Durchs nördliche Orissa
im Oktober 2006
Fotos von Christa Neuenhofer
Skulptur einer Tänzerin von einem Tempel in Bhubaneshwar
Aus dem Inhalt:
Das asketische Kloster des revolutionären Mahima-Kultes
Die Kulturen der Eingeborenenstämme in den Bergen Orissas, der Paudi Bhuinya und der Juang und der Birhor,
Die Verarbeitung von Wildseide
Malereien an den Santal-Häusern
Musik bei den Juang
Eine Birhor-Frau mit Schmucktätowierungen
Anreise: Zugfahrt 3 Std. Viele Menschen nutzen das lange Wochenende. Der Zug ist voll. Ein Holländer auf dem Weg zur Ledermesse erzählt von seiner Indienzeit als Ledereinkäufer. Eine vom Protestantismus zum Hinduismus konvertierte Deutsche aus Stuttgart, wo es zwei Hindu-Tempel gebe, erzählt von ihrer Pilgerfahrt den Ganges hinauf von der Mündung bis zur Quelle.
Mit der Lufthansa in 7 Std von Frankfurt nach Delhi . Nach 5 Std Warten in zerrissenen Sesseln auf dem internationalen Flughafen fahren wir mit einem Taxi zum nationalen Flughafen. Der nationale Flugplatz ist erst ab 5 Uhr geöffnet. Unterwegs hat das schrottreife Taxi eine Autopanne und der Fahrer wechselt einen Reifen. Man muss in Indien mit allem rechnen und das Unglaubliche einplanen. Flug. Unser Weiterflug ist gestrichen und wir müssen einen Ersatzflug nehmen. In einem kleinen Flugzeug, dessen einzige Toilette ihre Gerüche durchs Flugzeug verteilt, fliegen wir über Hyderabad in 6 Std nach Bhubaneshwar, der Hauptstadt Orissas.
Ankunft in Bhubaneshwar, der Hauptstadt Orissas, bei Regen und brütender Treibhaushitze. Ein alter Ambassador, der in anderen Bundesstaaten schon längst von neueren Autos ersetzt worden ist, erwartet uns und bringt uns ins Hotel Marrion, wo wir erst ein relativ sauberes Zimmer auf Anforderung bekommen. Nachmittags besuchen wir einige Durga-Altäre. Die Stadt ist voll davon und feiert mit Lichterketten und lauter Musik das Dussehra-Fest. Uns zieht es mehr zu anspruchsvollen Skulpturen in den alten Tempeln Rajarani, Brahmeshvara und Muktesvara, die wir bereits vor 10 Jahren bei unserer ersten Reise durch Orissa besichtigt haben.
Ein Gottesdienst im Haus.
Die Sand-Unterlage für das Sandelholzfeuer wird vorbereitet.
Im Büro unserer Reiseorganisation: Ein Brahmane bereitet auf dem Boden mitten im Raum eine Durga-Puja vor. Zunächst ebnet er einen hohen Sandhaufen auf 10 cm Höhe ein, dann malt er mit Reismehl in fünf Farben einen Stern auf den Sand. Hinter dem Sandhaufen stehen kleine Götterfiguren von Durga, Ganesha, Jagannath u.a., daneben Keramiktöpfe mit Blättern und einer Kokosnuss, Sandelholz für ein Feuer, Milch, Zucker, Honig, Bananen. Später malt er auch auf den Eingangsstufen der Türe Reismehlsterne. Andere Hauseigentümer stellen noch seitwärts der Türen zwei Bananenstauden als Glücks- und Erfolgsbringer auf.
Hinter Denkhanal ist die Straße so zerstört, dass sie fast unbefahrbar ist. Wir haben keinen Gegenverkehr, begegnen aber immer wieder LKWs, die mit Reifen-, Achs- oder Motorschäden liegen geblieben sind.
Segnung der Autos
mit Girlanden, Bananenstauden, Wasser, roten Farbpunkten und Weihrauchstäbchen.
Vom turbulenten Kult um die Muttergöttin Durga zu dem asketischen Kloster des revolutionären Mahima-Kultes
An den Landstraßen stauen sich die Fahrzeuge. Die Priester murmeln Segenssprüche, rufen die Göttin Durga an, hetzen hin und her. LKWs und Motorräder werden mit Girlanden, Farben und Bananenblättern geschmückt, mit Wasser bespritzt und mit rauchenden Räucherkerzen versehen. Die wichtigsten Teile, Lampen und Lenker, werden mit einem roten Punkt versehen; dann fahren die Motorräder zum Abschluss der Fahrzeugweihe über rot punktierte Zitronen. Jetzt fühlen sich die Fahrer wieder der höllischen Verkehrssituation auf den indischen Straßen gewachsen.
Die Menschen gehen zu den Altären der Mutter Durga
und holen sich ihren Segen in Form eines roten Punktes auf der Stirn.
Es ist die Zeit des 10tägigen Dussehra-Festes, das von allen Indern begangen wird. Dröhnende Musik schallt aus offenen Zelthallen, in denen die Statue der göttlichen Mutter Durga verehrt wird, immer in einer Gruppe dargestellt, wie sie den Todesdämon in Büffelgestalt vernichtet, zusammen mit ihrem Reittier, dem Löwen, und ihrem Sohn, dem elefantenköpfigen Ganesha. Mit ihren 10 Armen hält sie Symbole verschiedener Götter: das Rad und das Muschelhorn des Vishnu, den Dreizack Shivas u.a.
