Äthiopien - 2013, 2004, 2003

Die schwarzen Völker Südäthiopiens 1 - 2004, Südäthiopien 2 - 2004

1. Das Minderheitenproblem (Die Oromo und ihre Geschichte, Die Janjero) 2. Politische Situation (Die Umsiedlungsprogramme unter der Militärregierung, Verfolgungen und Tötungen von Oppositionellen) 3. Das Aids-Problem 4. Archaische Muster in den alten traditionellen Kulturen einiger Völker Südäthiopiens, 5. Meinungen: „Necrologie. Pourquoi l`Afrique meurt“ von Stephen Smith, weitere Literatur

Nord-Äthiopien I, 2003 (Die politische Entwicklung, Die Zerstörung der Natur, Heilige und Symbole, die Religion, Geisterglaube, Hunger und Entwicklungshilfe)

Nord-Äthiopien II - 2003

Imkerei im Bienenland Äthiopien 2013

West-Äthiopien - 2013

Die Sprachen Afaan Oromoo und Amharisch
Die äthiopische Zeit
Landraub
Zwangsräumungen
Schnittblumenfarmen
Flüchtlingslager
Die Surma/Suri - Lippenteller und Reality-TV


Auf dem Markt der Hauptstadt Addis Abeba

Außerhalb der Städte sehen wir 2013 überall noch die traditionellen, sehr einfachen, mit Stroh gedeckten Hütten.

1973 schreibt der äthiopische Schriftsteller D.Worku in seinem Roman "Die dreizehnte Sonne" :

Das mit Lehm verschmierte Geflecht aus Ästen und Hirsehalmen, aus dem die Hütte gebaut war, hing an vielen Stellen aufgerissen und zerfetzt in den Raum. Alles an der rauchig-rußigen Decke drängte nach unten, als triebe das Dach Wurzeln. Oben an dem rußbedeckten Pfosten in der Mitte hingen Hirse- und Maisbündel für die nächste Saat. Hier und dort liefen Wanzen über die Wand. Und Flöhe krochen an meinen Hosenbeinen hoch. Und neben der Tür hing ein Spiegelscherben....(D.Worku)


Eine Gumuz-Frau rührt im Suppentopf, hütet ihr Kind und raucht eine riesige Tabakpfeife.


Eine Lehmhütte mit Elementen europäischen Wohnens und eine dunkle, ganz traditionelle Hütte.
Oft sind Wohn- und Viehbereich unter einem Strohdach, um Viehdiebstähle zu verhindern.

Zu den Sprachen Äthiopiens:
Afaan Oromoo und Amharisch

Im Vielvölkerstaat Äthiopien mit insgesamt 85 Ethnien (Oromo 40 %, Amharen und Tigreer 32 %, Sidamo 9 %, Shankelle 6 %, Somali 6 %, Afar 4 %, Gurage 2 %) werden über 80 verschiedene Sprachen mit mehr als 200 Dialekten gesprochen, die zu zwei großen Sprachfamilien gehören: die afroasiatische (früher die hamito-semitische) Sprachfamilie und die Familie der nilosaharischen Sprachen. Amtssprache ist das semitische Amharisch. Die alte semitische Sprache Ge’ez oder Altäthiopisch existiert heute noch als Kirchensprache, die von Einwanderern aus Südarabien stammt und eng verwandt ist mit dem Altsüdarabischen.

50 % der Menschen sprechen eine kuschitische Sprache, wozu insgesamt ca. 30 Sprachen gehören. Die kuschitischen Hauptsprachen sind Oromo und Somali. Von etwa 30 Millionen Menschen wird Oromo und von mindestens 12 Mio. Menschen Somali gesprochen.


Zweisprachiges Reklameschild

asham (hi)akkam? - wie geht's?
nagaa - Friede sei mit dir

Die Sprache der Oromo, Afaan Oromoo oder Oromiffa genannt.

Über die vielen Vokale in dieser Sprache wundern wir uns immer wieder. Konsonanten dagegen werden nicht gehäuft. Hierdurch hat das Afaan Oromoo einen weichen, schwingenden Klang.

Afaan gaariin afaa gaarii caala.

Ein gutes Wort ist besser als eine gute Matratze.
(Freundlichkeit ist wichtiger als materielle Dinge.)

Karaa mana iraaa fuudhu, dubbi afaan iraa fuudhu.

Die Straße führt vom Haus weg, die Rede vom Mund.
(Es ist gut, Dinge von ihrem Ursprung aus zu verfolgen.)


