ihm. Auch in Sittwe gebe es Lokale, in denen man Filme mit nackten Frauen sehen könne. Um sein Image wieder in ein positives moralisches Licht zu stellen, teilt er uns dann mit, dass sein Lebensziel sei, anderen Menschen zu helfen. Den Gedanken zur Rebellenarmee zu gehen habe er aber noch nicht aufgegeben.

Er liest viel und interessiert sich besonders für Kriegsgeschichte. Er hat auch ein Buch über Hitler gelesen, weiß von Bormann und Eichmann. War Hitler ein Oger, ein Ungeheuer, das wir am Eingang vieler buddhistischer Tempel finden? Wir diskutieren mit ihm über die positive Bewertung Hitlers als Verbündeter gegen die Kolonialmacht Englands in Indien und als Feind der Juden in den arabischen Ländern. Wir schildern ihm die Auswirkungen des Bombenkriegs gegen Deutschland und den Einmarsch der Besatzungstruppen. Wir diskutieren die Bewertung der kriegerischen bzw. terroristischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern. Er hat für einen jungen Burmesen ein breites Wissen. Über die gegenwärtigen Geschehnisse in der Welt erfährt er fast nichts. Es gibt nur eine Tageszeitung, die vorwiegend über die positiven Aktivitäten der Generäle zum Wohle des Volkes berichtet und über Ereignisse in China, dem engsten Partner Myanmars.

7. Die Pagodenhügel und -felder Mrauk U`s

Im Laufe der Jahrhunderte entstand bei Mrauk U eine ähnliche Pagodenlandschaft wie um Bagan im mittleren Myanmar. Allerdings wirkt die Landschaft durch die Lage der Pagoden auf und zwischen den Hügeln, durch die Bäume und Seen noch reizvoller als die flachen, landwirtschaftlich genutzten Pagodenfelder von Bagan. Die Pagoden und Tempel wirken manchmal wie Festungen. Im Innern sitzen in Höhlen oder in langen Gängen Hunderte von Meditationsbuddhas, oft mit grell angemalten Augen und Mündern. Eine Spezialität scheint die Anhäufung von Buddhastatuen zu sein. Neben dem Tempel der 80 000 Buddhas (entsprechend der Anzahl von Aussagen des historischen Buddha) gibt es noch den Tempel der 90 000 Buddhas. Von den etwa 70 religiösen Stätten zeigt uns unser Guide in den vier Tagen in Mrauk U etwa zwei Dutzend.

An einem der Tage fahren wir mit unserem alten amerikanischen Jeep über eine schmale Straße voller Schlaglöcher nach Vesaly, das vom 3.-10. Jahrhundert Hauptstadt des Königreiches war, von der aber außer verstreuten Ziegelresten in den Reisfeldern nichts mehr übrig ist. Dafür wird unser Spaziergang durch zwei Bambusdörfer zu einem Erlebnis. Mütter rufen ihre Kinder, um ihnen die weißen und großen Europäer zu zeigen; Kinder starren uns neugierig an, laufen weg oder verbergen angstvoll ihr Gesicht. Wir sind erstaunt über die Kleinwüchsigkeit der Menschen.

Auf der Rückfahrt haben wir einen kleinen Autounfall. Aus nicht geklärten Gründen steuert unser Fahrer nach einer Kurve den Jeep frontal gegen das Auto des deutschen Botschafters in Myanmar. Das Wasser läuft aus dem Kühler, Bleche sind verbogen, aber das Auto fährt nach einigen Minuten weiter. Wir bedauern unseren Fahrer, der für den gesamten Schaden aufkommen muss. Auf 10 000 Kyats (33 Euro) schätzt unser Guide den Schaden. Ein Schicksalsschlag für den Fahrer. Er hat gerade geheiratet, und zwar gegen den Willen der Brauteltern. Er musste seine Braut deswegen entführen und lebt getrennt von der Familie. Und jetzt ist sein ganzer Verdienst dahin. Dachte er an seine Braut, als er das Bremsen vergaß?

In einem Viertel von Mrauk U treffen wir auf alte Frauen des Thet-Stammes, Ureinwohner, die ihre Ohrläppchen für große Ringe, eher Blechfelgen, auf 10 cm ausgeweitet haben. Christa trägt ihre Fisch-Ohrringe. Beide Seiten bewundern sich. Es entwickelt sich ein großes Palaver mit Händen, Mienenspiel und Dolmetscher. Christa schenkt der Wortführerin einen Lippenstift, den sie an ihre Enkelin weitergibt. Die kleinen Mädchen haben rote Lippen und hellgelbe Muster im Gesicht. Die Wortführerin möchte sich fotografieren lassen, wenn wir ihr das Foto zuschicken. Sie verschwindet und als wir sie finden, tritt sie neu angekleidet in ihrem besten Gewand vors Haus.

