"Reisender, brich auf / In früher Dämmerung / ich künde Wunder Dir der heil'gen Stunde"
aus Wole Soyinkas Gedicht "Death at Dawn"

Ghana 2012

Das Huhn weiß, dass der Tag anbricht, lässt jedoch den Hahn krähen.
(Ghanaisches Sprichwort)

Erfahrungen mit einer fremden Kultur

"Was macht Ihr denn in Ghana?" fragt uns Ineke Bosman, die seit 38 Jahren dort lebt und das Projekt "Hand in Hand" für geistig behinderte Kinder gegründet hat. "Ghana ist doch kein touristisches Ziel. Hierher kommen meistens nur Leute, die Ihre verheiratete Tochter besuchen wollen."

Ja, was wollen wir in Ghana?

Unsere Erwartungen gehen von den Erfahrungen unserer ethnisch-religiös orientierten Voodoo-Tour durch die beiden Länder Togo und Benin 2009 aus. Damals hatten wir mit einem ghanaischen Führer vom Volk der Ewe in ganz ungewöhnlicher Weise afrikanische Denk- und Lebensformen kennengelernt. Nach unserer intensiven Beschäftigung mit verschiedenen indischen Kulturen zeigte sich uns in Afrika eine ganz andere Form menschlicher Lebensbewältigung.

Zu erleben, wie sich afrikanische Traditionen und europäisch-christliche Vorgaben vermischt haben und zu entdecken, wie sehr religiöse Vorstellungen und katholische Rituale in Schwarzafrika und Europa sich gleichen, wurde auch bei unserer neuen Reise ein Hauptmotiv.

Wodurch wird das Handeln der Menschen in diesem Erdteil bestimmt, welche Techniken der Lebensbewältigung haben sie entwickelt, warum glauben diese Menschen an die Kraft von Fetischen und seltsamen Wesen, wie bestimmen die Glaubensvorstellungen das alltägliche Leben? Diese Fragen beschäftigten uns bei unseren Begegnungen mit Menschen, die noch nicht gänzlich zu einem Teil der westlich orientierten Zivilisation geworden sind.

Unser Reiseprogramm, das wir mit der einheimischen Organisation Jolinaiko zusammengestellt hatten, sah deshalb nicht den Besuch von Nationalparks, Wasserfällen und Stranderholung vor, sondern führte in die abgelegenen Randgebiete Ghanas.


Ein Mythenerzähler

Wer sich für sehr zivilisiert hält, sagt sogar der Ziege "Guten Tag".
(Ghanaisches Sprichwort)

Inhalt:
Die koloniale Vergangenheit und das Volk der Ewe
Die fantastischen Särge und Beerdigungsriten
Bei den Fetischpriestern des Voltagebiets
Die Kentestoffe und ihre symbolischen Muster
Die Nutzung der Ölpalmen
Im "Hexendorf" Kukuo
Blutopfer für die Fetische des verstorbenen Priesters
Der heilige Bienenschrein von Karimenga

Ghana-Karte in Ghana II

9.2. Aufgestiegen sind wir vom Flughafen Düsseldorf bei 0° in einen blauen Himmel, hinunter geht es auf den Flughafen von Accra in eine heiße, graue, dunstige Luft auf eine graue, staubige Erde im Halbdunkel der beginnenden Nacht. Wir übernachten in einem abgelegenen, schlichten Hüttenhotel. In der Ferne hören wir das Rauschen des Meeres und das Schlagen der Wellen gegen den Strand.


Unser Guide Isaac und der Fahrer Ben

10.2. Unser Guide Isaac und der Fahrer Ben erwarten uns am zweiten Tag mit ihrem alten Allrad-Toyota. Wie sich bald herausstellt, funktioniert der AC nicht. Erst in einigen Tagen gelingt es Ben, den Filter auswechseln zu lassen, so dass wir dann bei 38° Außentemperatur etwas Kühlung haben und die Fenster geschlossen halten können, als wir über Staubpisten in den Norden fahren.

Die Hauptstadt Accra zeigt sich als eine sehr moderne Stadt. Besonders die Einkaufszentren und die großen Tankstellen unterscheiden sich nicht von denen europäischer Städte. Viele neue Hochhäuser. Hier investierten Ghanaer, die im Ausland ihr Geld verdienen, so unser Guide. Riesige Werbebilder und sogar Werbevideos säumen alle Straßen. Erinnerungen für uns an London.


Auf der Suche nach Idenität - bei 24 791 Einwohnern mit 79 verschiedenen Sprachen sehr schwierig.
Ghana, die frühere Goldküste, feierte schon sein 50jähriges Bestehen.
In der Null das häufige Symbol für "Gye Nyame" (Gott allein)

Auf die koloniale Vergangenheit Ghanas weisen in Accra und den östlichen Gebieten deutsche, holländische und englische Namen hin. Die Namen Burma-Camp, Burma-Road und Rangoon Road erinnern an den Kampf eines ghanaischen Regiments in der britischen Armee gegen die Japaner in Burma/Myanmar während des 2. Weltkrieges.

Als nach dem ersten Weltkrieg die deutsche Kolonie Togo, zu der die östlichen Gebiete des heutigen Ghana gehörten, zwischen Frankreich und England aufgeteilt wurde, entstanden Britisch-Togoland und Französisch-Togoland. Der Streifen östlich des Volta-Flusses kam im Mai 1956 auf Grund einer Volksabstimmung zu dem gerade entstehenden neuen Staat Ghana, weil die Mehrheit der Gesamtbevölkerung Ghanas sich für diesen Anschluss aussprach. Damit wurde eine Grenze, die mitten durch das Siedlungsgebiet der Ewe führte, fest geschrieben, obwohl die Mehrheit der dort ansässigen Ewe dagegen stimmte. Britisch Togoland wurde daraufhin 1957 gemeinsam mit der damaligen britischen Kolonie Goldküste als Teil des neuen Staates Ghana unabhängig.