Menschen aus den Volksstämmen der Oromo, Berta, Mao, Komo, Ganzo und Gumuz im Westen Äthiopiens, die eine eigene Sprache sprechen.


Akkam jirtu! - Guten Tag, wie geht es Ihnen?
Nagaadha! - Mir geht es gut!
Isin akkam jirtu! - und Ihnen?
Nagaa!- Mir geht es gut!
Akkam bulte? - Guten Tag! (bis mittags)
Akkam oolte? - Guten Tag! (bis Mitternacht)
Nagaatti ooli! - Guten Tag! (Abschiedsgruß, morgens bis nachmittags)
Nagatti buli! - Gute Nacht.

Ich spreche kaum Oromo. -
Ani afaan Oromoo xinno xinnoo duwwaan beeka. -
wörtlich: Ich Sprache Oromo wenig wenig sprechen (ich) weiß

Bis 1991 war der Gebrauch von Afaan Oromoo in den Schulen und im öffentlichen Leben verboten. Amtssprache war und ist das semitische Amharisch.

Äthiopien: Der Kampf des Oromo. Ein Jahrhundert des ...

Das Amharische

Amharisch ist zwar eine semitische Sprache (die bekanntesten sind Arabisch und Hebräisch). Es ist dennoch sehr verschieden von beiden, da es sehr stark durch die anderen Sprachen, die im Land gesprochen werden, beeinflusst wurde.

Tena yistilign - ጤና ይስጥልኝ - Guten Tag

(wörtlich: möge er (Gott) dir Gesundheit von mir geben) -
"Selam." - die einfachste Form der Begrüßung

amäsägänallehu - አመሰግናለው - Danke
dehna hunu- ደህና ሁኑ - Auf Wiedersehen
tschao - ቻው - Tschüss
aj- አይ - Nein
aw- አዎ - Ja

Indemin neh (m) - Wie geht es Dir? (männlich)
Indemin nesh (w) - Wie geht es Dir? (weiblich)
Indemin näwot - Wie geht es Ihnen?
(höflich, meist zu Älteren)
Dähna - Fein, gut.


Amhara-Frau aus dem Norden und Surma-Kind und -Frau aus dem Süden

Die amharische Schrift, auch „Fidäl“ genannt, wurde ursprünglich für das Amharische, für Tigrinya (Eritrea und Äthiopien), für Tigre (Eritrea) und für die Kirchensprache Ge’ez, sowie für einige Minoritätensprachen (z.B. Silte, Harari und Qabeena in Äthiopien) gebraucht, ist aber durch die amharische Amtssprache und durch die Schulbildung inzwischen Allgemeingut. Die Äthiopische Schrift ist neben dem äthiopischen Essen, äthiopischer Musik und dem äthiopischen Kalender einer der wichtigsten Identifikationsfaktoren für viele Äthiopier. Uns interessierte vor allem, wie man mit Computertastaturen sowohl lateinische als auch äthiopische Buchstaben schreiben kann. Mit dem entsprechenden Softwareprogramm ist es möglich, wie uns ein Lehrer in einer Schule vorführte. Inzwischen kann man auch schon in Äthiopischer Schrift simsen, wie unser Guide sagt, aber es sei noch sehr teuer.

Die Schrift selbst ist eine Silbenschrift, bei der zu jedem der 28 Konsonanten jeweils einer der sieben Vokale hinzugefügt wird. Zusammen mit diversen Sonderzeichen entstehen so 276 verschiedene Buchstaben. Durch die systematische Verwendung dieser Vokalzeichen hat die äthiopische Schrift vor den rein konsonanten-schreibenden übrigen semitischen Sprachen den großen Vorzug der Deutlichkeit. Die äthiopischen Zahlenzeichen haben als charakteristisches Merkmal einen oberen und unteren Balken, werden aber kaum noch gebraucht. An deren Stelle stehen jetzt die weltweit üblichen arabischen Zahlen.

Die Aussprache ist schwierig, weil neben Lauten, die auch im Deutschen oder Englischen existieren, es einige „glottale“, also kehlige Laute gibt, die im Rachen geformt werden und etwas „Erstickendes“ an sich haben. Diese speziellen Laute existieren für K, T, P, TS, und TSCH.

Der Markenname Coca-Cola
wird durch vier Schriftzeichen (koka kola) umgesetzt.

In der Äthiopischen Schrift werden Doppelkonsonanten nicht markiert, obwohl diese für die Bedeutung entscheidend ist, z.B. die zwei Zeichen für das amharische Wort "Gäna" ("schon") und für "Gänna" ("Weihnachten") unterscheiden sich nicht. Die Äthiopische Schrift | Yvonne Treis - Academia.edu

Da in den Schulen das Englische als Verkehrssprache unterrichtet wird und an den Hochschulen die Unterrichtssprache ist, ist im Lande meist eine Verständigung möglich.