In unserem Übernachtungsort Pallahara (Palhada) findet am Abend im Rahmen eines großen Feuerwerks die Verbrennung des Dämonenkönigs Ravana statt, der nach der Legende die Gattin Ramas entführt hatte, die dann mit Durgas Hilfe wieder befreit wurde. Zum Dank führte Rama das Fest zu Ehren der Göttin ein. Auf diese Weise wurde die vorarische Muttergottheit von dem patriarchalischen Götterhimmel der Arier akzeptiert.
Am Wochenende treffen wir auf Prozessionen, die mit der Statuengruppe zu einem Fluss unterwegs sind, um ihre Göttin zu versenken. (s. Bericht über eine Reise durch die Gangesebene: Dussehra in Varanasi). In manchen Orten Nordorissas sind die Menschen zu dieser Zeit schon mit der Vorbereitung des folgenden Festes beschäftigt, ein Fest zur Verehrung der Glück bringenden Göttin Lakshmi.
Nach den turbulenten Zeremonien zu Ehren einer Hindugottheit in der Hauptstadt Bhubaneshwar erleben wir eine völlig entgegengesetzte religiöse Welt im ländlichen Joranda. Hier stehen in der flachen Ebene, verborgen hinter hohen Mauern, zwischen grünen Wiesen und Reisfeldern vier große, rechteckige, fast schmucklose weiße Tempelkomplexe. 250 Anhänger der Religion sollen z.Zt. hier leben. Es ist Mittagszeit. Unser Guide weiß, dass jetzt eine Prozession von Mönchen zum Haupttempel ziehen wird. Voller Hochachtung spricht er, der Brahmane, von dieser neuen Religion, die erst Ende des 19. Jahrhunderts von dem Saddhu Mahima gegründet wurde und nun in ganz Orissa verbreitet ist.
Dieser Kult ist vor allem eine Revolte gegen den Polytheismus, die Verehrung von Götter-Bildnissen und die engen Kastengrenzen der traditionellen Hindureligion.
Weitere Beschreibungen des Kultes von M.Bisoi in "Religious History of Orissa", Delhi 2004 und in der Dissertation von Lidia Guzy, Baba`s und Alekh`s - Askese und Ekstase einer Religion im Werden, Berlin 2002
Die Berliner Ethnologin und Religionswissenschaftlerin Lidia Guzy hat sich zwischen 1999 und 2001 im Rahmen eines Forschungsprojektes der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Freie Universität Berlin (Prof. Pfeffer/Prof. Zinser) im ländlich geprägten indischen Bundesstaat Orissa aufgehalten. Dort untersuchte sie am Beispiel verschiedener asketischer Traditionen die hinduistische Reformbewegung Mahima Dharma, die in ihrer reinsten Ausprägung einen Ein-Gott-Glauben vertritt und als eine Religion im Werden bezeichnet werden kann. Sie lehnt im Prinzip das hinduistische Kastenwesen ab und glaubt, dass man, ähnlich wie im Buddhismus, durch intensive Askese und Verehrung des einen Gottes schon aus diesem Leben heraus die Erlösung erreichen kann.
Auf Grund des Ein-Gott-Glaubens kann auch ein Moslem hier mitbeten.
Lidia Guzy beschreibt in diesem Kontext hilfreich neben der Geschichte und den asketischen Regeln auch immer wieder die Laiengemeinschaften und die bürokratisch-praktischen Regeln der Religion. Durch den Unterhalt der Babas und die finanzierten Rituale erwerben sich auch die Laien religiösen Statusgewinn und einen Anspruch auf eschatologische Belohnung, also einen Zugewinn an Kharma.
Wegen der eigentümlichen Kleidungs- und Essvorschriften verbreitet sich die Bewegung nur auf dem Lande, und wegen der wegfallenden Kastengrenzen besonders bei den kastenlosen Volksstämmen und den Unberührbaren.
Neben einer großen Glocke sitzt ein fast nackter Mann mit langen, verfilzten Haarsträngen, etwas abseits vom Tempelturm, der kein Götterbild enthält und keinen Figurenschmuck aufweist, nur eine große Kobra auf der Spitze. Dreimal schlägt er über längere Zeit den Klöppel gegen den Glockenkörper. Währenddessen fegen andere Mönche, nur mit einem orangefarbenen Schurz bekleidet, immer wieder den Steinboden vor dem inneren Tempelareal. Die Fläche um den eigentlichen Turm mit dem Grab des Mahima wird von zwei ranghohen, älteren Mönchen gefegt. Diese Mönche tragen als Zeichen ihrer Würde einen Schurz aus Rinde vom Kumbhi-Baum und auf dem Rücken ihre zu einem Paket zusammengebundenen, verfilzten Haare. Später bringen sie Wassergefäße aus Messing und Kokosnüsse auf einer Messingschale in den Turm. Die Sonne brennt unerbittlich auf ihre nackten Körper, während sie mit weißen Ziegen- oder Yakhaarwedeln den Turm dreimal umrunden. Im unteren Zugangstor stehen zwei rangtiefere Mönche, der eine wedelt ebenfalls durch die Luft, während der andere in ein Muschelhorn bläst.