Die Ewe leben im westlichen Togo und in Ghana bis zum Voltafluss. Die Grenze verläuft also mitten durch ihr Siedlungsgebiet. Die Vereinigungsbemühungen der Ewe-Nationalisten war lange Zeit ein Problem für den jungen Staat Ghana. Es entstanden mehrere Rebellengruppen, z.B. Togoland Unification Movement (Bewegung zur Vereinigung Togolands) und Ewe Unification Movement (Bewegung zur Vereinigung der Ewe). Von diesen politischen Auseinandersetzungen sprach unser Guide mit keinem Wort. Dagegen zeigte er wohl seine Herkunft aus einer Familie von Fetischpriestern. Inzwischen nannte er sich Katholik. Als Kind hatte er die Rituale und Gebete der Fetischpriester von seinem Vater und Großvater gelernt, so dass er bei einer Gelegenheit selbst die Rituale für die Erdgötter und Ahnen vollziehen konnte.

Bei den Ewe heißen die Erdgötter Trowo. Mit den Urahnen gehören sie zu den unteren Gottheiten. Sie entsprechen persönlichen Schutzgöttern. Die schöpferischen Urahnen stammen selbst aus Bäumen, Flüssen oder Erdlöchern und können – ebenso wie Erdgötter – Menschen, Tiere oder Dinge aus denselben Orten hervorrufen. Diese Hervorrufmythen sind weit verbreitet.


Isaac inszeniert ein Trankopfer für die Götter.

Daneben gibt es die himmlischen Götter, den männlichen höchsten Gott Mawu (oder Mawu-ga), der allwissende gute Schöpfergott, der den Menschen Regen und Nahrung bringen kann. Mawu hat Menschen aus Ton und der Kinnlade eines Verstorbenen erschaffen. Dazu gibt es drei weitere Himmelsgötter bei den westlichen Ewe.

Wir fahren zunächst die Küstenstraße Richtung Lomé. Beim Besuch einer Werkstatt für exotische Särge sehen wir absonderliche figürliche Särge in Form von Früchten, Tieren oder Statussymbolen, die nach dem Wunsch der Verstorbenen selbst oder ihrer Hinterbliebenen hergestellt werden. Die im Süden und der Region Greater Accra lebenden Ga verwenden diese figürlichen Särge für ihre Beerdigungsrituale. Sie werden außerhalb der Region auch „fantasy coffins“ oder „design coffins“ genannt.

Die fantastischen Särge und Beerdigungsriten

Das Verwenden solcher Särge hängt eng mit der Religion und den Jenseitsvorstellungen der Ga zusammen. Der Tod bedeutet für sie kein definitives Ende, sondern das Leben geht nach ihrer Vorstellung im Jenseits ähnlich weiter wie auf Erden. Die Verstorbenen sind als Ahnen einflussreicher als die lebenden Menschen und steuern die Geschicke ihrer noch lebenden Verwandtschaft. Die Familien versuchen mit den aufwändigen figürlichen Särgen den Geist des Toten wohlwollend zu stimmen. Der gesellschaftliche Status im Jenseits hängt neben dem Erfolg im Leben auch vom Umfang der Bestattungsfeier und der Exklusivität des Sarges ab,

z.B. ein Passagierschiff, eine Bierflasche, ein Rennauto, ein Chamäleon, ein Krokodil. Die Modelle sagen etwas über die Persönlichkeit der Toten, ihre Träume und ihren Beruf aus. Wer schon immer fliegen wollte, es aber zu Lebzeiten nicht geschafft hat, bekommt ein Flugzeug, und ein Fischer findet seine letzte Ruhestätte in einem Fisch. Seit etwa 50 Jahren werden diese figürlichen Särge in Teshi, östlich der Hauptstadt Accra, hergestellt.

Die Särge sind nur am Beerdigungstag sichtbar, sie kommen mit den Toten ins Grab. Die Sarggestaltung dient weniger einem dekorativen Zweck, sie ist vielmehr von Symbolen vorbestimmt. Figurensärge beziehen sich oft auf den Beruf des Verstorbenen und sollen ihm helfen, im Jenseits seiner irdischen Tätigkeit weiter nachzugehen. Ein Schwert- oder Stuhlsarg ist eine königliche oder priesterliche Insignie mit magisch-religiöser Funktion für Menschen mit einem entsprechenden Status. Tiere stellen zum Teil Klan-Totems dar, beispielsweise der Löwe, der Hahn oder die Krabbe. Solche Symbole stehen nur Oberhäuptern der Familien zu. Viele Sargmotive verweisen auf Sprichwörter, die von den Ga unterschiedlich interpretiert werden.

Eine weitere Besonderheit sind die großen Todesanzeigen an den Straßen. Todesanzeigen werden vor allem im Wohnumfeld des Verstorbenen öffentlich plakatiert. Bei „Home Call“ geht es in Ghana nicht ums Telefonieren, sondern um Todesanzeigen. Neben dem „Home Call“ und dem „Final Home Call“ findet man als Überschrift über Todesanzeigen noch häufig „Celebration of Life“ oder „Call to Glory“. In der Oberschicht werden Todesanzeigen mit dem genauen Ablauf der Trauerfeierlichkeiten und dem Hinweis auf die gewünschte Kleidung der Trauergäste (schwarz und rot, schwarz oder auch weiß) auch in der Zeitung veröffentlicht. Die Namen der trauernden Familienangehörigen werden meistens durch die Angabe ihrer beruflichen Position und ihres Wohnortes ergänzt, so dass damit gleichzeitig der soziale Status der Familie markiert wird.