Die äthiopische Zeit

Die Zeitrechnung in Äthiopien richtet sich nach einer Variante des Koptischen Kalenders, nach welchem das Jahr in zwölf Monate à 30 Tage und in einen Monat mit fünfTagen (in Schaltjahren sechs) eingeteilt ist. Der äthiopische Kalender liegt auf Grund unterschiedlicher Terminierungen der Geburt Christi sieben bzw. acht Jahre hinter unserem Gregorianischen Kalender zurück. Neujahr wird zeitversetzt am 11. September und Weihnachten am 7. Januar gefeiert.

Auch die Stundenzählung in Äthiopien ist anders als in Deutschland: Der Tag beginnt und endet nicht um Mitternacht, sondern beginnt mit Sonnenaufgang und endet mit Sonnenuntergang. Wenn es nach unserer Stundenzählung 7:00 Uhr ist, ist es laut äthiopischer Zählung 1:00 Uhr. Mittag ist also um 6:00 Uhr. Um 6.00 abends beginnen die Nachtstunden wieder mit 0.00 Uhr. Somit ist es um Mitternacht wieder 6.00 Uhr.


Schlossruine von Gondar

Landraub

70 Prozent der Bauern in Äthiopien haben weniger als einen Hektar, weitere 20 Prozent weniger als zwei.

Von 2008 bis 2011 hat Äthiopien mindestens 3,6 Millionen Hektar Land verpachtet, eine Fläche, die der Größe der Niederlande entspricht. Weitere 2,1 Millionen Hektar Land stehen über die staatliche Land Bank for Agricultural Investment zur Verfügung.

Investoren genießen fast vollständige Steuerfreiheit und hohe Kreditvergünstigungen. Sie stammen sowohl aus Europa wie aus dem Mittleren Osten und Indien sowie aus Äthiopien selbst, wobei die Niederlande den größten Anteil an ausländischen Investoren stellen.

Land Grabbing in Äthiopien: Legale Pacht oder geraubter Boden


We are moving to other pastures,
We are moving to other pastures.

Is there any place left where we haven't lived?
Is there any place left where we haven't pastured our animals?

We are moving to other pastures,
We are moving to other pastures.

The only place we haven't lived is the east,
The only place we haven't been is in the grave.

We are moving to other pastures,
We are moving to other pastures.

Oh east we do not want you,
Oh grave we do not want you.

We are moving to other pastures,
We are moving to other pastures.

(Afar Song, Journal of Ethiopian Studies, vol 9, no 2, July 1971)

Zwangsräumungen

Menschenrechtsgremium untersucht Fälle in Äthiopien

Im Februar 2011 gab der Landwirtschaftsminister bekannt, dass die Regierung 3,9 Mio. Hektar Land zur Verpachtung an ausländische Investoren vorgesehen habe.

In der Südregion (Southern Nations, Nationalities, and People's Region - SNNPR) sowie in den Regionen Gambella, Oromia, Tigray und Somali wurden daraufhin Zehntausende Menschen durch rechtswidrige Zwangsräumungen vertrieben. Die äthiopische Regierung will bis 2013 insgesamt 1,5 Millionen Menschen in vier Regionen – Gambella, Afar, Somali und Benishangul-Gumuz – umsiedeln. Von den 3,9 Mio. Hektar Land, die an ausländische Investoren verpachtet werden sollten, lagen 800 000 Hektar in der Region Gambella, was zur Massenvertreibung der dort ansässigen Bevölkerung und zur großflächigen Abholzung von Wäldern führte.

Die äthiopische Regierung weist Anschuldigungen, wonach die Umsiedlungen in Gambella mit der Verpachtung großer Landflächen für eine kommerzielle Landwirtschaft in Zusammenhang stünden, kategorisch zurück. Es handele sich vielmehr um ein eigenständiges Projekt zur Verbesserung der Grundversorgung, und die Mehrheit der Menschen ließe sich freiwillig umsiedeln. Dem widersprachen zahlreiche Berichte. Selbst von Vertretern der Regierung wurde den Dorfbewohnern mitgeteilt, dass die geplanten Landinvestitionen der eigentliche Grund für die Vertreibungen sei.