Dann ertönen plötzlich aus der Ferne rhythmische Gongschläge. Eine Prozession von 10 fast nackten Mönchen erscheint mit Gongs, Handtrommeln und Zimbeln. Auch ein bekleideter Moslem ist dabei, der rhythmisch seine Hände schlägt. Nach der zweiten Umkreisung des Tempelturmes bilden alle Mönche vor dem Eingang eine lange Reihe, werfen sich dreimal auf den Boden, kreuzen mehrmals die Füße dabei, stehen auf, heben die Arme und rufen den Namen des einzigen Gottes"Alekha". Danach hocken sie sich zusammen, berühren die Füße der rindenbekleideten Mönche und die der anderen. Jeder lässt seine Füße berühren und berührt die der anderen. Ein seltsames Schauspiel.
Unter den Vorschriften für die Anhänger findet man sehr überzeugende ethische Prinzipien wie Gewaltlosigkeit, einfaches Leben, Vergebung, Geduld, Aufrichtigkeit, Verbot von Drogen, auch Zuchtverbot für Ziegen, Schafe und Geflügel, weil sie für bestimmte Hindugottheiten als Opfer dienen, Heiratsverbot für die Mönche, Fortbewegung nur zu Fuß und Essverbot nach Sonnenuntergang. Daneben aber findet man auch Unverständliches wie das Verbot jeglicher Medizin, weil nur Gott Krankheiten heilen könne, die Erlaubnis, Haschisch zu rauchen, Verbot, bei Rajas, Brahmanen und Wäschern zu betteln, weil sie in irgendeiner Weise mit Sünden anderer Menschen in Berührung kommen und deshalb unrein sind. Bei Christen dürfen die Mönche betteln, aber bei Moslems nicht. Von Gärtnern und Prostituierten dürfen sie keinen gekochten Reis annehmen.
Die mit einem Bastschurz bekleideten Mönche (links).
Was wir beim Umzug der Mönche gesehen haben, sind für unsere Begriffe allerdings Rituale gewesen, die nach den Ordensregeln eigentlich verboten sind, denn dort heißt es, dass jede Art von Ritus verboten ist.
Nach dem Besuch des Mahima Klosters in Joranda geht es weiter zum ersten Dorf der Hindukaste der Dom oder Pan (Samili bei Khamar). Unser Empfang ist unterschiedlich. Einerseits läuft das ganze Dorf zusammen und begrüßt uns neugierig und freundlich, andererseits veranlasst uns der Dorfchef, das Dorf zu verlassen.
Die Dom, auch Domba, werden als Verwandte der Roma, der europäischen Zigeuner, betrachtet und werden zu den Unberührbaren, den Dalits, gezählt. Sie leben in verschiedenen Bundesstaaten, früher waren sie Sklaven der Kondh, für die sie Büffel als Opfertiere für die Meriah-Feiern besorgten, und von den Hindus wurden sie als Sexualpartner für tantrische Rituale gewählt. In den Dörfern treten sie ebenfalls als Musiker und Akrobaten auf. In Varanasi sind sie für die Verbrennung der Leichen zuständig. In den Kondh-Dörfern heißen sie "pano", dort sind sie als Händler und Weber z.T. wohlhabend geworden.
20 km vor Pallahara versuchen wir vergeblich in einem Ort ein Übernachtungszimmer im Inspection Bungalow zu bekommen. Der Verantwortliche ist nicht zu erreichen. Wir fahren weiter nach Pallahara, wo wegen des Dussehra-Festes ebenfalls das ganze Dorf auf den Beinen ist, um mit Feuerwerk und Schauspiel der Verbrennung des Dämonen Ravana zu feiern. Große Heißluftballons steigen unter dem Beifall der Bevölkerung in den schwarzen Nachthimmel.
Vom überscharf gewürzten Essen in einer Bude ist nur der Reis und der Mehlfladen genießbar. Das wird sich in den kommenden Wochen leider nicht ändern. Wir bekommen ein Zimmer, obwohl im Nebenraum eine offizielle Versammlung der Dorfchefs stattfindet. Im Zimmer ist es unerträglich heiß und voller Mücken. Durch einsetzenden Regen wird es noch schwüler.
Am Abend und in der Nacht fällt mehrmals der Strom aus. Der Ventilator steht still und Licht haben wir nur von unserer Taschenlampe. Die Fenster sind ohne Mückenschutz. Wir schützen uns mit Autan und wir nehmen als Malariaschutz Lariam-Tabletten. Während unserer Reise berichten die indischen Zeitungen von stetig zunehmenden Todesfällen durch Denguefieber, das durch Mücken übertragen wird. Sehr ermunternd.
Ein Tanz, bei dem die männlichen Tänzer mit einer Trommel tanzen.