Die Anzeigen machen deutlich, dass die Verstorbenen weiterhin als Teil der Familie „erlebt“ werden. Wesentlicher Bestandteil eines Beerdigungsgottesdienstes (im städtischen Bereich) ist das „Reading of Tributes“. Hier werden von Verwandten und Vertretern von Organisationen, Vereinen usw. die Verdienste der Verstorbenen noch einmal ausführlich in Erinnerung gerufen. Dieser Teil des Beerdigungsgottesdienstes heißt „Reading“, weil die Texte schon gedruckt in einem „Funeral Book“ vorliegen, von dem jeder Besucher des Gottesdienstes ein Exemplar erhält. Ein solches Funeral Book enthält darüber hinaus Bilder aus den verschiedenen Lebensabschnitten der Verstorbenen, eine ausführliche Biografie und natürlich den gesamten Ablauf des Beerdigungsgottesdienstes. Während des Verlesens der „Tributes“ defiliert die gesamte Trauergemeinde, Bank für Bank, an dem offenen Sarg vorbei, um sich von der Verstorbenen zu verabschieden. (akwaaba-impressionenausghana.blogspot.com/search?upd)

In Ghana ist es ganz wichtig, dass möglichst alle Verwandten – und dies umfasst nach den hier geltenden Verwandschaftsvorstellungen eine Vielzahl von Menschen – an der Beerdigung teilnehmen können. Da die Anreise von Verwandten – z. B. aus den USA – nicht von einem Tag zum anderen zu bewerkstelligen ist, kann sich daher der Termin einer Beerdigung sehr weit hinauszögern. Da die Kühlräume in den Krankenhäusern nicht ausreichen, um die Leiche manchmal bis zu einem Jahr und darüber hinaus zu konservieren, gibt es entsprechende private Unternehmen, die sich auf Kühlhäuser für Leichen spezialisiert haben und damit viel Geld verdienen. (Müssen aber auch bei dem häufigen Stromausfall in Notstromaggregate investieren!)

In der „Ghanaian Times“ vom 2.11.07 wurde in einem Leserbrief von Herrn Isaiah Adzig die heftige Kritik an den unsinnig hohen Ausgaben für Beerdigungen geübt. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Ausgaben kann durch die lange Zeit der Aufbewahrung der Leichen entstehen. Weiterhin sind die Vorbereitung für die Trauerfeier mit der Planung und Ausgestaltung des Gottesdienstes nicht zu Ende, sondern zur Trauerfeier gehört auch die Bewirtung. (Catering Service samt Partyzelten und Bestuhlung ist ein einträgliches Geschäft in Ghana!) Hinzu kommt noch, dass Familien, die etwas auf sich halten, vor der Beerdigungsfeier erst einmal das Haus des Verstorbenen renovieren. Der zitierte Leserbriefschreiber gibt zu bedenken, man würde vielleicht eher im Sinne der Verstorbenen handeln, wenn man dieses Geld z. B. für die Ausbildung der Kinder des Verstorbenen zur Verfügung stellen würde. Ironisch fügt er an, mancher Verstorbene habe sicherlich während seiner Lebzeit in manchen Situationen vergeblich auf ein vergleichbares finanzielles Engagement der Verwandtschaft zu seinen Gunsten gewartet. Abschließend fordert er gleich ein Gesetz zur Beschränkung der Ausgaben für Beerdigungen!

Im Film von Katrin Hensel-Ovenden "Mit dem Huhn in Jenseits" wird die letzte Reise von Merci Awuley Awuley beschrieben.

Die Kinder der mit 76 Jahren verstorbenen Merci Awuley Awuley möchten für ihre Mutter ein Huhn. Es symbolisiert ihrer Meinung nach am besten, wie die Tote war - eine liebevolle Mutter, die sie wie eine Glucke behütet hat. Tischlermeister Daniel Mensa, der sich "Hello" nennt, erhält den Auftrag. Die skurrilsten Särge hat Hello bereits angefertigt: Bevorzugt werden zwar immer noch die normalen Kastensärge, aber die fantasievollen Modelle kommen in Mode. Viele Schreiner haben sich auf den Bau von solchen Särgen spezialisiert, das Geschäft mit dem Tod blüht.

Bei den Fetischpriestern des Voltagebiets

Mit einem Boot überqueren wir den Fluss Volta. Im Dorf Atiekpoe besuchen wir drei Fetischpriester. Unsere Fragen, ob L. eine Arbeit findet und A. einen Mann, werden nur ausweichend beantwortet. Ein Fetischpriester antwortet, dass wir zur Beantwortung eine ganze Nacht im Dorf bleiben müssten.


Der Fetischpriester zieht eine Maske hoch und interpretiert den Widerstand beim Ziehen als Meinung des Fetischs.

Wir wandern zum Nachbardorf, wo eine Fetischpriesterin gerade mit einer Gruppe Bittsteller beschäftigt ist und leider keine Zeit für uns hat. Zurück über den Fluss und Richtung Midogo.

Schilder am Wegrand zeigen einen politischen Protest der Anwohner. Sie verkünden "No light no vote" und "No road no vote". Elektrizität und gute Straßen stehen auf dem Wunschzettel, aber nicht Schulen.

Als wir am Abend unsere abgelegene Unterkunft im Busch erreichen, erleben wir zum ersten Mal das Problem der Stromversorgung, das uns während der ganzen Reise begleiten wird. Wir haben zwar eine Taschenlampe mitgenommen, aber Kerzen zu Hause gelassen. Trotzdem gibt es ein Abendessen bei Kerzenschein in großen Räumen. Die Toilette liegt etwas verborgen in einer dunklen Ecke des Hauses. Mit Hilfe unseres Teams, das am Nachmittag Nudelpakete und Mangos gekauft hatte, bekommen wir etwas zu essen.

11.2. Fahrt zum Dorf Tso Torgbe bei Dzodze/Ternu. Heute, am Samstag, ist der Beerdigungstag in Ghana. Immer wieder sehen wir Menschen in schwarzen oder roten Kleidern. Der Samstag ist einem der wichtigsten Rituale vorbehalten, der Beerdigung.


Die Wand eines alten Fetischhauses mit religiösen Symbolen.

Alte, halb verfallene Lehmhütten zeigen Ausmalungen mit der Voodoo-Göttin Mami Wata. Jetzt dient das Haus als Viehstall. Die neuen Fetischräume befinden sich an anderer Stelle. Zunächst gibt es ein langes Palaver mit dem Fetischpriester. Hier erleben wir zum ersten Mal diese endlosen, typisch afrikanischen Beratungsgespräche. Es geht um unser Anliegen und die notwendige Bezahlung in Form von Schnaps, Geld und Opfertieren. Unsere Frage, ob Christa nach der Pensionierung einen Job findet, wird positiv beantwortet. Allerdings müsse sie zum Dank Geld für ein größeres Opfertier und die Hälfte des neuen Gehaltes überweisen. Ein Huhn sei zu gering. Es müsse schon eine Ziege, ein Schaf oder eine Kuh sein. Für den Fall, dass wir seine Hilfe später benötigten, gibt er uns seine Telefonnummer und erklärt uns, er sei auch bereit nach Deutschland zu kommen.