In Gambella haben die Umsiedlungen bereits 2010 begonnen, bis Ende 2011 sollten zirka 70.000 Menschen in neuen Siedlungen untergebracht worden sein. Planungen sahen vor, innerhalb von drei Jahren insgesamt 45 000 Haushalte - also ungefähr 225 000 Menschen - umzusiedeln. Einige Personen wurden festgenommen, weil sie gegen die Zwangsräumungen protestierten.

Kritik wurde auch daran geäußert, dass es in den neuen „Ortschaften" an den zugesicherten Versorgungseinrichtungen, an einer funktionierenden Infrastruktur und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts fehlte.


Christa bei umgesiedelten Amharen im regenreichen Kaffa-Bezirk (Koye)

Der Bewohner eines neu errichteten Dorfes sagte gegenüber Human Rights Watch:

Wir rechnen mit einer großen Hungersnot im kommenden Jahr, weil sie nicht rechtzeitig gerodet haben. Wenn sie [die Regierung] [das Land] gerodet hätte, hätten wir nächstes Jahr etwas zu essen, aber im Moment fehlen uns die Mittel für Nahrung. Wir haben keine Nahrungsmittel erhalten, sie haben unser Land an Ausländer vergeben, wir können noch nicht einmal dorthin zurück. Überall wird Land weggegeben, wir werden also alle hier sterben.


Fruchtbare Landschaft nördlich von Addis Abeba (Shewa)

Drei unabhängige Berichte warnen vor einer “Katastrophe” in Äthiopiens unterem Omo-Tal, die durch den umstrittenen Gibe III-Staudamm und Landraub droht.

Wenn der Staudamm Gibe III am Mittellauf des Omo-Flusses 2014 fertiggestellt ist, dann wird er mit 240 Metern der höchste Afrikas sein. Die 1870 Megawatt des Wasserkraftwerks werden Äthiopiens jährliche Stromproduktion um 234 Prozent erhöhen.

"Man hat uns gesagt, dass unser Land Privateigentum ist. Wir fürchten nun um unser Überleben, denn man drängt uns in Gebiete ab, in denen es kein Wasser, kein Weideland und keine Anbaumöglichkeiten geben wird", meint ein Mursi.

Vorgesehen ist, das Omo-Tal zum regionalen Kraftwerk zu machen und gleichzeitig die kommerziellen Großfarmen mit dem Wasser des Gibe-III-Stausees zu versorgen. Bisher wurden 445.000 Hektar Land an malaysische, indische und andere ausländische Firmen für den Anbau von Zuckerrohr, Biotreibstoffen, Getreide und anderen Anbauerzeugnissen verpachtet.

Übertrumpft wird der Bau noch von einem anderen Staudamm-Vorhaben: Die Turbinen des Grand Ethiopian Renaissance Dam, der im Westen nahe der Grenze zum Sudan am Oberlauf des Blauen Nils entsteht, sollen ab 2017 6000 Megawatt Strom liefern. Äthiopien wird damit zum größten Energieproduzenten des Kontinents. Äthiopien - Der Dammbau zu Gibe - Ökologie- GEO.de


Fruchtbare Landschaft westlich von Injibara (Gojam)

Schnittblumenfarmen

Die Niederlande unterstützten Äthiopien beim Aufbau der Blumenindustrie mit 1,548 Millionen Euro.

Die erste Schnittblumenfarm entstand in Äthiopien im Jahr 1984 durch eine niederländische Firma. Bis 2003 erstreckte sich der Schnittblumensektor nur über eine Fläche von 20 ha, dehnte sich jedoch schon bis 2006 auf 2000 ha aus, als es bereits 65 Farmen gab, im Jahr 2008 waren es 285 Farmen.

Schnittblumenfarmen werden auf gepachtetem Land angelegt. Da in Äthiopien – mit einigen Ausnahmen in jüngster Zeit - noch der Staat alleiniger Besitzer des Landes ist, genießen Bauern lediglich Nutzungsrechte. Um Investoren den Zugang zu Land zu erleichtern, enteignete der Staat kleine Bauern und verpachtete dieses an Investoren über Zeiträume von 30 Jahren. Die den Investoren zur Verfügung gestellten Flächen waren die fruchtbarsten des Landes, die auch Anschluss an Wasservorräten hatten (IUCN Niederlande 2006).

Die Firma Sher Ethiopia mit 300 ha am Lake Ziway ist der bislang größte Betrieb. Eine weitere Staatsfarm ist die Ziway Farm, 165 km südlich von Addis Abeba mit 970 ha, neben Schnittblumen werden auch Bohnen angebaut.