Heute kommen wir in das Waldgebiet der Paudi Bhuinya. Dieser Volksstamm umfasst nach Auskunft unseres Guides hier etwa 16100 Menschen, die in 40 unterschiedlich großen Dörfern mit 10 - 50 Häusern leben. Insgesamt gibt es etwa 200 000 Bhuinya, die zu den primitiven Völkern gerechnet werden, die Sprache Oriya sprechen und sich wie die Hindus kleiden. Die Dörfer liegen in leicht hügeliger Landschaft. Zwischen wilden Mangobäumen und verborgen in Salbaum-Wäldern liegen kleine Felder mit Reis, Bananen, Sesam und Mais. Neben der Landwirtschaft sammeln die Bhuinya im Wald Blüten und Samen des Mahuabaumes, Tamarinde, Mangos, Blätter, Pilze, Wurzeln und Kräuter, sowie Gras fürs Hausdach und Fasern zum Herstellen von Seilen. Auf den Hügeln betreiben sie noch Waldrodung. Die Felder werden drei Jahre bestellt und bleiben dann 5-7 Jahre liegen.
Unter Aufsicht von Dorfhirten werden Rinder, Büffel, Ziegen und Schafe täglich hinaus getrieben. Die Rinder dienen als Pflugtiere und werden nicht gemolken. Nur die Büffelmilch wird auf dem Markt verkauft.
Sobald wir den Innenhof eines Gehöftes betreten, wird eine Schlafliege als Sitzgelegenheit für uns geholt. Im Dorf Jamdhiha führt eine Gruppe spontan einen Tanz mit Gesang für uns auf. Die Lieder handeln von der Ernte und Liebe. Im Zentrum des Dorfes steht eine wichtige Hütte, die als Schlafraum für Gäste und Jugendliche und auch als Raum für Versammlungen und zur Aufbewahrung von Saatgut und von Tanztrommeln dient. Die Ziegen und Hühner werden vorwiegend den Göttern geopfert.
Die rechteckigen Wohnhäuser haben keine Fenster, nur eine Bambustür, die wie die Hauswände mit Lehm und Kuhdung verstärkt wird. Rund um das Haus verläuft eine Veranda zum Sitzen.
Ein Wochenmarkt im Wald.
In einem Wald nahebei besuchen wir einen Wochenmarkt. Quer durch den Wald über steinige und schlammige Wege erreichen wir das Dorf Dolla, das wohl schon seit älterer Zeit von den Hindus missioniert wird, wie Reste alter Hindutempel beweisen, und wo wir auf ein Durgazelt treffen. Auf dem Areal davor befinden sich eine mit Nägeln gespickte Schaukel und ein dorniger Pfahl, auf dessen Spitze ein Gefäß steht. Auch diese Dinge werden bei den religiösen Feiern gebraucht.
Auf unserer weiteren Fahrt bis auf 800 m beginnt es heftig zu regnen, dann sehen wir plötzlich bei Banspal eine Einrichtung für Seidenraupenzucht. Wegen der vielen wilden Elefanten ist die Plantage mit tiefen Gräben umgeben. Hinter den Zäunen und Gräben werden Pflanzen für die Zucht verschiedener Seidenspinner kultiviert, für den Maulbeerspinner, für den Tussahspinner, den Muraspinner und den Eriespinner, der Rhizinusblätter frisst. Die Kokons werden von der Bevölkerung der Umgebung weiterverarbeitet. Bereits in einem Mishing-Dorf an der Grenze zu Arunachal beim Nameri-NP hatten wir 2002 Züchter und Weber von Erie-Seide besucht.
Die Verarbeitung von Wildseide
Neben der Verarbeitung der Seidenkokons des gezüchteten Maulbeerspinners werden in Orissa die braun-beigen schattierten Kokons des wilden Tussahspinners verarbeitet. Diese Seide (tassar) ist nicht fein und glänzend, sondern hart und stumpf. Der Tussahspinner, ein Nachtfalter mit Flügelspannweite bis 20 cm, lebt im Wald von den Blättern der Sal- und Assan-Bäume. Die Raupe wird bis 10 cm lang. Neben dem Tussahspinner gibt es auch noch den Cosa-Spinner, der rote Flügel mit vier Punkten hat. Die Entwicklung der Raupe wird im Wald von Bevölkerungsgruppen der Unberührbaren überwacht. Die Kokons werden ein- oder zweimal im Jahr im Oktober und Februar eingesammelt und der Kaste der Weber verkauft. Von den hochwertigen Maulbeerspinnern, die vor allem in Westbengalen und Südindien gehalten werden, werden jährlich bis zu viermal die Kokons eingesammelt. Nur eine bestimmte Webergruppe (die Kosta) darf die Raupen in den Kokons durch Dämpfen abtöten. Sie kennen ein Mantra, das sie schützt, denn die Raupe trägt die vier heiligen Zeichen des Gottes Krishna an ihrem Körper. Nach dem Kauf werden die Kokons auf der Straße zum Trocknen ausgebreitet. Der Seidenleim wird im kochenden Wasser mit Ätznatron aufgelöst, die Kokons werden abgehaspelt und Fäden von 4-15 Kokons mit der nassen Handfläche auf dem Oberschenkel miteinander verdrillt. Gewebt werden die Stoffe auf Grubenwebstühlen, oft in einer Mischung mit Baumwolle.