Der Fetischpriester mit seinen blutigen Fetischen.

Die Kentestoffe

Im Weberdorf Agotime Kpetoe werden die Kentestoffe gewebt, die früher nur von Königen getragen werden durften, schmale Stoffstreifen, die zusammengenäht werden. Jedes Muster hat einen eigenen Namen und steht für ein Sprichwort oder ein Ereignis. Jede Farbe hat eine symbolische Bedeutung.

Die ersten Kente-Weber webten vor über 400 Jahren Raffia oder Palmwedelfäden in den Stoff ein, der dann aussah wie ein Korb. Deshalb nannte man den Stoff Kente, abgeleitet von Kenten, was Korb bedeutet.

Die traditionellen Kente-Stoffe, zumeist in den panafrikanischen Farben gehalten, haben internationale Bedeutung erlangt. Die farbenfrohen, aus acht bis zehn Einzelteilen zusammengesetzten Stoffe - der einzelne Schal hat eine Breite von ungefähr acht bis zehn Zentimetern - sind Unikate. Kente wird auf einem sog. Teppichwebstuhl feiner Webart fertiggestellt, so dass nur ein genauer Blick die linke von der rechten Stoffseite unterscheidet.

Kente gilt als ein Mittel, den nationalen Zusammenhalt zu fördern, und hat politische Bedeutung. Sie bilden immer einen Teil der Mitgift. Traditionsorientierte Männer tragen Kente-Stoffe wie eine römische Toga.

Muster 1 bedeutet "die ganze Familie ist eine Macht." Der Stoff stellt die erweiterte Familie dar und zeigt ihre wichtige Rolle für die Erhaltung der Wohlhabenheit ihrer Mitglieder.

Muster 2 repräsentiert die grüne Schlange von Asona, Symbol eines der sieben Hauptclans der Asante.

Muster 3 bedeutet: Irgendwann kann man sich in den Lebensweg eines anderen verirren. Im Sinne von: Niemand ist vollkommen, jeder hat Fehler. Es ist wichtig, das Handeln der anderen zu verstehen und ihnen zu vergeben.

In den geometrischen Motiven verstecken sich Fische, Vögel, Früchte, Blätter, Sonnenuntergänge, Regenbögen und andere Dinge der Natur. Bisher wurden etwa 300 verschiedene Muster entwickelt. GHANA NATIONAL CLOTH - KENTE

Farbensymbolik in Kente-Stoffen:

 

Nutzung der Ölpalmen


Die roten Nüsse werden vom Fruchtstand abgeschlagen.


Die roten Ölkerne werden gekocht.

Am Straßenrand liegen immer wieder Fruchtstände von Ölpalmen. Sie werden von LKW`s zu einer der vielen Verarbeitungsstellen gebracht, wo die roten Kerne gereinigt, gekocht, zerkleinert werden. Dann wird aus der faserigen Masse rotes Öl gepresst. In der Masse befinden sich harte Kerne, die in einem Wasserfass nach oben schwimmen. Die Kerne werden geknackt, um an den glasigen Kerninhalt zu kommen. Dieses Palmkernöl wird für Nahrungsmittel (Kakaoglasuren, Schokoladefüllungen und Eiscremeüberzüge) verwendet. 10% des Palmöls für Seife und Kosmetika. Vom Ertrag her bringen sie das Dreifache eines entsprechenden Rapsfeldes. Die Versuchung Regenwaldflächen für Ölpalmplantagen abzuholzen ist deshalb sehr groß.


Die gekochten roten Früchte werden gemahlen, um dann ausgepresst zu werden.

Die Frauen mit ihren Kindern verrichten an den primitiven Arbeitsplätzen in der Nähe einer Straße eine Höllenarbeit. Die Kleinkinder schlafen zwischen ratternden Maschinen und vielen Feuerstellen. Für einen Schulbesuch haben sie keine Zeit.


Nussschalen und Nüsse werden sortiert.

Wegen der einfacheren Nutzung werden nur junge Ölpalmen genutzt, da man bei ihnen sehr leicht an die großen Fruchtstände mit 400-800 roten Früchten gelangt, die in den Blattachseln wachsen. Nach der Bestäubung durch Rüsselkäfer sind sie in 6-9 Monaten reif. Ausgewachsene Ölpalmen werden bis zu 30 m hoch.


Die Löcher im Baumstamm werden ausgebrannt zur Anregung der Saftflusses.

Mehrfach erleben wir auch die Palmsaftgewinnung. In den Stamm einer gefällten Ölpalme wird eine rechteckige Vertiefung geschlagen, die dreimal am Tag ausgebrannt wird und etwas abgeschabt wird, einen Monat lang. In der Vertiefung sammelt sich sehr schnell süßer Saft, der durch ein Röhrchen in ein Gefäß unter dem Baumstamm tropft. Der Saft vergärt dann zu Palmwein und wird zu Palmschnaps destilliert. Am Tag kommen ca. 5-10 Liter aus dem Stamm.


An den Schnittstellen holen sich Bienen den süßen Saft.

Abends haben wir einen Termin beim "Linguisten", der uns sehr anschaulich die Mythen der Ewe über Herkunft der Namen des Berges, des Flusses und der Krabbe erzählt. Anschließend will er von uns etwas über die Heiratsgebräuche in Deutschland wissen und schildert dann die Sitten in Ghana. Hier hören wir zum ersten Mal von der Rolle eines Linguisten, der immer als Sprachrohr des Königs bzw. des "Stuhls" in Südghana und des "Fells" in Nordghana fungiert. Als Zeichen seiner Autorität trägt er einen Stab mit einem Symbol, z.B. drei Köpfe oder Blätter an seinem Stab bedeuten, bei einer Beratung sind drei Köpfe besser als einer.