Pro Hektar wurden 1190 kg Stickstoff und 280 kg Phosphat Dünger auf das Land gebracht. Dazu kamen noch durchschnittlich 68 kg Insektizide (ca. 120 verschiedene Chemikalien). Die Folge war eine starke Mortalität von wild lebenden Tieren, wie Afro Gaada 2010 berichtete. (02/11 Die Hoffnung auf ein besseres Äthiopien)

DerVerdienst auf den Plantagen beträgt ca. 8 Birr pro Tag. Die ungelernten Arbeiterinnen arbeiten sechs Tage die Woche und gehen mit 40 Cent Tageslohn nach Hause – die Hälfte eines indischen Niedriglohns.

Oromos z.B. berichten, dass Tausende von Oromo-Farmern ihr Land an die Blumenplantagen abgeben mussten ohne ausreichende Kompensationszahlungen. Das ihnen ausgezahlte Geld konnte sie lediglich für wenige Monate über Wasser halten, danach seien Kinder zu Bettlern und Frauen zu Prostituierten geworden. - Schnittblumenproduktion in Athiopien v. Ingrid Hartmann - Informationsblätter Februar 2011

Der Weltmarktführer bei Blumen ist Karuturi. Sieben Prozent der Blumen, die in Europa gekauft werden, werden von ihm geliefert. Aldi, Rewe, Edeka zählen zu den Kunden.

Die Farm "Karuturi" erstreckt sich über eine Fläche von zunächst 100.000 Hektar im Westen Äthiopiens. Bald sollen es 300.000 Hektar sein - eine Fläche größer als Luxemburg.

Allein die kleinste Farm des Konzerns in Äthiopien hat 40 Millionen Rosenstöcke, die täglich 40 Millionen Liter Grundwasser verbrauchen, heraufgepumpt aus drei Bohrlöchern. Täglich verlassen 150.000 Rosen die Farm, über Nacht werden sie in Kühlflugzeugen nach Holland geflogen. (Liebling der Investmentfirmen | Amnesty International)

Ich schneide mein Getreide, trage es zusammen und schichte es auf, mit meinen eigenen Händen. Ich mache mir meine eigene Wudemma (Dreschplatz), indem ich einen großen Kreis ziehe. Ich lege ordentliche kleine Bündel von trockenem Gras im Abstand von zehn Handbreiten um den Dreschplatz. Ich verbrenne die Bündel, bis sie Asche sind. Ich lege Besanna-Blätter (immergrüner Baum) auf die Asche und auf jedes Häufchen einen Stein. Manchmal mache ich das sogar auf dem Pfad, der zu dem Dreschplatz führt. Wenn ich mich so gegen die Dämonen geschützt habe, kann ich sicher sein, dass ich eine gute Ernte haben werde und lege das geschnittene Getreide auf den Platz. Und mit meinem Ochsen und meinem Esel beginne ich, das Korn herauszutreten. Dann reinige ich das Getreide, indem ich das Korn in kleinen Mengen in die Luft werfe, damit die Spreu vom Wind fortgeblasen wird.
(D.Worku)


Ein Bauer bei Lalibela schneidet das Grasgetreide Teff, aus dem säuerliche Injera-Fladen,
das Hauptnahrungsmittel in Äthiopien, hergestellt werden.


In den Feldern wächst die gelbe Färberdistel,
auch Saflor, Öldistel, Färbersaflor und Falscher Safran genannt, für eine weitere Ernte.

Hungersnot 1889
(Das Original von 1889 gilt als verschollen. Das Gedicht wurde aus dem Amharischen ins Russische, Italienische und Englische übersetzt. Die englische Fassung wurde von Dr. R. Pankhurst 1969 in einem Artikel veröffentlicht.)

Nicht mit einem starken Ochsen oder einem scharfen Pflug
bestellen wir unsere Felder heute;
wir bearbeiten unser Land mit unserer nackten Hand
während wir einen erbosten Gott um Gnade anflehen
da wir uns nutzlos quälen.
Die Sonne geht auf und steigt hoch am Himmel
und wir graben den Boden vergeblich.
Alte Männer, unerfahrene Leute und sogar junge Mädchen;
aber unsere Arbeit blieb dennoch unergiebig.
Sie besäten das Feld, weder goldenes Getreide
für liebe Freunde und für verhasste Feinde lagen dort;
und anstelle junger Sprösslinge oder gewellter Ebene
entstanden Gräber.

Hungersnöte entstanden vorwiegend im Norden Äthiopiens auf Grund von geringen Niederschlägen, Viehseuchen und Missmanagement der Behörden in den Jahren 1888/9, 1958, 1972/3, 1984/5 und 1998/2000.