(Eine sehr ausführliche Beschreibung der Produktion von Wildseide von Elisabeth Eschler befindet sich im Orissa-Buch des Museums Rietberg.)
Die Juang
Abends zur Dämmerung erreichen wir im Wohngebiet der Juang 920 m hoch das Dorf Gonasika, wo wir wegen des Regens unser Zelt im Zimmer eines Regierungshauses ohne Wasser und Strom aufschlagen. Hier kann unser Fahrer erstmals seine hoch gepriesenen Kochkünste zeigen. Leider braucht der einflammige Benzinkocher viele Stunden, bis Suppe, Reis und Gemüsemischung gar sind. Die Nacht wird nicht erholsam, da nur eine dünne Matte uns vom harten Betonfußboden trennt und ein tropischer Regen aufs Dach prasselt.
Unser Fahrer zeigt seine Kochkünste in einem Inspection Bungalow.
Andru kulam - Auf Wiedersehen
Die Juang-Sprache ist als Munda-Sprache Teil der Austrischen Sprachgruppe.
Die Juang wurden früher von ihren Nachbarn Patua genannt, was "Leute mit Blätter-Kleidern" bedeutet. Sie nutzten dafür die Blätter des Sal-Baumes. Nach der Volkszählung von 1981 wurden in ganz Orissa 30 875 Juang gezählt.
Wir besuchen die Juang-Dörfer Baitarani, Dadali Badi und Gupta Ganga. 600 m hoch.
Vor den Dörfern erwartet uns jeweils ein galgenartiges Gerüst, in das im April zum Ernteabschluss ein Götterbild, ein dämonischer Holzkopf, gehängt wird, weil der Kopf nicht den Boden berühren darf, wie unser Guide erklärt. Hier werden der Gottheit die zu Mehl gemahlenen Körnerfrüchte, ein Gemisch aus Hirse und Reis, dargebracht. Nach der Zeremonie verliert der Kopf jede Bedeutung und wird vergraben oder weggeworfen. Neben der Muttergottheit Gram Siri und dem Sonnengott Dharm Deota werden viele übernatürliche Wesen im Wald, im Wasser, in Steinen und anderen Objekten verehrt. Bei jeder Aktion im Dorf oder außerhalb werden sie und die Ahnen Rusi und Rusani verehrt. Eine Nichtbeachtung dieser Traditionen würde Unheil über das Dorf bringen, so glauben sie.
Sie trommeln, singen und tanzen. In der Mitte ein blinder Musiker.
In Baitarani führen vier Tänzer einen Erntetanz vor. Mit den Händen hält jeder Tänzer eine große, flache Trommel, wie man sie auch in arabischen Ländern findet, vor dem Körper und singt in den Hohlraum hinein. In einer Reihe stehend schreiten sie langsam in gebeugter Haltung mit Schulterkontakt in eine Kreisform, in der sie sich mit Rhythmuswechsel in Vorwärts- und Rückwärtsbewegung gegen die Uhrzeigerrichtung bewegen. Dabei danken sie dem Erdgott für seine Gaben und wünschen sich für die kommende Saison Fruchtbarkeit und viele Früchte.
Der blinde Sänger begleitet sich auf einem einseitigen Streichinstrument.
Im dritten Dorf Gupta Lanja singt ein blinder Sänger, der sich auf einem einseitigen Streichinstrument begleitet, Geschichten aus dem Epos Ramayana. Er sitzt auf der umlaufenden Veranda des Versammlungs- und Schlafhauses (Mandaghar), das durch geschnitzte Holzsäulen besonders prächtig wirkt. Die Umrisse von einem Mann, einer Frau, einem Fisch und einem Büffel sind zu erkennen. Mitten im halboffenen Raum glimmt ein großer Baumstamm, an dem sich die Männer ihre Zigarren anzünden. An den Wänden hängen ein geschwärztes Foto von Orissas Hauptgott Jagannath und Geweihe. Im Hintergrund ein Paket Saatgut und zwei große Fasstrommeln und viele Flachtrommeln. Dies ist das größte und wichtigste Haus des Dorfes, wo sich auch bei unserem Eintreffen viele Männer aufhalten.
Neben dieser Hütte befindet sich ein Baum mit Gedenksteinen, bei denen ungewöhnliche Lavaflusssteine auffallen.
Handwerker stellen archaische Hilfsmittel für den täglichen Bedarf her. Ein Mann schlägt aus einem Baumstück einen kleinen Holzpflug heraus. Nur ein wenige Zentimeter breites Eisenstück dient als Spitze. Der Pflug als Erdhobel. Gezogen wird er von Ochsen. Ein anderer Mann schlägt aus einem Baumstamm eine Radhalterung für den Ventilator einer Schmiede.
Malereien an den Santal Häusern
Gegen 12 Uhr wird es dunkel, und für eine Stunde setzt ein tropischer Regen ein. Nachmittags fahren wir über Schlammwege zu den zwei Santal Dörfern Tamdheri und Bageria in der Ebene bei Jashipur.