In der Nacht hören wir zum zweiten Mal ein seltsames Singen. Es beginnt wie Hundegeheul, wird fordernder, die Töne steigen höher, ziehen sich in die Länge, noch höher, fast unirdisch. Ist es der Gesang des Dorfnats, der Schutz- und Erdgeister? Nicht weit von unserer Unterkunft befindet sich das goldene Kapellchen des Dorfgeistes. Erst am Nachmittag haben wir wie die Dorfbewohner einige Goldpapierchen dort angeklebt. Finden in der Nacht Beschwörungsgesänge und -tänze statt? Zieht hier die Prozession der Geister durch? Unser Guide meint am nächsten Tag, das sei wohl das Geheul der Hyänen gewesen. Er glaubt nicht an Geister und lächelt über den Aberglauben der Einwohner, er weiß nichts über die Macht und die Verwandlungskünste der Nats. Wenn er von ihnen spricht, nennt er sie immer "separate" statt "spirit", eine Sprachverwirrung, die für ihn symptomatisch ist.

Ochsenrennen am Neujahrstag 2002

8. Am Strand von Ngapali.

Von Sittwe wollen wir zum bisher einzigen Badestrand Myanmars. Am Tag des Weiterflugs haben die Militärs wieder alle Autos beschlagnahmt. Schließlich kommt unser Guide mit einem stummen Fahrer, der ohne Absprache das Auto seines Bruders weggenommen hat. Jedenfalls erreichen wir nach einem kurzen Flug mit einer Propellermaschine den feinsandigen Palmenstrand von Ngapali. Bambushäuschen mit Terrasse direkt am Strand. Das Wasser ist badewannenwarm. Eine kleine Dünung zwischen einigen Felsbrocken. Auf den ersten Blick ein angenehmes Örtchen zum Relaxen. Das Buch "Warten" ( Hua Jin ) von dem unendlich langen Warten eines Paares während der Mao-Ära auf die Möglichkeit einer Heirat wechselt zu Christa, und ich nehme mein zweites Buch "Wie Ludwig Wittgenstein Karl Popper mit dem Feuerhaken drohte" und stelle mir vor, wie sie sich nach einigen Lehrjahren als buddhistische Mönche verhalten hätten. Vielleicht hätten sie dann nicht als arrogante, besserwisserische Streithähne ihr Leben beendet und wären nicht als eben solche Romanprotagonisten verewigt worden.

Bei der Silvesterfeier sehen wir, dass wir im richtigen Hotel gelandet sind. Keine Berieselung mit westlicher Barmusik. Ein großes traditionelles burmesiches Orchester baut seine Trommel- und Gongarragements auf. Später kommen Sänger und Tänzer hinzu. Am Strand werden mehrere Feuer abgebrannt. Ein Meter hohe Heißluftballons werden mit einem brennenden Stückchen Zuckerrohr in den Nachthimmel geschickt, bilden neue Sternbilder und ziehen langsam wie eine künstliche Milchstraße in Richtung Süden. Ein Buffet mit Fisch, Prawns, Fleisch, Obst, einem Gin-Fruchtsaftgemisch und anderen Köstlichkeiten steht bereit. Später zieht jeder ein Los und erhält irgendwelche Geschenke, Kämme, Kugelschreibe, T-Shirts u.a. Das Orchester spielt über 5 Stunden. Eine Frauen- und eine Kindertanzgruppe schlenkert mit Gliedmaßen und Kopf in typischer Manier wie Marionetten, wirft die tradionellen Gewänder hin und her, ein Clown imitiert, angefeuert von den Musikern, die Frauen bis zur Ekstase. Schnell soll jeder noch einen Heißluftballon mit seinen Wünschen zur Region der guten Geister steigen lassen, da ist schon die Jahreswende erreicht, es pfeifen und knallen die Feuerwerkskörper und die Einheimischen juchzen, schreien und wünschen uns strahlend per Handschlag Glück zum Neuen Jahr, "Happy New Year".


Die Burmesen und ihr Land haben uns wieder so begeistert, dass wir vor dem Abflug mit unserem Reiseveranstalter überlegen, welche Gebiete im nördlichen Myanmar wir bei einer weiteren Reise besuchen könnten.