Karl Polanyi schreibt in seinem Buch "The Great Transformation" aus dem Jahre 1944: "Die eigentliche Ursache der Hungersnöte in den letzten 50 Jahren war die freie Vermarktung von Getreide in Verbindung mit dem Ausfall der lokalen Einkommen."

Obwohl Missernten und Wasserknappheit dramatische Ausmaße erreichten, gab es fast immer Getreideüberschüsse in anderen Gebieten des Landes oder des Reiches, mit denen man die Opfer der Dürre möglicherweise hätten retten können. Nie handelte es sich um einen absoluten Notstand, abgesehen vielleicht von Äthiopien im Jahr 1889, in dem 90% des Viehs an einer Seuche starb.


Im Dorf Yebab bei Bahirdar wird der 10. Hochzeitstag eines Paares gefeiert.
Das rohe Fleisch auf dem Fell einer frisch geschlachteten Kuh ist zum Verzehren in kleine Stückchen geschnitten.
Dazu gibt es einen Schnaps (aus Gerste, Hirse, Hopfen, Ingwer und Zwiebeln), Hirsebier und frisch gebrannten Kaffee.

...Wie in alten Zeiten wird es am 30. Tag nach meinem Tod ein Fest geben, mit Speisen und Getränken im Überfluss und natürlich einem Schaf ganz allein für den Priester...Am 40. Tag zwei fette Ochsen, 15 Fass Tella (Hirsebier), 500 Stück Injera (Brotfladen). Außerdem habe ich 15 Dollar für Messen vorgesehen, die während der 40 Tage gelesen werden sollen. Am 80. Tag werden zwei Ochsen, 3 Schafe, 20 Fass Tella und 1000 Injera bereit gestellt - und das alles für Priester, Schreiber und einige geladenen Gäste. Die Armen werden natürlich auch genug zu essen und zu trinken bekommen.. Und dann erst das große Teskar (Gedenkfest) sechs Monate später...(D.Worku)

Flüchtlingslager

6.9.2011: 20.000 sudanesische Flüchtlinge erreichen Äthiopien |

"Ein UNHCR-Expertenteam ist gestern aus der Assosa-Region in Westäthiopien zurückgekehrt, in die seit letzter Woche Menschen durch die Gefechte im Blue-Nile-Staat im Sudan vertrieben wurden. Inzwischen leben hier etwa 20.000 Flüchtlinge....Die ersten Transfers in das Sherkole Camp werden am Samstag beginnen. Das Lager wurde im Jahre 1997 als Reaktion auf den Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan eröffnet."

Sherqole, das bereits etwa 4.000 sudanesische Flüchtlinge beherbergt, hat noch Kapazitäten für weitere 6.000 Menschen. Die äthiopische Regierung hat den Neuankömmlingen drei weitere Camps in Tongo, Bambasi und Gure zugewiesen, nicht weit von Sherqole entfernt. In jedem der drei, können etwa 10.000 Menschen leben.

www.deutsch-aethiopischer-verein.de/daev-infoblaetter.html

Die Lippenteller der Surma-Suri-Mursi-Frauen


Auf der Straße des kleinen Dorfes Kibish

Spätestens vor der Hochzeit wird die Unterlippe junger Surma-Frauen aufgeschnitten und langsam gedehnt, indem immer größere Tonteller eingesetzt werden, auf dieselbe Art werden häufig die Ohrläppchen verziert. Ein besonders großer Lippenteller wird hoch angesehen. Jungen Frauen werden daher die unteren Schneidezähne ausgeschlagen, die Unterlippen durchbohrt und ein Jahr lang gedehnt, bis sie ihre endgültige Größe haben. Es kann vorkommen, dass 20-jährige Frauen bereits einen Teller mit einem Durchmesser bis zu 15 cm in der Unterlippe tragen. Der Maximaldurchmesser dieser aus Ton oder Holz bestehenden Lippenteller kann bei 25 cm liegen.

"Das gibt’s doch gar nicht!"


Der Ethnologe David Turton behauptet, es sei ein Märchen, wonach große Teller als Zeichen besonderer Schönheit den Brautpreis steigerten – die Paare würden einander schon als Kinder versprochen.

Nach unseren Gesprächen mit Surma-Männern stimmt das nicht. Männer erklärten uns, dass sie nie eine Frau ohne Lippenteller heiraten würden, obwohl eine solche Frau 60 Rinder kosten würde. Um so viele Rinder zur Verfügung zu haben, ziehen die Männer in nördliche Gebiete und stehlen die Rinder bei anderen Volksgruppen. Umgesiedelte Amharen wohnen deshalb, wie sie uns erklärten, mit ihren Rindern unter einem Dach.