Unser Übernachtungszimmer in Liate Wote ist sehr einfach: kein Ventilator, kein Moskitonetz - das Toiletten- und Waschhäuschen draußen, 150 m hinter dem Haus. Eine schlaflose Nacht bei 27°.

12.2. Die staubigen Straßen werden immer schlechter und die Anwohner signalisieren wieder "No road no vote". Die Fahrt führt nahe der Grenze zu Togo hoch in den Norden durch Wohngebiete der Ewe, die auch große Teile von Togo bewohnen. Ein Baobab-Baum von 13m Umfang kündigt an, dass wir uns der nördlichen Savanne nähern.

Fetischpriester und Heiler vom Volk der Adele

Im Dorf Salifon treffen wir einen 90jährigen Fetischpriester vom Volk der Adele, der heilen und hexen kann. Mit ihm kann sich unser Guide nur in Englisch über einen Adele-Dolmetscher verständigen. Die Adele gehören zu einem Restvolk, das durch die Ewe verdrängt wurde. Als wir dem Fetischpriester als Anliegen Schmerzen im Knie vortragen, gibt es wieder ein endloses Palaver, an dem viele Männer aus dem Dorf teilnehmen, die dann aber plötzlich aufbrechen, weil sie zu einer Beerdigung müssen. Der Priester meint, er benötige zur Heilung Kräuter von einer entfernten Farm, die er nicht im Haus habe. Die Ablehnung einer Heilungszeremonie bezieht sich auch auf die Besichtigung des Fetischhauses.

Die Adele werden mit zu den Togo-Restvölkern gerechnet. In Ghana leben etwa 12.000 Menschen dieser Ethnie, in Togo etwa 18.000. Die Adele zählen überwiegend zu den Animisten. Frukoboso werden sie genannt. (wörtlich „Fruko verehrende Berglandbewohner“). Den Adele-Nationalfetisch „Fruko“, der sich in seinem abgelegenen Hauptschrein in der Nähe von Dadiasi in den Bergen befindet, haben wir leider nicht besichtigten können.

In dieser Nacht übernachten wir in einem komfortablen Steinbungalow im abgegrenzten Kyabobo-Nationalpark (320 km Luftlinie nördlich von Accra), der eingerichtet wurde, um die Antilopen, die aus dem Park in Togo über die Grenze kamen, zu schützen. Von den Elefanten, Affen und Büffeln sehen wir allerdings nichts, nur Antilopen, Erdhörnchen und viele wilde Pfauen. Auf die Besichtigung der Wasserfälle, die hier von Togo her zu Tal stürzen, verzichten wir.

Am Abend bereiten uns Isaac und Ben ein einheimisches Gericht aus Jams, Plantain, scharfer Fischsauce und Tomaten. Zum Nachtisch gibt es Melonen und Mangos. In der Nacht ist es etwas kühl, da wir keine Decke zum Zudecken haben.


Wie überall in Ghana: Kinder, Kinder, Kinder und einige Mütter.

13.2. Auf staubiger und löchriger Piste fahren wir am nächsten Morgen weiter nach Bimbilla, wo die Bewohner die Weißen nicht mehr "oboni" und "jowo", sondern "father" nennen. Wohl eine Angewohnheit aus den Zeiten der christlichen Missionierung. Am Straßenrand stehen jetzt meist Schilder mit der Aufschrift "No light no vote". Unser Guide meint, es sei typisch, dass die Menschen an erster Stelle Elektrizität wollen, aber nicht eine Schule verlangen. Sie wollen nach Möglichkeit fernsehen, auch wenn die Stromzufuhr immer wieder unterbrochen wird. Die unzureichenden Zustände bei der Schulbildung sehen wir recht bald. In der Nähe der Dörfer stehen oft strohbedeckte, scheunenartige Unterstände, in denen die Schüler unterrichtet werden.

Bei einem Halt im Dorf Benchado gehen wir zu einem solchen "Schulhaus", das die Inschrift "Happy Home" trägt und unterhalten uns mit den beiden Lehrern, die vor zwei Gruppen sehr junger Schüler stehen. Die Lehrer sind freiwillige Studenten ohne Ausbildung, die hier in der Einöde Schüler von 7.30 bis 12 Uhr unterrichten. Eine Frau, die erst seit einem Tag hier ist, bringt den Schülern mit schlechter englischer Aussprache das Zählen bei, die Namen der Körperteile und das Alphabet, während ein Mann nebenan den Kindern das "Vater unser" beibringt, das er in Altenglisch an eine Tafel geschrieben hat, obwohl die Kinder weder lesen noch schreiben können. Auch der Mann ist erst seit drei Wochen im Einsatz. Ein Vorgänger hatte nach drei Monaten aufgegeben. Da die Anwesenheit der Lehrer nicht kontrolliert wird, bleiben die Lehrer oft weg, obwohl sie bezahlt werden. Der Lehrer ist als Mitglied einer christlichen Sekte nur an der Missionierung, der Vermittlung von christlichen Inhalten, interessiert, weil das Dorf noch der traditionellen Religion anhängt.

An einer Straßensperre fragen wir einen Polizeiposten nach einem Fetischpriester. Er schickt uns zu einem Dorf der Konkomba, nach Damanko.

Die Straßensperren in diesem Gebiet sind eine Folge der kriegerischen Konflikte, die sich 1994 und 1995 in der unterentwickelten Region zu einem Bürgerkrieg mit tausenden Toten entwickelten. Die Konkomba kämpften damals gegen die Gonja (230 000 Mitglieder mit Gonja als Amtssprache), die Nanumba (52000 Mitglieder) und die Dagomba (800 000 Mitglieder mit einem 500 Jahre alten Königreich). Die größeren und länger ansässigen Völker wurden von den Konkomba als Unterdrücker empfunden, weil sie sich als politische Herren und Eigentümer des Landes betrachteten. Hier im Norden hat unser Guide immer wieder ein Problem mit einer möglichen Verständigung in den Dörfern. Es werden in Ghana 46 bis 100 Sprachen gesprochen, so dass meist nur eine Verständigung durch die Amtssprache Englisch möglich ist.