Typisch für diese Dörfer sind Malereien an den Hauswänden. Vor den Häusern sitzen Frauen, die aus Stroh dicke Seile drehen und aus Blättern Essgefäße für den nächsten Tag herstellen. Wenn diese nach dem Essen weggeworfen werden, können die herumlaufenden Ziegen sie fressen. Noch finden wir in den Dörfern nirgendwo Plastiktüten und -flaschen. Diese Wohlstandsutensilien können sie sich nicht leisten, und auf den Wochenmärkten werden Kleinigkeiten meist in altes Zeitungspapier verpackt, das wiederum gerne von den Kühen gefressen wird. Darüber hinaus sind die Bewohner aber wild auf leere Plastikflaschen, in die sie Öl füllen können.
Weiterfahrt nach Jashipur, wo wir auf eine wilde Prozession treffen, die mit einem Traktor eine Durga-Figurengruppe zum Fluss fährt. Viele betrunkene Männer tanzen zur Musik einer mitgeführten Musikanlage vor dem Zug. Eine Gruppe Trommler, die an japanische Trommelgruppen erinnert, schlägt besessen mit Schlegeln auf die Felle. Hinten auf dem Anhänger sitzen drei Priester, die durch brennende Weihrauchstäbchen die Göttin solange verehren, bis sie im Wasser eines Flusses versenkt sein wird. Gläubige bringen Opfergaben und die Priester verteilen weiße Zuckerperlen als Gaben der Göttin.
Durch Reisfelder fahren wir am nächsten Tag zum Durga-Tempel in Khiching aus dem 9. Jahrhundert. Noch vor 15 Jahren habe der Tempel im Wald gelegen, meint unser Guide Sanat. Skulpturenteile lassen darauf schließen, dass Khiching zunächst eine buddhistische Tempelanlage war. Vom verfallenen Tempel wurden zwei Türme wieder aufgebaut. Die schönen Original-Figuren in den Tempelnischen, Götter, Liebespaare, Arabesken, Blätterranken, weisen auf die Bedeutung der Anlage zur hinduistischen Zeit und auf die Ausübung eines tantrischen Kultes hin.
Die Birhor
Für unser nächstes Ziel fahren wir wieder zurück Richtung Osten zu den Birhor Dörfern Chateni und Dhurdhur. Darauf sind wir besonders neugierig, weil die Birhor zu den letzten Waldnomaden zählen, die in Blätterhütten leben und täglich auf Affenjagd gehen. Sie waren schon fast ausgestorben. Inzwischen sollen es wieder 240 Menschen sein, die die Regierung versucht, in 3 Dörfern anzusiedeln, in denen sie ihnen kleine Betonhäuser errichtet hat.
Die Ablehnung der geschenkten Betonhäuser ist verständlich, wenn man die kleinen hässlichen Zementhäuser sieht. Die Birhor haben größtenteils ihre niedrigen Blätterhütten mit einem Eingangsloch wieder aufgebaut. Die Männer sind wie jeden Tag morgens mit Netzen zur Affen- und Eichhörnchenjagd aufgebrochen. Den Gebrauch von Pfeil und Bogen kennen sie nicht.
Die Birhor stellen aus Urwaldkriechpflanzen starke Seile her, die sie auf dem Markt verkaufen.
Die Frauen sitzen auf dem Boden und drehen Fasern von Sial-Kriechpflanzen zu Seilen fürs Anbinden von Ziegen und Rindern oder Schlingen zum Transport von Holz, die sie auf dem Markt gegen Reis eintauschen. In den Blätterhütten haben sie keine Möglichkeit, den Reis durch Stampfen zu enthülsen. Dafür gehen sie in ein Nachbardorf, zu den Santal. Die starken Seile für die Wasserbüffel und Körbe zum Auspressen von Ölsaat werden von den Männern hergestellt. Um Öl für kleine Öllichter zu gewinnen, werden die Samen vom Mohua-Baum aufgebrochen, gekocht und dann zwischen Korbsieben mit Hilfe einer Holzpresse ausgedrückt. Zum Kochen benutzen sie Öl aus Senfölsaaten und für die Haut Kokosnussöl. An einem Haus hängt getrocknetes Affenfleisch und ein Affenfell, junge Ziegen springen herum, einige Hühner kratzen in der Erde. Diese Tiere werden auf dem Markt verkauft oder bei religiösen Zeremonien geopfert. Die Blätterhütten, die als Schlafsaal für unverheiratete Mädchen und Jungen dienen, sind etwas größer als die Familienhütten, in denen neben dem Schlafplatz der Familie auch die Kochstelle und die Ziege einen Platz haben. Die Jugendlichen müssen vor einer Heirat mindestens zwei Jahre ihre Nächte in solchen Gemeinschaftshütten verbringen.
Die Birhor gehören zur austro-asiatischen Sprachgruppe und der Name bedeutet "Waldmenschen". Sie werden auch Mankidi und Mankirdia, "kleiner Affe" und "Affenmensch", genannt. Sie sind kleinwüchsig, kraushaarig und dunkelhäutig.