Christa mit Surma-Frauen, die jeweils ein Kind im Rückentuch tragen.

Die exotische Kultur der Surma als Aufreißer für Touristen und europäische Medien?

Ist das Extrem-Piercing ein Zeichen der beginnenden Integration in eine globalisierte Wirtschaft. Liefern die Surma-Frauen das einzige knappe Gut, das sie dem Weltmarkt anbieten können: Ansichten von Monsterlippen, wie eine Zeitung (Christian Weber) schreibt? Zur Vermarktung der exotischen Surma-Kultur erfahren wir bald mehr.

Wir erfahren bei unseren Kontakten mit den Kibish-Surmas bald von einem großen Ereignis, das zwar ein Jahr zurückliegt, aber alle noch tief bewegt. Aribula, der Chef der Ansiedlung, der uns während unseres Aufenthalts ständig mit einer Kalaschnikow begleitet, zeigt uns immer wieder stolz seine Uhr und ein Armband mit dem Schriftzug "Esperanza". Eine Frau sucht Kontakt zu uns und macht uns mit Gesten deutlich, dass sie schon in Europa war. Unser lokaler, englisch sprechender Guide zeigt uns eine Lichtung im Busch, wo ein Film gedreht worden sei und wo Spanier gelebt hätten, nicht weit von primitiven, kleinen Strohhütten auf einem Hügel.

Allmählich verstehen wir, dass ein kultureller Austausch gefilmt worden ist, eine Art "Reality"- Dokumentation für das spanische Fernsehen. Eine Gruppe Spanier hat drei Wochen hier wie die Einheimischen gelebt und eine Gruppe Surma lebte drei Wochen als Spanier in Spanien. Die Surma mussten sich wie Europäer kleiden und wurden mit verschiedensten "zivilisatorischen Errungenschaften" konfrontiert, auf dem Golfplatz, beim Stierkampf oder beim Herrenschneider. Der Kulturschock muss riesig gewesen sein. Die Surmafrau macht uns immer wieder deutlich, wie sie in Rüschenkleidern Flamenco getanzt habe. Dabei schüttelt sie sich und zeigt, wie sie sich die schrecklichen Kleider vom Leib reißt.


Unser "Beschützer" Surma Aribula in Kibish mit seiner Lippenteller-Frau und als "Spanier" in Madrid

Die niederländische Firma eyeworks, die auf sogenanntes Reality-TV spezialisiert ist, hat den Surma/Suri (Tamaru, damaliger Chef, Aribula und jeweils eine ihrer Frauen) den Flug und den Aufenthalt bezahlt, dazu eine Summe von 15 000 Birr (etwa 580 €). Davon will der Stamm weitere Kalaschnikows anschaffen. Seitdem sie in Spanien zum Frühstück schon eine Literflasche Bier erhielten, lieben sie das Wort Cerveza.

Interessant ist ein Interview der NZZ (03/10/2013 ) mit Arbula/Aribula.

- Dort (in Amsterdam) herrschte Regenzeit und es war sehr kalt...Erst in Spanien gefiel es mir besser. Da war es warm...Ich besuchte die Schule für Stierkämpfer. Die besaßen eine große Menge Rinder. Der Stier gefiel mir sehr gut. Ich fragte das Oberhaupt der Schule, ob es möglich sei, daß er mir einen seiner Stiere nach Äthiopien schickt. Die waren so schön groß und die Kühe geben viel Milch.

- Einmal war ich im Supermarkt und sehe Elefantenfleisch! Das hat mich sehr wütend gemacht. Ich bin noch immer wütend. Menschen, die Elefantenfleisch essen - solche Menschen mag ich nicht. (Die Surma sind gewohnt, rohes Rinderfleisch zu essen.)

- Ich sah, daß es nicht nur in Äthiopien bettelnde Menschen gibt, sondern viele auch in Spanien. Jetzt sage ich: Ich bin nicht mehr arm. Ich besitze viele Rinder. In Europa habe ich Menschen gesehen, die waren sehr arm.

- Ich war dort (in Marbella) das erste Mal am Strand. Die Leute dort benehmen sich wie die Verrückten. Alle betrunken, sie liegen im Sand herum. Sie schlafen nicht, sie warten darauf, daß ihre Haut dunkler wird. In der Hitze, ohne Schatten! Die Frauen ziehen alles aus.