Ein Kind reinigt mit einem Messer einen Fisch.

Im Dorf der Konkomba haben wir Glück, da hier auch Angehörige des Ewe-Volkes wohnen. Wir werden wie üblich sofort eingeladen, Platz zu nehmen. Eine Bank und zwei Plastikstühle werden herbeigeholt. Das Leben spielt sich in dem heißen Klima natürlich auf dem Platz vor den im weiten Kreis stehenden Häusern ab. Unter einem Schattendach spielen die jüngeren Kinder, die Halbwüchsigen helfen bei den Alltagsarbeiten. Ein Junge flickt ein Fischernetz, ein Mädchen kratzt mit einem großen Messer die Schuppen von den Fischen, eine Frau mit einem Kind auf dem Rücken kocht die Innereien eines Huhns, eine andere stampft Chili für eine Sauce, Jungen rösten halbtote Fische auf einem speziellen Ofen und ältere Söhne palavern mit uns, ob sie den Vater, den Fetischpriester mit dem Handy herbeiholen können. Bis auf einen Jungen, der die Nachrichten auf dem Handy lesen kann, hat keiner die Schule besucht. Die Mutter ist z.Zt. in Accra und der Vater befindet sich auf einer Beerdigung.

Auf dem Hof befindet sich unter einem Baum ein Ritualplatz mit mehreren magischen Töpfen für Ahnenopfer und hinter einer Umzäunung vor dem Raum der Voodoo-Göttin Mami Wata ein großes Krokodil aus Zement. Als nach einiger Zeit der Priester eintrifft, beginnt wieder ein langes Palaver, ob wir die Fetische fotografieren dürfen und wieviel Geld wir für eine Zeremonie zahlen müssen. Fotos will der Priester überhaupt nicht erlauben und für die Zeremonie sollen wir zwei Flaschen Schnaps und 100 Cedis zahlen. Darauf winken wir ab, obwohl uns gesagt wird, dass auch die Einheimischen diesen Preis zahlen müssen. Sie würden aus diesem Grund häufig Land oder ein größeres Tier verkaufen.

Der Voodoo-Kult ist in Ghana nicht so offensichtlich wie in Togo und Benin. Hier spricht kein Priester von den Voduns, sondern nur von Fetischen und den Ahnen. Auch malerische Darstellungen der Voduns an den Hauswänden fehlen. Am Straßenrand finden sich manchmal Schilder mit Hinweisen auf Kräuterheiler.

Dagegen sehen wir ein Übermaß an Hinweisen auf christliche Sekten und Prayer Camps. Besonders aufgefallen sind uns die vielen Hinweise auf die "Lighthouse Chapel International".

Die Botschaft: “Jesus kann euch heilen, ihr müsst ihn bloss annehmen, ihr müsst ihn lieben.

Diese fundamentalistische Sekte wurde 1992 gegründet von dem Halbschweizer Dag Heward-Mills, der sich in Nachfolge der Basler Mission sieht, die vor 200 Jahren von der „Goldküste“ aus die Seelen der wilden Ghanaer "retten" wollte. Er sagt: “The responsibility of spreading the Gospel has shifted from whites to men of colour". Erklärte Absicht ist es, das entchristlichte Europa wieder zu missionieren. Sogar in Deutschland gibt es Gruppen in Aachen, Berlin, Düsseldorf, Freiburg und Hamburg. Assemblies of God http://www.velberter-mission.de/ag_ghana_bericht_032006.html

Parolen wie "Praise the Lord!" "Gott allein!" "Holy Ghost, take control!" oder Hinweise auf Psalmen prangen an der Heckscheibe jedes zweiten Autos. Geschäftsnamen wie "Psalm 23 Beauty Salon" sind nicht ungewöhnlich."

Auf schmaler Sandpiste zwischen hohem Gras gelangen wir zu dem abgelegenen "Hexendorf" Kukuo, in dem angeklagte Hexen Zuflucht und Sicherheit finden. Nachdem wir uns dem König des angrenzenden Dorfes vorgestellt haben, dürfen wir in den Dorfteil, in dem die sogenannten Hexen leben. Hier leben insgesamt 129 Frauen mit 172 Enkelkindern.

Zwei Frauen, die als "Hexen" im Dorf Kukuo Zuflucht gefunden haben.


Christa mit einer Frau, die schon 32 Jahre als angebliche Hexe in Kukuo lebt.

"Hexen lehnen Wiedereingliederungspraxis ab."

" Die Entscheidung der Regierung, alle Hexenlager im Land aufzulösen, und die angeblichen Hexen in ihre ursprünglichen Gemeinden wieder einzugliedern, stößt vermutlich auf Hindernisse, da die 'Hexen' in der nördlichen Region die Entscheidung vehement ablehnten."

"In der Tat, wir haben Angst, nach Hause zu gehen. Unsere Leute sind böse, und sie können jederzeit alles tun, um uns zu töten. Wenn die Regierung will, dass wir in unsere Gemeinden zurückgehen, dann muss sie in erster Linie unsere Häuptlinge, Meinungsführer sowie die Jugend sensibilisieren, aber auch ein Gesetz einführen, das Menschen bestraft, die andere der Hexerei beschuldigen oder sogar handgreiflich gegen sie werden. Was ist, wenn wir heute gehen und am nächsten Tag einem Mitglied unserer Familie ein Unglück widerfährt und sie uns dafür verantwortlich machen?"
Bericht im The Ghanaian Chronicle Dez.2011 http://www.marabout.de/chronik/2011/tage/02_12_12.htm

s. Christas Interviews mit vier "Hexen" über ihr Schicksal in dem Internet-Buch. Es ist möglich, eine Vorschau des Buches in Englisch oder in Deutsch im Internet anzusehen.