Wohngemeinschaft mit Tieren
Die fortschreitende Abholzung der Wälder macht es den Birhor schwer, noch in der traditionellen Weise als Waldnomaden zu leben. Zwei- bis dreimal wechseln sie in der Winter- und Sommersaison ihre Wohnplätze und bauen sich neue Blätterhütten, etwa 10-15 pro Camp (Tanda). Nur in der Regensaison, Juni bis September, wohnen sie an einem Platz in der Nähe von Märkten. Da sie keine Landwirtschaft mit Vorratshaltung betreiben, sondern sammeln, was der Wald ihnen bietet, droht ihnen schnell der Hunger, da Reis ihre eigentliche Hauptnahrung bildet. Als Reserve haben sie manchmal Mango-Kerne. In der Nutzung des Waldes stehen sie in Konkurrenz zu anderen Volksstämmen, die für neue Felder den Wald abbrennen, und zu den Hindus, die als Brennholzsammler den Wald durchstreifen. Eine Birhorfrau kommt gerade mit einem Korb voller roter Ameisen und weißer Ameiseneier. Eifrig rührt sie mit den Händen die Eier zur Mitte hin. Unser Guide meint: "Das Ganze wird etwas geröstet und dann gegessen". Ob das stimmt, wissen wir nicht. Auf einem Markt sehen wir später, dass auf dem Boden leere Blätterschalen mit frischen Ameisenresten liegen. Werden sie doch frisch und lebendig gegessen?
Im 2. Dorf sind einige Birhor sogar zur Landwirtschaft übergegangen. Mit einigen Rindern werden außerhalb der Siedlung gerade Reisähren gedroschen und durch Stockschläge Hirsekolben zerkleinert. Neben verschiedenen Netzen zur Jagd besitzen die Birhorhaushalte gewöhnlich auch Messer und Äxte, Bambuskörbe, Matten als Schlafunterlage, eine Kerosinlampe und fürs Kochen und zum Aufbewahren von Wasser verschieden große Keramiktöpfe. Darüber hinaus finden sich auch Aluminiumschüsseln, -teller und -tassen. Alle diese Dinge werden bei der Verlegung ihrer Wohnplätze mitgenommen. Da sie in neuerer Zeit nicht mehr ihre Blätterröcke tragen, die sie früher täglich erneuerten, sondern Kleider vom Markt, sind sie bemüht, zu Geld zu kommen. Auf dem neuen Wohnplatz werden dann zunächst zwei Ziegen und fünf Hühner dem Clan-Gott geopfert und zu den Vorfahren gebetet, bevor die neuen Hütten errichtet werden.
Von der Regierung geschenktes Haus aus Zement neben traditioneller Waldhütte.
Der Clan-Gott Karam Bonga wohnt in einer schmalen Blätterhütte. Ihm werden vor allem bei Krankheit Böcke, Mohua-Alkohol und sonnengetrockneter Reis geopfert.
Gebet an Logo Bir, den höchsten Gott, der die Birhor-Gruppe beschützt und für Sicherheit, Nahrung und Wasser sorgt.
Wir leben und bewegen uns im dichten Wald und haben keinen festen Wohnsitz. Niemand ist da, der uns hilft, wenn wir verzweifeln und uns in Gefahr befinden. Du bist unser Ein-und-Alles. Wir bitten dich, halte Gefahr und Unglück von uns fern und gib uns eine gute Gesundheit und ein langes Leben.
Logo Bir hat auch eine Frau, Budhi mai, die für das Glück und Wohlergehen der Kinder zuständig ist, zwei Töchter und einen Sohn, der für den Erfolg bei der Affenjagd sorgt. Daneben gibt es noch Chandi in den Simipal-Bergen, zu dem jeweils vor der Jagd gebetet wird. Verbunden mit dem Gebet ist die Opferung von 10 Hähnen und zwei Ziegenböcken.
Die Schutzgottheiten befinden sich in einem Bambuskorb, der mit Kuhdung abgedichtet ist und mit schmalen Holzstöcken abgedeckt ist.
Die Familienmitglieder dürfen nicht innerhalb des Clans, zu dem sie gehören, heiraten. Kommt es zu einer sexuellen Beziehung, dann wird ein sozialer Boykott verhängt, bis die Person eine Strafe in Reis, Gelbwurz und Bargeld bezahlt hat und als Reinigungsritual das Scheren seines Kopfes und ein reinigendes Bad über sich hat ergehen lassen. Der Boykott ergeht ebenfalls, wenn gegen traditionelle Regeln verstoßen wird, die die Beziehungen zu anderen Gemeinschaften regeln oder einen Krankheitszustand betreffen. So dürfen die Birhor, die in beiden besichtigten Dörfern am Rande einer Santalsiedlung wohnen, zwar bei den Santal gekochtes Essen zu sich nehmen, aber nicht von Moslems und Unberührbaren. Ebenfalls werden sie gemieden, wenn ihr Körper von Maden befallen wird. In beiden Fällen wird ein Reinigungsritual verlangt. Die Rituale werden vom Dorfchef vollzogen, der auch der Priester ist.
Bei wesentlichen Ereignissen müssen die Birhor immer wieder Tabus beachten. Eine Schwangere, die sehr hochgeschätzt wird und von vielen eingeladen wird, darf u.a. nichts Saures, Scharfes oder Mangos essen und muss sich beim Verlassen des Hauses ganz bedecken. Nach der Geburt muss sie abgesondert in einem Haus leben und keiner darf sie berühren. Durch eine Geburt wird die ganze Gemeinschaft unrein, so dass alle am 7. Tag ein Reinigungsritual vollziehen müssen. Dabei wird das Neugeborene mit Gelbwurz gewaschen.