- Die Spanier haben hier viel von uns gelernt. Sie blieben einen Monat bei uns, sie schliefen in der Hütte, ohne Bett, wie wir auf dem Boden mit dem Kuhfell. Sie haben gelernt, ein Beet anzulegen, wie das Wasser vom Fluß zu den Hütten gebracht wird. Sie brauchten keine Toilette, wir zeigten ihnen den Busch. Sie zogen sich genau so an wie wir. Also wenn die Leute freundlich sind, habe ich nichts gegen Besucher in Kibish.http://www.waahr.de/texte/arbula

Inzwischen sind viele kleine Filmchen aus der Serie im Internet zu sehen. Perdidos en la ciudad: vídeos de Tribu Suri http://www.cuatro.com/temporada_2/tribu_suri/


Auf der 25 m breiten Straße von Kibish

Tourverlauf im November 2013

3.11. - Abends Abflug von Frankfurt

4.11. - Addis (7:35 morgens). Weiter nach Woliso, 100 km, zur schönen Negash Eco Lodge in einem Park mit Affen u. a. Tieren, 1950 m.

5.11. - Von Woliso nach Jimma (250 km). Wenchi Crater Lake (88 km), Dörfer der Guraghe und Oromo. Hotel Honeyland

6.11. - Von Jimma nach Kibish. (zu weit!), Mizan Teferi, Surma Region, Camping

7.11. - Kibish, starker Regen und Morast. Camping


Pferde und Reiter gehören zum festlichen Aufzug einer Hochzeit


Eine Hochzeitsgesellschaft in Gondar

8.11. - Zurück wegen schlechten Wetters, Übernachtung im Guesthouse der Kaffeeplantage Bebeka

9.11. - Von Bebeka nach Jimma, Hotel Honeyland

10.11. -  Von Jimma nach Nekemte (freundlich, bauwütig). Museum und Palast des Königs der Oromo Aba Jifar II (2.10 m groß und 150 kg schwer). Oromo-Imker in Banshura, Bedele, eine chaotische Stadt mit einer Bierfabrik, die dem Heineken-Konzern gehört). Desalegn Hotel

11.11. - Nekemte nach Assosa /Oromoland Wollega (überall entstehen Hochhäuser), zwei Märkte, Flüchtlingslager. Christliche Dauergesänge in der Stadt, Hinweise nur in amharischer Schrift. Bamboo Paradise Hotel

12.11. - Tongo-Flüchtlingscamp, Besuch der DörferYabeldigise (Ganzo und Komo) und Shigogo-Gedashola (360 Hütten von Mao, Oromo und Berta). - Bamboo Paradise Hotel in Assosa

13.11. - Sherqole, Goldgräber, Region des Berta-Volkes, Dorf Bame-Sherqole, Kurmuk, Bamboo Paradise Hotel in Assosa


Gumuz-Frauen mit Schmucknarben

14.11. - Belesa. Markt der Oromo, Mao & Komo. Gumuz. Belesa Hotel (schlechte Unterkunft).

15.11. - Nach Bahir Dar, Zengena Crater Lake, Home Land Hotel


Blick auf Bahirdar mit dem Blauen Nil und dem Tanasee. Im Hintergrund Klosterinseln.

16.11. -  Bahirdar, Kloster Lake Tana, traditioneller Heiler. Home Land Hotel

17.11. - Von Bahirdar nach Gondar, Aweramba, Königlicher Palast in Gondar und Debre Birhan Selassie Kirche (Decke mit 99 Engelsköpfen, die auf die 99 Namn Jesu verweisen.). Taye Belay Hotel

18.11. - Flug nach Lalibela. Felsenkirchen. Panoramic View Hotel


Typische Rundhäuser in Alt-Lalibela


Wie in allen Städten werden auch in Lalibela neue, moderne Häuser errichtet.

19.11. - Lalibela. Yemrehane Kristos Kirche. Felsenkirchen. Traditioneller Heiler. Panoramic View Hotel

20.11. - Flug nach Addis Abeba. Nationalmuseum. Der Markt von Addis Abeba. Ghion Hotel

21.11. - Heimflug

Nord-Äthiopien I, 2003 (Die politische Entwicklung, Die Zerstörung der Natur, Heilige und Symbole, die Religion, Geisterglaube, Hunger und Entwicklungshilfe), Reiseroute durch Nordäthiopien II 2003

Die schwarzen Völker Südäthiopiens 2004, Südäthiopien II 2004
West-Äthiopien 2013, Imkerei im Bienenland Äthiopien 2013


Bei einer Totenfeier im Gumuz-Dorf Dechegrre

Homepage