Ghana, Fetish Priests, Witch Camps and Funeral Rites
120 pages, 170 photos and 1 map

Ghana, Fetischpriester, Hexendörfer und Begräbnisriten

von Christa Neuenhofer

Weitere Infornationen zum Thema Hexen in Afrika:

s. http://www.friedensjournalismus.de/ghana/hexen.htm

s. im Internet die Schrift von Volker Hanebeck, "Hexen und Heilige Religiosität in Ghana - Beobachtungen und Begegnungen" http://heinz-kuehn-stiftung.de/pdf/jahrb12/jahrb12_19.pdf

s. im Internet den Text von Michaela Oberhofer Hexerei und Ethnizität. Das Beispiel der Jãana und ihrer Nachbarn in Burkina Faso http://www.ifeas.unimainz.de/workingpapers/AP66.pdf

http://aktenstaub.de/hexengericht.htm

Für Afrikaner ist
Magie wie Luft, die sie
einatmen
.

Blutopfer für die Fetische des verstorbenen Priesters

14./15.2. Auf dem Weg in den Norden treffen wir wieder auf eine kleine Ansammlung von Menschen. Als wir anhalten, stellt sich heraus, dass in dem kleinen Dorf Bonriyili eine besondere Zeremonie zum Tode eines Fetischpriestes abgehalten wird. Er war vor einer Woche gestorben. Seitdem waren seine zwei Frauen in einer Hütte eingeschlossen. Jetzt kamen sie zum ersten Mal wieder heraus und es sollte demonstriert werden, dass die Fetische nun einen neuen Herrn bekommen würden. Dazu begann gerade eine große Zeremonie, als wir eintrafen.

Über vielen seltsamen Fetische in Form von dicken, schwarzen Gurken werden zwei Schafen, einer Ziege und einem Hund der Hals aufgeschnitten und das Blut mit Fett über die Fetische verteilt und aufgerieben. Sie werden durch das Auftragen von Blut und Fett regelrecht genährt und immer dicker.


Blutopfer für die Fetische

Das Ritual beginnt mit einer Libation, einem alkoholischen Trinkopfer für den Hauptgott Chairee und die Ahnen, bei dem Alkohol auf den Boden geschüttet wird. Ein solches Trankopfer für die Ahnen ist bereits in der Bibel dokumentiert:

"Jakob aber richtete ein steinernes Mal auf an dem Ort, da Gott mit ihm geredet hatte, und goß ein Trankopfer darauf und begoß es mit Öl." (Genesis 35, 14)


Tanz für den verstorbenen Fetischpriester

Danach tanzen die Frauen zu dem Rhythmus von drei Trommeln. Eine Frau fällt in Trance. Darauf werden zwei kleine Kreise mit Kreide auf den Boden gezeichnet, Felle auf den Boden gelegt und dann etwa ein Dutzend Fetische auf die Felle gelegt. Wiederum ein Trankopfer, Hühnchenblut für die Fetische und der Hühnchentest, ob die Zeremonie angenommen wird. Entscheidend ist bei dem Hühnchentest, dass die toten Hühnchen, nachdem sie auf den Boden geworfen wurden, bei ihren letzten Zuckungen mit gespreizten Flügeln auf dem Rücken liegen bleiben. Durch Schläge auf Metall werden die halbtoten Hühnchen nochmal aufgeschreckt und zu neuen Bewegungen gebracht. Es dauert eine Zeit, bis die Hühnchen die erwartete positive Lage einnehmen. Dann werden sie sofort zum Fetisch geworfen. Danach findet die erwähnte Opferung der größeren Tiere statt und vier Assistenten reiben das Blut auf die Fetischobjekte.

Die Körper der geopferten Tiere werden in einer Ecke des Hofes enthäutet, gekocht und gegessen. Damit wird die Harmonie zwischen dem Geist des Verstorbenen, seinen Angehörigen und der Dorfgemeinschaft hergestellt und garantiert. Da wir aus Zeitmngel nicht am Festmahl teilnehmen können, gibt man uns ein Stück des Fleisches mit. Bereits zwei Tage vorher war eine Kuh geopfert und gegessen worden und am Vortag schon Schafe und Ziegen. Dieses Ritual wurde von mehreren Fetischpriestern geleitet. Ihnen ging es dabei vor allem um die Harmonie zwischen dem Verstorbenen, den Hinterbliebenen und der Dorfgemeinschaft und um Zufriedenstellung der Fetische, die jetzt herrenlos waren und gefährlich werden konnten. Die Fetische mussten in Zukunft einem neuen Priester zu Diensten sein.


Christa mit einer selbstbewussten Schwarzen

Auf unserer weiteren Reise treffen wir einen Dagomba, der sein Schwarzpulver für eine uralte Flinte selbst herstellt. Holzkohle, Salpeter und Schwefel zerstößt er zu feinem Staub. Als Schrotkugeln verwendet er kleine Steinsplitter.


Die Zutaten für Schwarzpulver werden zerkleinert.


Formschöne Vorratsbehälter aus Lehm

Als die Mittagszeit naht, benötigt unser Fahrer Ben seine Mahlzeit Fufu. Natürlich gibt es in dieser Einöde keine Essbude. Als wir uns wieder einem Gehöft nähern, halten wir, gehen in Richtung einer Gruppe Männer, die mit dem Bau eines Lehmhauses beschäftigt sind. Isaac sagt: "Wir haben Hunger, können wir etwas Fufu haben?" Die Männer reichen sofort einen Topf mit den großen Fufu-Bällen. Diese Breibälle in roter scharfer Sauce werden mit den Händen gegessen - es können auch Reisbälle, Plantain, ein Gemisch mit Kochbananen und Cassava oder Banku, ein Gemisch mit Mais. Meist sind sie etwas zäh und ziehen Fäden. Ich halte mich etwas zurück bei diesen Mahlzeiten, wahrend Christa immer zugreift.


Am Straßenrand werden eine große Grasratte (Thryonomys swinderianus), deren Fleisch ein Hauptnahrungsmittel in Afrika darstellt, und ein Gürteltier zum Verkauf angeboten.

Weiter geht es auf einer schlechten Sandpiste bis Tamale, der muslimischen Hauptstadt der nördlichen Savannenlandschaft. Diese Stadt der Dagomba hat seit 1982 Kontakt mit dem Bistum Münster.