Beim Tod wird das Gesicht des Leichnams von Frauen mit Gelbwurz bestrichen, mit einem weißen Tuch bedeckt, auf einer Leiter zum Begräbnisplatz gebracht und mit dem Kopf in SW-Richtung in eine ausgehobene Grube auf das Tuch gelegt. Öl wird in die Grube geschüttet und anschließend das Grab mit Steinen als Schutz gegen Tiere abgedeckt. Danach gilt für die Familie des Toten ein 10tägiges Handelsverbot mit anderen Dörfern und es findet wieder eine Reinigung statt. Das Familienoberhaupt ruft dann den Geist des Verstorbenen in eine kleine Blätterhütte als seinen künftigen Wohnsitz. Ein früher Tod wird immer auf das Wirken von bösen Geistern und Zauberei zurückgeführt.
Bei Konflikten in der Gemeinschaft, die nicht vom Dorfchef geschlichtet werden können, kann jeder die Gruppe verlassen und sich einer anderen Gruppe von Birhor anschließen.
Die Birhorhütten aus Blättern und Zweigen
warten auf die Männer, die abends von der Affenjagd heimkommen.
Was die Männer von ihrem Jagdausflug mitbringen, ob Vögel, Hasen, Eichhörnchen, Rotwild oder Affen, ob lebende Tiere für den Markt, ob Honig, Pilze, Wurzeln und Knollen, erfahren wir nicht mehr, da wir nicht im Dorf übernachten wollen. Auch die Freude über den möglichen Jagderfolg, der sich in Gesang und Tanz zur Musik von Flöte und Trommel ausdrückt, erleben wir nicht mehr. Christa möchte nicht die Tötung und Zubereitung von Affen erleben, deshalb fahren wir vor Einbruch der Dunkelheit gegen 18 Uhr zur Übernachtung nach Keonjhar in einem nagelneuen Hotel, das erst am nächsten Tag eröffnet werden soll. Es ist ungewöhnlich sauber, aber voller Mücken, die uns in der Nacht trotz einer Sprühaktion belästigen.
Ab Keonjhar führt eine desolate, katastrophale Straße, von 300 auf 700 m Höhe, durch Reisfelder, Wald und Hügellandschaften nach Sambalpur.
Wir besuchen das Santal Dorf Pandadhar und einen kleinen Wasserfalls bei Deogarh, neben dem ein verfallener Maharadscha-Palast, ein Begräbniswald mit hohen Grabtürmen und ein riesiger Banyanbaum bemerkenswert sind.
Dann geht es weiter nach Sambalpur (500 000 Einwohner). Dort erleben wir kurz vor Sonnenuntergang noch zwei Hindu-Gruppen, die den Abschluss des Dussehra-Festes (Durga Puja) unter ohrenbetäubendem Lärm in einer langen Prozession feiern. Auffallend ist die Beteiligung von mehreren tanzenden Hidschra-Gruppen (Eunuchen) und lebenden Bildern aus dem Ramayana. Dabei werden neben einem Polizisten auch schwarz gekleidete Naxaliten dargestellt.
Gruppen von Hidschra-Eunuchen,
tanzen in der Durga-Prozession.
Das erinnert uns an ein Sicherheitsproblem, dem wir im Nachbarstaat Chhattisgarh besonders begegnen werden und das beinahe unsere Reise in den Westen und Süden verhindert hätte. Jedenfalls meinte unter Tourorganisator wir sollten aus diesem Grund nicht zelten, sondern auf jeden Fall ein Hotel aufsuchen.
Wir beziehen ein ruhiges Nebenhotel gegenüber vom Inspection Bungalow.
Heute fahren wir 430 km in 11 Stunden bei 34-38° C durch schöne Landschaften, in denen Reisfelder und Wald immer wieder abwechseln, von Sambalpur (Orissa) nach Kanker in Chhattisgarh. Nach langwierigen Problemen und vielen Telefonaten an der Grenze zum Nachbarstaat wegen hoher Gebühren für eine Fahrgenehmigung im neuen Staat - unser Fahrer soll 2000 Rs, das Fünffache der normalen Gebühr, bezahlen - können wir auf wesentlich besseren Straßen weiterfahren. "Ja, Chhattisgarh sei ein reicher Staat mit vielen Mineralvorkommen", meint unser Guide, und unser Fahrer steigert auf den guten Straßen die Geschwindigkeit des Ambassadors zeitweise auf 90 kmh.
Ein riesiger Banyan-Baum als Wohnsitz der Seelen und Götter
Literatur
Orissa, Kunst und Kultur in Nordost-Indien (Museum Rietberg Zürich 1980)
Primitive Tribes of Orissa, Nityananda Patnaik, Delhi 2005
The People of the Leaves, Vivian Meik,1931
Der grüne, elefantenköpfige Gott Ganesh soll den Wald retten,
und der Löwe der Mutter Durga gibt Kraft für den harten indischen Alltag .