An der Zahl der Blechdächer und den Steinhäusern zeigt sich, dass die Leute hier etwas Geld verdienen. Vielleicht hängt das zusammen mit dem Volta-Stausee in der Nähe, der der flächenmäßig größte See der Erde sein soll. Die Handelsverbindung per Schiff zur Küste und die Möglichkeit der Bewässerung der Felder ermöglichen ein Einkommen..

Kurz hinter Walewale erreichen wir in Karimenga unsere Unterkunft, das Greenhouse-Village. Wir wohnen in Lehmhütten ohne Licht, ohne Ventilator und Wasser wie die Dorfbewohner. Ibrahim, der ghanaische Organisator von "Greenhouse", bietet das Erlebnis eines authentischen Lebens mit ghanaischer oder europäischer Kost. Er erzählt vom Gründer des Dorfes, der hinzu kommenden Bauern "Timeema" zu sagen pflegte, "Lasst uns etwas aufbauen", woraus der Dorfname Karimenga entstanden sei. Das war im Jahr 1790. Inzwischen hat das Dorf 89 Häuser mit 456 Menschen, eine Grundschule und eine christliche Kirche. Die Bauern stellen Holzkohle her und ernten in der Trockenzeit Tomaten, Wassermelonen und Zwiebeln, die sie mit dem Wasser des Weißen Volta bewässern können. Die Bewohner gehören dem Volk der Mamprusi oder Manpelle an (in Ghana leben etwa 450 000). Ibrahim hat es wie der Gründerahne gemacht. Er hat Lehmhäuser für Touristen gebaut, um ihnen das alltägliche Leben der Bauern zu zeigen. Für die Einheimischen hat er sogar eine Bibliothek mit englischsprachigen Büchern gebaut. Inzwischen kommen auch Weiße und helfen ihm bei seinen Projekten. So treffen wir einen holländischen Schreiner, der eine Abdeckung aus Holz für eine Fischanlage baut.

Ibrahim führt uns durch das Dorf. Dabei geraten wir in eine offene Gerichtsverhandlung. Der Dorfchef sitzt als einziger seiner Würde gemäß auf einem Ziegenfell. Er hat einen Fall zu beraten, der seine eigene Familie betrifft. Seine Tochter hat ihren Mann verlassen und ist nach Kumasi gegangen. Nun klagt der Schwiegersohn auf die Rückkehr seiner Frau. Nach einer kurzen Unterbrechung der Verhandlung durch unsere Begrüßung fragen wir, ob wir ihm eine Kolanuss geben dürfen - das ist die übliche, traditionelle Bezeichnung für Geld - was er lachend bejaht.


Zwei Heiler und eine Naturapotheke

Beim weiteren Rundgang begegnen wir zwei Herbalisten, die im Dorf als Kräuterdoktoren tätig sind. Der erste kocht gerade einen Kräftigungstrank für seinen Körper, vor allem für seine Gelenke. Zum Abschied schenkt er uns fünf Eier. Der zweite Kräuterdoktor zeigt uns seine Apotheke, ein Haufen Dreck in einer Hofecke denken wir. Er aber nimmt Wurzeln, Baumrinde, Blätter und Zweige und erklärt uns, gegen welche Krankheiten sie helfen. In der Ecke steht ebenfalls ein Keramiktopf und Federn geopferter Tiere liegen herum. Dazu erklärt er uns, dass er auch geistige und psychische Probleme behandele, denn er heilt auch als traditioneller Fetischpriester, aber bei ernsthaften Krankheiten wie Schlangenbisse verweise er die Kranken an eine Klinik.

Der Bienenschrein von Karimenga

Ein besonderes Erlebnis ist für uns ein "Bienenschrein". Ibrahim erklärt uns, dass sich in einem Gebiet hinter dem Dorf ein riesiger Baobab-Baum befinde, in dem ein Dutzend wilder Bienenvölker sich eingenistet habe. Obwohl Isaak, unser Ewe-Führer große Angst vor Bienen hat und Ibrahim viele Bienenstiche hinnehmen musste bei der kürzlichen Honigernte, wagen wir uns in die Nähe der wilden Bienenvölker, nachdem ein herbeigerufener Bienenpriester seine Gebete und Bitten unter dem Baum gesprochen hat.


Im Kreis aufgestellte Bienenkisten für wilde Bienen

Die Bienen der Rasse apis mellifera adonsonii verteidigen sich stärker als die europäischen Rassen. Dazu erzählt uns Ibrahim folgende Fabel: Als ein Hahn und ein Elefant sich um die Gunst eines jungen Mädchens stritten, suchten sie Bundesgenossen für einen Kampf. Dabei scharte der Elefant alle vierbeinigen Lebewesen um sich und der Hahn alle fliegenden. Diese Auseinandersetzung gewann der Hahn, weil die Bienen so aggressiv an seiner Seite kämpften.


Bienenwaben im Bienenbaum

In früheren Zeiten fühlten sich die Bauern durch diese Bienen vor heranrückenden Feinden geschützt und verehrten sie als mächtige Bundesgenossen. Ursache für die vielen wilden Bienen hier sind die nektarspendenden Bäume in der Umgebung wie Sheabutter-, Neem- und Dawadawa - Bäume. http://www.ghana-help.ch/Shea.htm

Blüten eines Dawadawa Baumes (Parkia biglobosa). Die hängenden Blütenkugeln bestehen aus Hunderten von nektarhaltigen Blüten. Auch der Samen, die Blätter und der Harzbalsam des Baumes werden von der Bevölkerung genutzt.

In der Nähe dieses heiligen Bienenbaumes hat Ibrahim in Zusammenarbeit mit kanadischen Imkern Kenia-Top-Bee-Hives aufgestellt, primitive Kisten, die Schwärme der wilden Bienen anlocken sollen.

  • Beekeeping in Ghana (Part 1, Part 2)
  • s.a. Mein Leben mit Bienen 2012. Berichte über meine Begegnungen mit Bienen und Imkern auf meinen Reisen.

    Forts.: Ghana II. Im Norden und Westen Ghanas und Ghana III. Im Zentrum Ghanas

    Zum Seitenanfang - Zur Startseite der Homepage